Erfolg ist eine Dauerbaustelle |
26.05.2015 13:42 Uhr |
Von Claudia Korf*, Eckart Bauer*, Berlin / 2014 war für die Apotheken in Deutschland ein Jahr kontinuierlicher Entwicklungen. Alle langfristigen Trends haben sich fortgesetzt. Dies gilt sowohl für die Honorierung als auch für die Struktur der Apothekenbetriebsstätten (Filialen, Personal), die Bedeutung rezeptpflichtiger Arzneimittel und den Versandhandel. Positiv hinzugekommen ist die erstmals ganzjährige Wirkung des Nacht- und Notdienstfonds.
*) Claudia Korf ist Geschäftsführerin Wirtschaft, Soziales und Verträge der ABDA, Dr. Eckart Bauer leitet die Abteilung Wirtschaft und Soziales.
Die wirtschaftliche Entwicklung der Apotheken in Deutschland war im vergangenen Jahr verhalten positiv. Dennoch ist klar erkennbar, dass die Apothekenhonorierung deutlich hinter der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zurückbleibt.
Demgegenüber sind die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) konjunkturbedingt (hohes Beschäftigungsniveau und steigende Beitragsbemessungsgrenze) wesentlich stärker gewachsen als das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Daraus kann man den Schluss ziehen, dass die Apotheker an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung nicht angemessen teilhaben.
Apotheken sind keine Kostentreiber im Gesundheitssystem. Ihr Anteil an den Leistungsausgaben der GKV ist langfristig zurückgegangen. Während 2004 der Anteil der Apothekenhonorare an den Gesamtausgaben der GKV noch 2,6 Prozent betrug, lag er zehn Jahre später (2014) nur bei 2,3 Prozent. Demgegenüber stiegen die Ausgaben der GKV für Arzneimittel im gleichen Zeitraum um 0,7 Prozentpunkte von 11,9 Prozent auf 12,6 Prozent. Auch in der kurzfristigen Perspektive zeigt sich, dass der Anteil der Ausgaben für Apothekenentgelte unterproportional gestiegen ist. Während die Gesamtausgaben der GKV in den vergangenen vier Jahren um knapp 30 Milliarden Euro stiegen, wuchs der Ausgabenblock für die Vergütung der Apotheken nur um 300 Millionen Euro.
Der Abschlag, den die Krankenkassen für verschreibungspflichtige Arzneimittel seit 2007 von den Apotheken erhalten, war in der Vergangenheit ein zwischen Deutschem Apothekerverband (DAV) und GKV Spitzenverband hart umkämpftes Thema. 2011 und 2012 lag er bei 2,05 Euro, 2013 betrug er unterjährig zunächst 1,75 Euro und danach 1,85 Euro, für 2014 wurde der Abschlag bei 1,80 Euro und für 2015 bei 1,77 Euro festgelegt. Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz wird er dauerhaft auf 1,77 Euro festgeschrieben. Für andere als Fertigarzneimittel beträgt der Rabatt fünf Prozent des Abgabepreises.
Als unentgeltliche Dienstleistung für die GKV haben die Apotheken zudem allein in den vergangen drei Jahren knapp 6 Milliarden Euro an Zuzahlungen der Patienten eingezogen. Der durchschnittliche Wert der Zuzahlung pro Packung wuchs im letzten Jahr um 0,10 Euro auf 2,70 Euro.
Hinzu kommt die Abführung des Herstellerabschlags an die Krankenkassen. Dieser machte im gleichen Zeitraum gut 6 Milliarden Euro aus. Der Einbruch in 2014 ist der gesetzlichen Absenkung (14. SGB V ÄndG) von 16 Prozent auf 6 Prozent für patentfreie, wirkstoffgleiche Arzneimittel (Generika und patentfreie Referenzarzneimittel)1 beziehungsweise 7 Prozent für erstattungsfähige Arzneimittel ohne Festbetrag (§ 130a Abs. 1 SGB V) zum 1. April 2014 geschuldet.
Neben dem eigenen »Mengenrabatt«, den die Apotheken der GKV gewähren, übernehmen sie für die Krankenkassen das Inkasso bei den Herstellern und den Patienten.
Auch mit Blick auf die Entwicklung der Apothekenbetriebsstätten setzt sich ein langfristiger Trend fort. Seit 2004 können Apotheker neben der Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken betreiben. Für jede Filialapotheke ist ein verantwortlicher Leiter zu benennen, der selber Apotheker ist. Ansonsten gelten für die Filialapotheken hinsichtlich Personal und Ausstattung grundsätzlich die gleichen Vorschriften wie für die Hauptapotheken. Filialapotheken müssen innerhalb desselben Kreises, derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen beziehungsweise Städten wie die Hauptapotheke liegen.
Insgesamt ist die Zahl der Apothekenbetriebsstätten weiterhin rückläufig (verglichen mit dem Vorjahr um -221). Innerhalb der letzten 10 Jahre sank die Zahl der Apothekenbetriebsstätten um rund 1000. Ende 2014 gab es 16 269 Hauptapotheken (verglichen mit dem Vorjahr -392) und 4172 Filialapotheken (verglichen mit dem Vorjahr +171). Bei jeweils saldierter Betrachtung schlossen doppelt so viele Hauptapotheken wie Filialapotheken hinzukamen. Tatsächlich gab es 2014 neben 285 Schließungen von Hauptapotheken auch 90 Neueröffnungen, zudem standen 99 Schließungen von Filialapotheken 73 Neueröffnungen gegenüber. Über 80 Prozent der Apotheken werden als Einzelapotheken betrieben. Wer den Weg des Filialbesitzes beschreitet, betreibt weit überwiegend nur eine Filialapotheke (2014 waren dies 2187 Fälle oder 72 Prozent). Zwei Filialapotheken werden in 592 Fällen (knapp 20 Prozent) und drei Filialapotheken werden nur in 267 Fällen (9 Prozent) betrieben.
Im europäischen Vergleich liegt die Apothekendichte in Deutschland mit 25 Apotheken je 100 000 Einwohner deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 31. Die geringste Apothekendichte weisen die skandinavischen Länder auf, die höchste gegenwärtig Griechenland. Bei der Ärztedichte in Europa liegt Deutschland mit 40 Ärzten je 10 000 Einwohnern auf den vorderen Rängen. Der EU-Durchschnitt liegt hier bei 34 Ärzten. Während Österreich beispielsweise unterdurchschnittlich viele Apotheken hat, weist es die zweithöchste Ärztedichte auf. Interessanterweise gibt es in Griechenland europaweit sowohl die höchste Apotheken- wie auch die höchste Ärztedichte.
Spiegelbildlich zu den rückläufigen Zahlen der Apothekenbetriebsstätten wird seit Jahren mehr Personal in den verbliebenen Apotheken eingesetzt, um die Versorgung der Bevölkerung auf hohem Niveau sicherzustellen.
Die steigende Zahl an Arbeitsplätzen in Apotheken ist insbesondere für Frauen attraktiv. Knapp 90 Prozent der Beschäftigten in Apotheken sind Frauen. Dies begründet auch den hohen Anteil an Teilzeitkräften – nur rund die Hälfte der Beschäftigten arbeitet Vollzeit. Ein weiterer Trend geht hin zu höher qualifizierten Arbeitsplätzen. Demzufolge wächst die Zahl des pharmazeutischen Personals. Die sinkenden Ausbildungsplätze gehen ganz überwiegend zulasten der kaufmännischen Arbeitskräfte. Dies liegt zum einen an dem Mehrbedarf an geschultem pharmazeutischem Personal für die Qualitätssicherung in der Beratung und zum anderen in der Technisierung der Warenwirtschaft. Von den knapp 62 000 Apothekerinnen und Apotheker arbeiten rund 80 Prozent in öffentlichen Apotheken. Der Rest arbeitet häufig für die pharmazeutische Industrie (9 Prozent) oder im Krankenhaus (knapp 4 Prozent).2
Während die Zahl der in Apotheken abgegebenen Arzneimittelpackungen im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig war (-1,2 Prozent), stieg die Menge der rezeptpflichtigen Packungen im Trend leicht an (+ 0,7 Prozent). Damit ging der Absatzrückgang klar zulasten der rezeptfreien Arzneimittel. Die Gründe für das kontinuierliche Wachstum im rezeptpflichtigen Segment liegen vor allem in der Demografie-bedingten Verschiebung des Morbiditätsspektrums und damit verbunden in der Zunahme chronischer Erkrankungen.
Über 53 Prozent der abgegebenen Packungen waren rezeptpflichtige Arzneimittel. Die rezeptfreien Arzneimittel wurden zu rund drei Viertel für die Selbstmedikation mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln verwandt. Rechnet man die Selbstmedikation mit freiverkäuflichen Arzneimitteln hinzu, so steigt die Quote der OTC-Selbstmedikation auf 80 Prozent. Allein aus diesen Zahlen wird klar, dass die Erstellung eines Medikationsplans oder gar die Medikationsanalyse nur unter Einbeziehung der Apotheker funktionieren kann.
Mit Blick auf die Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln sind die Zahlen im Versandhandel rückläufig. Hier zählt die zeitnahe Abgabe an den Patienten und die individuelle Beratung im Dialog. Anders im Bereich des rezeptfreien OTC-Arzneimittelmarkts. Hier schätzen die Kunden des Internetversandhandels die Möglichkeit der zumeist preiswerten Bevorratung. Sobald es jedoch zu einer Grippewelle kommt, verschiebt sich der Absatz wiederum zugunsten der öffentlichen Apotheke. Wenn es also darauf ankommt, in der Krankheitssituation beraten zu werden, ist die Apotheke erste Wahl. Solange man gesund ist oder beispielsweise Produkte des Randsortiments3 erwerben will, ist der Versandhandel wie bei anderen Konsumgüterbranchen auf dem Vormarsch.
Betrachtet man nun die Preisklassen für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel, die zulasten der GKV abgegeben werden, etwas genauer, so erkennt man die Verschiebung hin zu hochpreisigen Arzneimitteln (über 250 Euro). Hier spielen Preis- und Strukturkomponente von Arzneimittelinnovationen ineinander. Während die Packungsanteile eine erkennbare, aber noch moderate Entwicklung nehmen, sind die Umsatzanteile spürbar gestiegen.
Ein Blick auf die Umsatzstruktur in öffentlichen Apotheken macht die zunehmende Bedeutung der rezeptpflichtigen Arzneimittel offensichtlich. Von den knapp 46 Milliarden Euro Gesamtumsatz (vor Mehrwertsteuer) gingen 83 Prozent auf rezeptpflichtige Arzneimittel zurück.
2014 war das erste Jahr, in dem sich die Wirkung des im August 2013 eingeführten Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbands voll entfaltet hat. Hintergrund für die Einführung war die finanzielle Unterdeckung der Nacht- und Notdiensttätigkeit bei Apotheken. Gerade im ländlichen Raum müssen Apotheken aufgrund der geringeren Apothekendichte in einer Region häufiger Sonn- und Feiertagsdienste sowie Nachtdienste übernehmen. Die Zahl der Patienten und infolge dessen der Umsatz ist jedoch gering, sodass die Personalkosten trotz des Zuschlags in Höhe von 2,50 Euro, den der Patient zu entrichten hat, nicht gedeckt werden konnten. Im Gegenzug hatten Stadtapotheken zumeist selten Nacht- oder Notdienst, aber mehr Umsatz infolge einer höheren Frequentierung. Der Nacht- und Notdienstfonds speist sich aus einem Aufschlag in Höhe von 0,16 Euro je abgegebenem verschreibungspflichtigem Arzneimittel. Jede Nacht haben bundesweit 1200 Apotheken von 20 Uhr am Abend bis 6 Uhr am Morgen (Volldienst) geöffnet. Hinzu kommen Teilnotdienste. Insgesamt werden jährlich 7 Millionen Patienten nachts oder an Sonn- und Feiertagen versorgt, das sind 20 000 Patienten täglich. Wer einen Volldienst erbringt, erhält über den Nacht- und Notdienstfonds eine Pauschale. Diese lag 2014 im Jahresdurchschnitt bei 266 Euro.
Ausblick
Ende 2014 betrug die Liquiditätsreser- ve des Gesundheitsfonds stattliche 12,5 Milliarden Euro. Auch die Finanzreserven der Krankenkassen waren mit 15,5 Milliarden Euro nicht gerade gering; gleichwohl gab es bereits Anfang 2015 Krankenkassen, die einen überdurchschnittlichen Zusatzbeitrag nehmen mussten. Die Finanzreserven sind also ungleich verteilt. Dennoch verfügte die GKV insgesamt über ein Finanzpolster von 28 Milliarden Euro. Mit den anstehenden Reformgesetzen4 und den dort verankerten Ausgabensteigerungen zeichnet sich jedoch ab, dass sich die Finanzsituation der GKV wieder anspannen wird.
Auf der anderen Seite profitiert die GKV konjunkturbedingt von steigenden Grundlöhnen und einer regelmäßigen Anpassung der Beitragsbemessungsgrenze, sodass die Einnahmen sprudeln. Experten gehen dennoch bereits 2016 von einem Anstieg des durchschnittlichen Zusatzbeitrags (derzeit 0,9 Prozent) aus. Da der Zusatzbeitrag nur von den Arbeitnehmern zu entrichten ist und diese mit Kassenwechsel auf steigende Belastungen reagieren, werden die Krankenkassen versuchen, solange möglich einen überdurchschnittlichen Zusatzbeitrag im Wettbewerb zu vermeiden.5
Offen ist auch der Ausgang des sogenannten »Pharmadialogs«. Noch ist nicht erkennbar, ob die Bundesregierung für den Arzneimittelmarkt eine nennenswerte Anpassung bestehender Regulierungen plant. Gegenwärtig zeigt sich die Regierungskoalition bemüht, zustimmungspflichtige Gesetze zu vermeiden. Eine aus unserer Sicht notwendige Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung würde jedoch die Zustimmung der Länder erforderlich machen. Dies betrifft
Es gibt keinen Mechanismus, der eine Überprüfung des Festzuschlags von 8,35 Euro für die Vergütung von Apotheken in festgelegten Intervallen (jährlich) regelt. Ohne diesen Anpassungsmechanismus, der für andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen selbstverständlich ist, fehlt den Apotheken ein wichtiges Stück Planungssicherheit.
§ 78 Arzneimittelgesetz (AMG) ermächtigt das Bundeswirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsministerium durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Anteil des Festzuschlags, der nicht der Förderung der Sicherstellung des Notdienstes dient, entsprechend der Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung anzupassen. Von einer regelmäßigen Verpflichtung zur Überprüfung der Kostenentwicklung ist jedoch nicht die Rede. Alle anderen Leistungserbringer der GKV nehmen in der Regel morbiditätsorientiert an der wirtschaftlichen Entwicklung teil. Daher ist es nur recht und billig, die Kostenentwicklung der Apotheken regelmäßig zu überprüfen und methodisch im Einvernehmen anzupassen. Nur so können auch in Zukunft noch genügend Apothekerinnen und Apotheker den Sprung in die Selbstständigkeit wagen und langfristig eine flächendeckende Versorgung rund um die Uhr sicherstellen.
Betriebswirtschaftliche Perspektive
Da die wirtschaftlichen Gegebenheiten jeder einzelnen Apothekenbetriebsstätte über deren Zukunft entscheiden, sollen auch hierzu einige Daten analysiert werden. Bei über 21 000 Betriebsstätten ist hierfür eine geeignete statistische Zusammenfassung erforderlich.
Im Jahr 2012 hat die ABDA sich dazu entschlossen, eine neue Datengrundlage einzuführen. Hierzu wurde mit der Treuhand Hannover Steuerberatungsgesellschaft ein Vertrag über die regelmäßige Lieferung von betriebswirtschaftlichen Daten geschlossen. Die ABDA erhält nur aggregierte Daten, mithin keine Information über die wirtschaftlichen Gegebenheiten konkreter Apotheken. Dies ist für die Datennutzung auch völlig unproblematisch, denn es soll ja gerade über die Lage der Branche und nicht die einzelner Betriebe berichtet werden. Und genau hierzu sind die Daten aussagefähig.
Das ABDA-Datenpanel umfasst zurzeit über 2500 verschiedene Betriebsstätten – aus allen Bundesländern, aus allen Größenklassen, Einzel-, Haupt- und Filialapotheken. Die betriebswirtschaftlichen Zahlen entstammen der Finanzbuchhaltung des jeweiligen Betriebs. Es sind die Zahlen, die von der Steuerberatungsgesellschaft geprüft werden und die Grundlage für die Meldung an das Finanzamt bilden. Sie beziehen sich ausschließlich auf den jeweiligen Apothekentrieb und das Berichtsjahr, hier also das Jahr 2014. Sonstige Einkünfte des Inhabers finden keinen Niederschlag.
Typisch versus durchschnittlich
Die Daten des Jahr 2014 bieten eine gute Gelegenheit, die Sinnhaftigkeit des im letzten Jahr vollzogenen Wechsels von der Betrachtung der »typischen« hin zur »durchschnittlichen« Apothekenbetriebsstätte zu untermauern. Nach der »reinen Lehre« befindet sich die »typische« Apotheke in der Netto-Umsatzgrößenklasse, in der die meisten Betriebsstätten liegen. Das war im Jahr 2014 der Bereich von 1,0 bis 1,25 Millionen Euro.
Ein Blick auf die Abbildung verdeutlicht aber sofort, dass die entsprechende Bestimmung der typischen Apotheke zwar der Übung der letzten Jahre entspräche, aber kaum mit der Wahrnehmung durch unvoreingenommene Beobachter in Einklang zu bringen wäre.
Die Umsatzgrößenklasse 1,25 bis 1,5 Millionen Euro hingegen liegt genau in der Mitte von drei vergleichsweise dicht besiedelten Klassen, sie ist aber von diesen drei die geringfügig am dünnsten besiedelte: knapp 12 Prozent aller Betriebsstätten liegen hier. Wer auf die »typische Apotheke« abzielt, der wird sie mithin im Netto-Umsatzbereich von 1,25 bis 1,5 Millionen Euro verankern – auch um den Preis einer Abweichung von den bisherigen Festlegungen ihrer Bestimmung.
Entsprechende Probleme gibt es beim statistischen Lagemaß des Durchschnittes nicht. Für das ABDA-Datenpanel liegt der durchschnittliche Netto-Umsatz im Jahr 2014 bei 2,024 Millionen Euro und damit deutlich über dem der typischen Apotheke.6 Für die Bewertung ist wichtig: Mehr als 60 Prozent der Betriebsstätten weisen einen Netto-Umsatz auf, der unter dem Durchschnittswert liegt. Dieser Anteil hat sich gegenüber dem Vorjahr kaum geändert.
Die Betrachtung der durchschnittlichen statt der typischen Apotheke führt zu einer stärkeren Berücksichtigung umsatzstarker Betriebsstätten. Dies geht aber damit einher, dass Apotheken im Umsatzbereich der durchschnittlichen Apotheke deutlich seltener anzutreffen sind als die im Umsatzbereich der typischen Apotheke.
Steuerliches Betriebsergebnis
Das steuerliche Betriebsergebnis erhält man, wenn man den Netto-Umsatz Wareneinsatz und die Kosten des Apothekenbetriebs abzieht. Betrachtet man das steuerliche Betriebsergebnis als prozentualen Anteil des Netto-Umsatzes, so ist es im Zeitraum von 2002 bis 2012 um circa ein Drittel auf 5,7 Prozent gesunken, um dann im Jahr 2013 auf 6,6 Prozent anzusteigen.
Der Anstieg war das Ergebnis einer Vielzahl von Faktoren, so der erstmaligen Anpassung der Apothekenentgeltung nach Arzneimittelpreisverordnung, der Einführung der Nacht- und Notdienstpauschale mit dem ANSG, der Rückführung des GKV-Abschlags nach der mit dem AMNOG verbundenen Erhöhung. Schon vor einem Jahr war absehbar, dass sich eine entsprechende Ergebnisverbesserung für das Jahr 2014 mangels entsprechender Impulse nicht wiederholen lässt. Und so ist es auch gekommen: 2014 sank das steuerliche Betriebsergebnis auf 6,4 v. H., und damit auf den niedrigsten jemals erreichten Wert der »Vor-AMNOG-Zeit« (Abbildung ).
Eine weitere Ursache für die Verbesserung des steuerlichen Betriebsergebnisses im Jahr 2013 war auch der erstmalige Rückgang des Wareneinsatzes, gemessen als Anteil am Netto-Umsatz. In der damaligen Zeit fanden die Einkaufsvorteile der Apotheken beim pharmazeutischen Großhandel breite mediale Beachtung.
Aber schon zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des letzten Wirtschaftsberichtes wurden die Einkaufskonditionen merklich zurückgeführt. Hinzu kommt die schon erwähnte zunehmende Bedeutung hochpreisiger Arzneimittel, bei denen der Apothekenanteil am Verkaufspreis gering ist und Einkaufsvorteile nur in sehr beschränktem Ausmaß erzielt werden können. Zusammen ergibt dies einen deutlichen Wiederanstieg der Wareneinsatzquote, die im Jahr 2014 mit 75,1 v. H. den zweithöchsten Wert aller Zeiten erreicht (Abbildung).
Personalkosten
Der Wareneinsatz dominiert die Kostenseite des Apothekenbetriebs. Damit diese Dominanz nicht andere, interessante Entwicklungen verdeckt, lohnt sich eine Betrachtung der Entwicklung des Personalkostenanteils am Rohgewinn. Der Rohgewinn ist das, was vom Netto-Umsatz der Apotheke nach Abzug des Netto-Wareneinsatzes übrig bleibt.
Natürlich gibt es auch hier Schwankungen, da die Personalkosten nicht so kurzfristigen Änderungen unterworfen sind wie die Wareneinsatzquote und damit auch indirekt der Rohgewinn. Aber der Blick auf die Gesamtentwicklung (Abbildung) zeigt einen im Zeitablauf sehr deutlich steigenden Personalkostenanteil.
Dieser hat zwei Ursachen: Zum einen gibt es innerhalb der Apothekenteams eine Verschiebung hin zu höher qualifizierten – und damit aus Arbeitgebersicht teureren – Berufen. Dies wird durch die Notwendigkeit, die entsprechenden Berufe in der Apotheke für qualifizierte Beschäftigte finanziell attraktiver zu gestalten noch verstärkt.
Und zum anderen gibt es eine Verschiebung vom für selbstständige Apothekeninhaber typischen Residualeinkommen hin zum Kontrakteinkommen angestellter Apothekerinnen und Apotheker.
Die längerfristige Perspektive
Das steuerliche Betriebsergebnis der durchschnittlichen Apothekenbetriebsstätte liegt im Jahr 2014 mit 129.182 Euro circa 4800 Euro über dem Wert des Vorjahres (Abbildung). Die Darstellung suggeriert, das Jahr 2014 habe das zweite Allzeithoch hintereinander gesehen. Es ist aber zu beachten, dass die in der Grafik aufgeführten Betriebsergebnisse nominal ausgewiesen werden. Damit wird letztlich so getan, als hätte der Euro des Jahres 2014 denselben Wert wie der des Jahres 2002.
Dass dem nicht so ist, erlebt jeder bei seiner privaten Lebensführung: die Kosten steigen mal schneller, mal langsamer – aber sie steigen. Die Abbildung zeigt dieselbe Zeitreihe nach Umrechnung auf die konstante Kaufkraft des Jahres 2002 mithilfe des gesamtdeutschen Verbraucherpreisindex des Deutschen Statistischen Bundesamtes.
Diese Betrachtung relativiert die vermeintlich herausragenden Werte der beiden letzten Jahre. Gemessen in konstanten Preisen liegt das Betriebsergebnis der durchschnittlichen Apotheke im Jahr 2014 trotz Steigerung gegenüber dem Vorjahr immer noch mehrere tausend Euro unter dem des Jahres 2002.
Bei diesen Zahlen ist zu beachten, dass im Jahr 2002 22 010 Apothekenbetriebsstätten aktiv waren, Ende 2014 hingegen nur noch 20 441. Der Rückgang um über 1560 Apotheken hat zur Folge, dass der Umsatz der am Markt verbleibenden Apotheken tendenziell steigt.
Und es sind eben im Durchschnitt die wirtschaftlich schon von vornherein gesünderen Betriebe, die durchhalten. Dieser – für Panelerhebungen typische – »survivor bias« macht es umso bemerkenswerter, dass das kaufkraftbereinigte Betriebsergebnis des Jahres 2014 immer noch unter dem des Jahres 2002 liegt.
Ausblick
Für das laufende Jahr sind keine Faktoren abzusehen, die eine relevante Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Apotheken erwarten lassen: eine Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung ist nicht zu erkennen, die Absenkung des GKV-Abschlags um 3 Cent (brutto) pro Packung wird keine Impulse verleihen.
Die Notdienstpauschale wird ungefähr bei den Werten des Jahres 2014 liegen, die Sonderfaktoren der starken Grippe- und Erkältungswelle zum Jahresbeginn 2015 werden im Jahresverlauf – sowohl bei verschreibungspflichtigen als auch bei OTC-Arzneimitteln – an Bedeutung verlieren. Und die Einkaufskonditionen des Jahres 2015 sind aus Apothekensicht schlechter als die des Vorjahres.
Um den oben dargestellten Einkommensrückstand öffentlicher Apotheken für die gesamte Branche abzubauen, wird es entsprechender politischer Impulse bedürfen, die entsprechenden Forderungen sind bereits dargelegt worden. Ergänzend hierzu können natürlich auch sinnvolle Verträge des DAV und der Apothekerverbände der Länder weitere Perspektiven für Einkommensverbesserungen eröffnen. Und selbstverständlich ist es Aufgabe jedes Apothekeninhabers, innerhalb seiner Umgebung wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten zu nutzen. /
Anschrift der Verfasser
Claudia Korf
Geschäftsführerin Wirtschaft, Soziales und Verträge
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
Jägerstraße 49/50
10117 Berlin
Dr. Eckart Bauer
Abteilungsleiter Wirtschaft und Soziales
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
Jägerstraße 49/50
10117 Berlin