Zweiter Taktgeber für die innere Uhr |
27.05.2008 14:06 Uhr |
Zweiter Taktgeber für die innere Uhr
Von Christina Hohmann
Neben der lichtgesteuerten inneren Uhr verfügt der Körper noch über einen zweiten Taktgeber, der auf Nahrung reagiert. Dies entdeckten US-amerikanische Forscher an Untersuchungen mit Mäusen.
Viele Tiere unterliegen einem endogenen Rhythmus von etwa 25 Stunden Zykluslänge, dem sogenannten circadianen Rhythmus. Als Haupttaktgeber für diese innere Uhr fungiert der Nucleus suprachiasmaticus (SCN), eine Gruppe von Neuronen im Hypothalamus. Sie erhalten von den Augen Hell-Dunkel-Signale und leiten diese an eine zweite Gruppe von Nervenzellen, den Nuclues dorsomedialis, weiter. Dieser steuert neben den Schlaf-Wach-Phasen auch wesentliche Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur.
»Wenn genug Nahrung vorhanden ist, funktioniert dieses System ausgezeichnet«, sagt Clifford Saper vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston. Finden Tiere in ihrer normalen Wachphase aber nicht ausreichend Futter, passen sie ihren Rhythmus an, um ihre Nahrungsaufnahme zu erhöhen. Es scheint einen zweiten, nahrungsgesteuerten Taktgeber für die innere Uhr zu geben, der den lichtgesteuerten ablösen kann. Dieser zweite Taktgeber wurde schon lange vermutet, aber nicht gefunden.
Saper und seine Kollegen machten sich mithilfe von genetisch veränderten Mäusen auf die Suche nach der Gehirnstruktur. Hierfür verwendeten die Forscher Tiere, denen ein Schlüsselgen der inneren Uhr, das Bmal1-Gen, fehlt und die daher unregelmäßige Schlaf-Wach-Phasen haben. Den Mäusen injizierten die Wissenschaftler das Bmal1-Gen per Gentransfer in verschiedene Regionen des Gehirns und beobachteten, ob sich ein circadianer Rhythmus etablierte. Dies war nur bei einer Injektion in den Nucleus dorsomedialis der Fall. Bei so behandelten Tieren entwickelte sich ein circadianer Rhythmus, der durch die Nahrungsaufnahmezeitpunkte gesteuert werden konnte, berichten die Forscher im Fachjournal »Science« (Band 320, Seiten 1074 bis 1077). Doch unter Experten sind die Ergebnisse von Sapers Arbeitsgruppe noch umstritten, berichtet das Fachjournal »Nature« auf seiner Nachrichtenseite. Einige bezweifeln, dass die Ergebnisse reproduzierbar sind.
Für Passagiere auf Langstreckenflügen, die unter der Verstellung der inneren Uhr zu leiden haben, könnten die neuen Erkenntnisse von Bedeutung sein. »Eine Fastenperiode von 16 Stunden bringt den zweiten Taktgeber in Schwung«, sagt Saper. Auf Langstreckenflügen sollte man daher auf Essen verzichten und stattdessen direkt nach der Landung ausreichend essen. »Dies sollte die innere Uhr anpassen und unangenehme Wirkungen des Jetlags abmildern.«