Eradikation soll, sollte, kann |
18.05.2016 09:12 Uhr |
Von Maria Pues / Wann ist ein Test auf den Magenkeim Helicobacter pylori angezeigt? Wie sollte seine Eradikation erfolgen? Antworten gibt die aktualisierte Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).
Zu den eindeutigen Indikationen für eine Helicobacter-pylori-Testung und (bei positivem Ergebnis) -Eradikation gehören Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre (Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni). »Eine Eradikationstherapie, also die Beseitigung von Helicobacter pylori, lindert nicht nur die akuten Beschwerden bei einer Magenschleimhautentzündung, einem Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür«, sagte Professor Dr. Peter Malfertheiner in einer DGVS-Pressemitteilung.
Das Bakterium Helicobacter pylori kann sich dauerhaft im Magen einnisten. Es erhöht dann das Risiko, an Magenkrebs zu erkranken.
Foto: Shutterstock/Tatiana Shepeleva
Sie habe auch das Potenzial, das Wiederauftreten von Geschwüren zu verhindern, so der Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg. Eine starke Empfehlung (»soll«) haben die Leitlinien-Autoren zudem für Patienten ausgesprochen, die unter Acetylsalicylsäure (ASS) oder nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) eine Blutung des oberen Gastrointestinaltraktes entwickelt haben. Gleiches gilt für Patienten mit Ulcus-Anamnese, bevor bei ihnen eine Therapie mit ASS (auch niedrig dosiertem) oder NSAR begonnen wird. Weitere klare Indikationen sind die Autoimmunerkrankung ITP (Immunthrombozytopenie) sowie ein MALT-Lymphom. MALT steht dabei für Mucosa Associated Lymphoid Tissue.
Risikofaktor PPI
Eine Empfehlung (»sollte«) zur Eradikation sprechen die Leitlinien- Autoren für Patienten mit einem erhöhten Risiko für ein Magenkarzinom aus. Zwar gelte in Deutschland keine Hochrisikosituation, so die Leitlinie. Dafür rücke das individuelle Risiko in den Vordergrund. Dieses ist erhöht bei Patienten mit einer Risikogastritis (Pan-Gastritis oder korpusdominante Gastritis), bei Verwandten ersten Grades von Magenkarzinom-Patienten und bei Patienten mit früheren Magenneoplasien, auch nach (Teil-)Resektion. Auch bei Patienten, die seit über einem Jahr einen Protonenpumpenhemmer (PPI) einnehmen, sollte gegebenenfalls eine Helicobacter-Eradikation vorgenommen werden. »Denn die Behandlung mit diesen Säureregulatoren führt auf Dauer zu einer Atrophie oder zu einer intestinalen Metaplasie der Magenschleimhaut. Diese nicht mehr rückbildungsfähigen Veränderungen erhöhen wiederum das Magenkrebsrisiko«, erläuterte Malfertheiner.
Keine klare, aber eine »Sollte-Empfehlung« besteht außerdem bei Patienten mit asymptomatischer, zufällig diagnostizierter Helicobacter-pylori-Gastritis. Bei ihnen könne unter den Aspekten einer möglichen zukünftigen Therapie mit ASS oder NSAR beziehungsweise der allgemeinen Karzinomprävention bei gleichzeitiger angemessener Berücksichtigung potenzieller Nebenwirkungen eine Eradikationstherapie erfolgen, heißt es in der Leitlinie. Dies gilt auch für Patienten mit Ménétrier-Syndrom (Riesenfaltengastritis) oder mit lymphzytärer Gastritis.
Offen bleibt die Empfehlung für Patienten mit funktioneller Dyspepsie (»Reizmagen«), mit einem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom mit oder ohne MALT-Komponente sowie mit ungeklärter Eisenmangelanämie. Bei ihnen kann eine Eradikation in Einzelfällen sinnvoll sein.
Name | Linie | Schema | Dosierung | Dauer |
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Standard-Triple- Therapie (italienisch) | 1°-Linie | PPI1 Clarithromycin 250-500mg Metronidazol 400-500mg | 1-0-1 1-0-1 1-0-1 | 7 – 14 Tage |
Standard-Triple- Therapie (französisch) | 1°-Linie | PPI1 Clarithromycin 500mg Amoxicillin 1000 mg | 1-0-1 1-0-1 1-0-1 | 7 – 14 Tage |
Bismut-haltige Vierfachtherapie2 | 1°-Linie oder 2°-Linie nach Standard-TT | PPI2 Bismut-Kalium-Salz 140 mg Tetrazyklin 125 mg Metronidazol 125mg | 1-0-1 1-1-1-1 1-1-1-1 1-1-1-1 | 10 Tage |
kombinierte (»konkomittierende«) Vierfachtherapie | 1°-Linie | PPI1 Clarithromycin 500mg Amoxicillin 1000 mg Metronidazol 400-500mg | 1-0-1 1-0-1 1-0-1 1-0-1 | 7 Tage |
Fluorochinolon- Tripletherapie | 2°-Linie | PPI1 Levofloxacin 500 mg oder Moxifloxacin 400 mg Amoxicillin 1000mg3 | 1-0-1 1-0-1 1-0-1 | 10 Tage |
1) Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg, Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Rabeprazol 20 mg.
2) Fixe Kombination (Pylera®) zugelassen in Kombination mit Omeprazol 20 mg.
3) Bei Penicillinunverträglichkeit Rifabutin 150 mg 1-0-1.
Quelle: Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulcuskrankheit
Erst testen, dann eradizieren
Keine Empfehlung zur Eradikation hingegen gibt es bei Patienten mit Refluxsymptomen oder einer Refluxösophagitis. Epidemiologische Studien sprechen für eine negative Assoziation zwischen Helicobacter-pylori-Infektion und Refluxkrankheit, heißt es im Kommentar. Auch Barrett-Ösophagus und ösophageale Adenokarzinome würden bei Helicobacter-Infektionen seltener beobachtet. Die Entscheidung über eine Eradikation könne daher unabhängig von Refluxbeschwerden getroffen werden, so die Leitlinie.
Vor einer Eradikationstherapie sollte eine Helicobacter-pylori-Infektion sicher nachgewiesen worden sein. Die Leitlinie rät, zwei Tests durchzuführen, die beide positiv ausfallen müssen. Der Grund: Keines der zur Verfügung stehenden Verfahren ist hundertprozentig sicher. Eine Ausnahme bildet die Biopsie: Wird der Keim in einer Gewebeprobe nachgewiesen, sind keine weiteren Tests erforderlich. Eine Testung ist jedoch nur angezeigt, wenn bei einem positiven Ergebnis auch eine Eradikation durchgeführt werden soll. Bei der Testung ist außerdem zu beachten, dass eine vorangehende Eradikation mindestens vier Wochen und eine PPI-Therapie mindestens zwei Wochen zuvor abgeschlossen sein muss. Eine regelmäßige Kontroll-Testung nach einer Eradikation empfiehlt die Leitlinie nicht.
Triple bleibt Standard
Die Eradikation erfolgt in der Erstlinientherapie als Tripeltherapie aus einem PPI, Clarithromycin und Amoxicillin oder Metronidazol über sieben bis 14 Tage, sofern keine Risikofaktoren für Resistenzen vorhanden sind, etwa das Herkunftsland des Patienten (Süd- oder Osteuropa) oder eine frühere Makrolidbehandlung. In der Zweitlinientherapie kommen eine Bismut- Quadrupeltherapie oder eine Fluorchinolon-haltige Tripeltherapie zum Einsatz. Bei deren Versagen sieht die Leitlinie eine Resistenztestung vor der weiteren Behandlung vor. /