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OTC-Analgetika

ABDA kritisiert Warnhinweis-Pläne

18.05.2016  09:12 Uhr

Von Christina Müller / Mangelnde Evidenz und schwammige Formulierungen: Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) und die ABDA lassen kaum ein gutes Haar an dem Entwurf einer Analgetika-Warnhinweis-Verordnung, die Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) im April vorgelegt hat.

Um Verbraucher künftig besser vor möglichen schweren Nebenwirkungen von rezeptfreien Schmerzmitteln zu schützen, will der Gesundheitsminister die pharmazeutischen Hersteller verpflichten, auf Verpackungen auf die maximale Anwendungsdauer von drei bis vier Tagen hinzuweisen. Grundsätzlich begrüßten die Apotheker die Idee, die Arzneimitteltherapiesicherheit bei der Selbstmedikation mit OTC-Analgetik­a zu verbessern – mit der Umsetzung können sie sich jedoch nicht anfreunden.

 

Kritik an Formulierung

Die Formulierung: »Ohne ärztlichen Rat nicht länger als drei Tage (Fieber) oder vier Tage (Schmerzen) anwenden« sei für den Verbraucher nicht eindeutig. »So bleibt beispielsweise unklar, wie viel Zeit vergehen muss, bis eine erneute Anwendung über drei bis vier Tage möglich ist«, schreibt die AMK in ihrer Stellungnahme. Sinnvoll wäre aus ihrer Sicht die Empfehlung, einen Arzt aufzusuchen, wenn die Beschwerden eine Anwendung des Medikaments über den genannten Zeitraum hinaus erforderlich machten. »Dies würde auch die riskante Anwendung über Wochen und Monate, aber auch zum Beispiel nur jeden zweiten Tag, einschließen.«

 

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) begründet die Notwendigkeit für einen Warnhinweis auf der Verpackung mit einem erhöhten Risiko für schwere Nebenwirkungen wie Leber- und Nierenschäden, Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System sowie Blutungen, Ulcera und Perforationen im Gastrointestinaltrakt. Laut AMK liegt jedoch keine Evidenz vor, dass das Risiko bereits nach einer Einnahmedauer von etwas mehr als vier Tagen in klinisch relevantem Ausmaß ansteigt. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass Patienten durch eine rein symptomatische Selbstbehandlung einen Arztbesuch und damit eine gegebenenfalls kausale Therapie hinauszögerten. »Die Differenzierung der vorgesehenen Warnhinweise zwischen Fieber und Schmerzen weist – im Unterschied zur Begründung – darauf hin, dass die Intention des Verordnungsvorhabens eher darauf abzielt, verzögerte Diagnosestellungen zu verhindern.« Zudem fehlten wissenschaftlich fundierte Belege dafür, dass ein Warnhinweis auf der äußeren Umhüllung eines Arzneimittels von Patienten mehr beachtet wird als ein Hinweis in der Gebrauchsanweisung.

 

Die AMK fürchtet, dass die Verordnung ihr Ziel verfehlen könnte. In der Folge »stimmen wir dem Entwurf der Analgetika-Warnhinweis-Verordnung nicht zu«, heißt es in der Stellungnahme. Um das Risiko für die Patienten zu senken, sei eine Begrenzung der Packungsgröße rezeptfreier Analgetika das geeignetere Mittel. »Die Festlegung maximaler Packungsgrößen kann einem unkritischen Einsatz dieser Arzneistoffe und den damit verbundenen Gefahren vorbeugen«, hatte die AMK gemeinsam mit der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft bereits im Jahr 2010 erklärt.

 

Die ABDA schließt sich der Position der AMK an – und legt nach: Sie hält die Umsetzungsfristen von drei Monaten für die pharmazeutische Industrie beziehungsweise sechs Monate für die Apotheken für deutlich zu kurz. »Hier besteht das erhebliche Risiko, dass eine extrem hohe Zahl an Packungen weit vor Erreichen des Verfalldatums das Ende ihrer Verkehrsfähigkeit erreicht.« Die dadurch entstehenden Kosten unterschätze das BMG massiv, kritisiert die ABDA.

 

Daher fordert die Bundesvereinigung dringend, die Übergangslösung zu modifizieren. So könnte das Ministerium etwa die Möglichkeit schaffen, dass die betroffenen Arzneimittel »auch ohne Warnhinweis bis zum Erreichen ihres Verfalldatums« abgegeben werden können. /

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