Feier nach Zweitem Staatsexamen |
13.05.2014 16:31 Uhr |
Von Andreas Hensel, Münster / Ende April fand die seit vielen Jahren an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zur Tradition gewordene Verabschiedung der Pharmaziestudierenden nach bestandenem zweiten Teil der Pharmazeutischen Prüfung statt.
Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen trafen sich die erfolgreichen Examenskandidaten, viele Verwandte, Freunde und die Angehörigen der Lehreinheit Pharmazie zum obligatorischen Gruppenfoto vor dem erst im vergangenen Jahr bezogenen PharmaCampus. Aufgrund der großen Anzahl an Absolventen erwies es sich durchaus als nicht ganz einfach, die ganze Gruppe mittels Weitwinkeltechnik in den Fokus zu bekommen. Aber mit viel lustigem Geschiebe und Gedränge wurde dieses praktische Problem gemeistert – wie schon so vieles im vergangenen Studium.
Der große Hörsaal des PharmaCampus war gefüllt, was beweist, dass diese Veranstaltung ein sehr wichtiger Termin für die Pharmazeuten ist und im großen Stil zusammen mit Familie und Freunden gefeiert wird. Professor Dr. Andreas Hensel, Vorsitzender der Prüfungskommission, begrüßte alle Kandidaten und Gäste im Namen der Uni und wies auf die gute Abschlussbilanz der Münsteraner Pharmazie hin. Er nannte unter anderem die unterdurchschnittliche Studiendauer, die geringe Zahl an Studienabbrechern und die mit mehr 120 erfolgreichen Absolventen pro Jahr sehr hohen Gesamtabschlusszahlen.
Raufaser und Dr. Oetker
Der Studiendekan des Fachbereichs Chemie und Pharmazie, Professor Dr. Jens Müller, wies in seinem Grußwort auf den Stellenwert der pharmazeutischen Ausbildung für den Fachbereich und die gesamte Universität hin. Er zeigte anhand vieler Beispiele auf, dass Apotheker neben der pharmazeutischen Kerntätigkeit in Herstellung, Prüfung und Abgabe von Arzneimitteln in vielen Fällen als selbstständige Unternehmer auch in anderen Sparten ihre speziellen Fähigkeiten zur Lösung praktischer Fragestellungen einsetzen konnten. Wer denkt schon daran, dass ein Apotheker den Wandbehang »Raufaser« entwickelte, und dass der Lebensmittelkonzern Dr. Oetker aus einer Apotheke hervorging? In diesem Zusammenhang sagte Müller: »Machen Sie das Beste aus Ihrem frisch erworbenen Wissen, es muss aber dem Patienten und der Gesellschaft nutzen«.
»Therapieerfolg – Glaube oder Wissen«: Professor Dr. Eugen J. Verspohl betonte im Festvortrag neben den wichtigen Erkenntnissen der Wissenschaft auch den zusätzlichen Anteil des Vertrauens, des Glaubens an die Therapie für den Therapieerfolg. Er stellte anhand einiger Beispiele dar, dass Wissen aktuell korrekt ist, es aber auch immer wieder kritisch und wissenschaftlich hinterfragt werden muss. Fundiertes und belegtes Wissen stellt die unverzichtbare Säule der Therapie dar. Therapeutische Einmalerfolge zählen nicht, sie müssen von unabhängigen Personen wiederholt werden. Extremausschläge eines Einmalerfolgs treten immer wieder auf, aber das von dem Anthropologen Sir Francis Galton beschriebene Phänomen »regression to the mean« belegt auch, dass einzelne Extremwerte sich bei Wiederholung zwangsläufig wieder zum Mittelwert zurückbewegen müssen. Die anteiligen Erfolge von Placebo und therapeutischen Ritualen sind klinisch durchaus sinnvoll nutzbar. Dagegen sollte man sich vor negativen Äußerungen mit schädlichem Effekt (Nocebo genannt) hüten.
Placebo- und Nocebo-Effekte sind kein Hokuspokus, sondern pharmakologisch und neurobiologisch bei einigen Symptomen wissenschaftlich untermauert. Die Konditionierung des Patienten während einer Therapie durch die Assoziation von wohlschmeckendem Saft und wirksamem Medikament kann auch dann noch zu einem Effekt führen, wenn das wirksame Medikament abgesetzt wird. Ein Beispiel dafür ist die Abnahme der Basophilen-Zahl trotz Absetzen des Antihistaminikums Loratidin. Den Absolventen wurde auf den Weg mitgegeben, dass sie mit Medikamenten nicht Symptome und Krankheiten behandeln, sondern dass sie Menschen in ihren differenzierten Facetten behandeln, die auf die naturwissenschaftliche Begründung der Arzneistoffwirksamkeit setzen und zusätzlich auf das Vertrauen, den Glauben an die Therapie setzen, was den Heilungserfolg verbessert. Verspohl zeigte damit auch die Notwendigkeit auf, dass Wissenschaftler stets die Neugier auf Neues, Unbekanntes und spannende Fragestellungen pflegen sollten.
In einer launigen Abschlussrede ließen die Studierenden, vertreten durch Andreas Heider, das Studium Revue passieren, wobei man sich des Eindruckes nicht erwehren konnte, dass die Studienzeit an der Uni Münster als eine schöne, harte, erlebnisreiche Zeit bewertet wurde, wobei insbesondere die entstandenen Freundschaften sicher noch lange Zeit Bestand haben dürften.
Studienpreis und Stipendium
Im Rahmen einer solchen Feier darf natürlich auch die Standesvertretung der Apotheker nicht fehlen: Sandra Potthast, Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, freute sich, die Grüße der Kammer zu überbringen und gratulierte in einem kurzen Grußwort allen Absolventen. Potthast zeigte auch auf, welche Möglichkeiten die Kammer den angehenden Apothekern bietet.
Auch für die Pharmabranche hat der Brexit weitreichende Folgen.
Foto: Imago/Zuma Press
Gleichzeitig konnte sie noch den Studienpreis der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe an einen sehr erfolgreichen Kandidaten, der mit der Traumnote 1,0 abgeschnitten hatte, überreichen: Tobias Depke durfte sich über eine Einladung zum Pharmacon-Kongress Meran freuen.
Dass gesellschaftliches Engagement auch aus einer großen Dankbarkeit entstehen kann, wurde durch die Verleihung eines Studienstipendiums seitens der 2012 initiierten »Verspohl-Stiftung« zur Unterstützung von Studierenden der Pharmazie in Münster deutlich. Dieses Jahr konnte die Stiftung Melanie Bergkemper mit einem Stipendium über 3600 Euro für ihre bisherigen Leistungen im Pharmaziestudium auszeichnen. Das Stipendium wurde vom Stifter, Professor Dr. Eugen Verspohl, überreicht. /