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Celesio

Apotheker kritisieren DocMorris-Deal

27.04.2007  15:22 Uhr

Celesio

Apotheker kritisieren DocMorris-Deal

Von Daniel Rücker

 

Mit dem Kauf von DocMorris hat der Stuttgarter Pharmagroßhändler und Apothekenbesitzer Celesio den Markt überrascht. Die Reaktionen der Politik sind bislang spärlich.

 

Am vergangenen Donnerstag hatte Celesio-Chef Dr. Fritz Oesterle auf der Bilanzpressekonferenz seines Unternehmens verkündet, sein Unternehmen habe den niederländischen Versender DocMorris Übernommen. Der Preis für 90 Prozent der Aktion soll bei rund 200 Millionen Euro gelegen haben. Zu Celesion gehört auch der deutsche Pharmagroßhändler Gehe.

 

Deren Kunden erklärte man in einem Schreiben: »Unser Markt befindet sich in einem Liberalisierungsprozess und unter einem immer globaler werdenden Wettbewerbsdruck, der jeden Marktteilnehmer trifft, Sie als Apotheker genauso, wie uns als Ihren Großhandelspartner. In einer solchen Phase der Veränderung bringt es nichts, passiv zu sein, denn nur wer sich ändert bleibt. Wer sich nicht ändert, wird verändert.«

 

Die Maske ist gefallen

 

Die erste Reaktion kam erwartungsgemäß von Heinz-Günter Wolf: »Die Maske ist gefallen«, so der ABDA-Präsident. Celesio positioniere sich offen und aktiv gegen die eigenverantwortete, heilberuflich ausgerichtete Apotheke. Nach Wolfs Überzeugung stelle sich Celesio in Widerspruch zu den Zielen der unabhängigen Apotheker. Diese träten juristisch und politisch weiterhin dafür ein, Patienten frei von den Interessen mächtiger Kapitalgeber zu beraten.

 

Die Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins, Claudia Berger, verwies in einer Presseerklärung auf die zu befürchtenden Strukturveränderungen. Mit der Übernahme habe die Vertikalisierung im Arzneimittelmarkt begonnen. Wenn dieser Weg weiter gegangen werde, würden bald die ersten Unternehmen entstehen, die vom Hersteller über den Großhandel bis hin zu Apotheken und Medizinischen Versorgungszentren alle Einrichtungen der ambulanten Versorgung betrieben. Berger rechnet damit, dass Monopole entstehen würden, die die Ausgaben im Gesundheitswesen deutlich steigen ließen.

 

Auch der Sächsische Apothekerverband fand deutliche Worte: »Mit diesem Schritt sendet die Celesio AG unübersehbare Signale, sich aktiv an der Demontierung der inhabergeführten Apotheke beteiligen zu wollen. Die Aussage des Firmenchefs Fritz Oesterle, damit ein klares Zeichen gegen Discountanbieter und apothekenferne in- und ausländische Interessenten setzen zu wollen, wirkt vor dem Hintergrund der Historie von DocMorris nahezu grotesk«, so der Verband in einem Rundschreiben an seine Mitglieder. Die Celesio AG, die bislang mit ihrer Tochter Gehe Pharma Handel auf dem deutschen Arzneimittelmarkt nur einen Großhandel betreibe, greife damit ihre eigene Kundschaft an.

 

Scharfe Kritik üben auch die Hamburger Apotheker. Celesio-Chef Oesterle versuche, Politik und Öffentlichkeit für eine Liberalisierung des Marktes nach seinen persönlichen Vorstellungen zu gewinnen, um dem Aufbau einer eigenen Kette den Weg zu ebnen. »Es ist bemerkenswert, dass ein Konzernvorstand ordnungspolitische Argumente ins Feld führt, um seine wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen«, warnt Rainer Töbing, Präsident der Apothekerkammer Hamburg. »Der Multi-Milliarden-Konzern Celesio scheint die unabhängigen Apotheken in ein alles andere als legales ordnungspolitisches Korsett zwingen zu wollen. Hier geht es ums Kapital, nicht um Versorgungssicherheit.«

 

Der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue, kritisiert Oesterle ebenfalls. »Mit seinem Vorgehen hat er den Apothekern ein Kuckucksei ins Nest gelegt« und ist zum direkten Kontrahenten vor dem Europäischen Gerichtshof geworden. Diese Übernahme war wirklich keine gute Idee. Spürbare Umsatzrückgänge der zum Celesio-Konzern gehörenden Gehe-Großhandlung sind zu erwarten.«

 

Das Schweigen der Politiker

 

Von der Politik ist bislang wenig zu hören. Die Bundestagsabgeordneten, die noch im Herbst mit großer Mehrheit einen Antrag der Grünen zum Fremd- und Mehrbesitz abgelehnt hatten, schweigen bislang. Dabei dürfte es nur wenige Abgeordnete geben, denen der Sachverhalt fremd ist. Celesio-Chef Oesterle hat nämlich die Bundestagsabgeordneten in einem Brief über seinen Coup informiert und sie auf klare Signale aus Brüssel hingewiesen, die darauf hindeuteten, dass die Liberalisierung des Apothekenmarktes nicht mehr aufzuhalten sei. Die Politik dürfe »den ordnungspolitischen Rahmen nicht den Gerichten überlassen«, schreibt derjenige, der nun selbst eine nach deutschem Recht illegale Apotheke betreibt, an die Abgeordneten.

 

Von den führenden deutschen Gesundheitspolitikern hat bislang nur der CSU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Zöller Position bezogen. Beim Bayerischen Apothekertag sagte er, es würde nichts verbessern, wenn Kapitalgesellschaften öffentliche Apotheken betreiben dürften. Dagegen blieb das Bundesgesundheitsministerium stumm.

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