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Funktionelle Dyspepsie

Magen aus dem Gleichgewicht

15.04.2015  10:02 Uhr

Von Christiane Berg, Hamburg / An der Entstehung des Reizmagens (funktionelle Dyspepsie) sind wahrscheinlich viele Faktoren beteiligt. Daher sollte auch die Therapie sich nicht auf einzelne Symptome beschränken.

Die modernen Lebensumstände mit Stress, Termindruck und schnellen Mahlzeiten zwischendurch schlagen immer mehr Menschen auf den Magen. »Jeder fünfte erwachsene Bundesbürger leidet mittlerweile an funktioneller Dyspepsie«, sagte Professor Dr. Volker Fintelmann aus Hamburg auf einer Veranstaltung der Firma Nordmark in Hamburg. »Das ist ein hoher Tribut.«

 

Ursache bislang ungeklärt

 

Nicht nur, dass die typischen Symptome Druck- und Völlegefühl, Übelkeit und Erbrechen, Appetitlosigkeit, Blähungen, Stuhlunregelmäßigkeiten, Schmerzen und Sodbrennen mit massiven Einschränkungen der Lebensqualität einhergehen. Darüber hinaus ebnen die Verdauungsstörungen schweren Folgeerkrankungen wie Diabetes, Gicht, Fettleber, Atherosklerose, Hypertonie und -lipidämie, Rheuma und Krebs den Weg. »So können sie letztlich zu einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führen«, sagte Fintelmann.

 

Nach wie vor ist die Pathophysiologie der funktionellen Dyspepsie ungeklärt. Als wahrscheinliche Entstehungsmechanismen werden neben der Beeinträchtigung der Magen-Motilität und -Perzeption unter anderem säureinduizierte, immunologische und psychosomatische Störungen diskutiert. Vielfach überlappen sich die Symp­tome.

 

Fintelmann betonte, dass Änderungen des Lebensstils mit Entschleunigung und regelmäßiger Entspannung an oberster Stelle der therapeutischen Maßnahmen stehen. Es sei Sache von Apothekern und Ärzten, den Patienten entsprechend zu lenken. Zentral wichtig sei eine neue Esskultur. »Auch Magen und Darm haben ihre festen Rhythmen«, unterstrich er.

 

Protonenpumpenhemmer wirken kontraproduktiv

 

Zur symptomatischen Therapie des Reizmagens stehen neben Metoclopramid, Domperidon, Butylscopolamin und Kümmel-, Anis-, Fenchelpräparaten sowie Extrakten der bitteren Schleifenblume (Iberis amara) auch H2-Antagonisten und Protonenpumpeninhibitoren (PPI) zur Verfügung. Letztere haben laut Fintelmann aufgrund der sogenannten Säurethese das Verordnungsverhalten im Laufe der Jahre zunehmend dominiert.

 

Zwischenzeitlich sei der PPI-Hype aber vorbei. PPI hätten sich als kontraproduktiv erwiesen, da sie insbesondere bei Langzeitanwendung zu einer Schädigung der Darmflora und einer Erhöhung des Infektions-, Diarrhö- oder Osteoporose-Risikos führen. Da­rüber hinaus könnten sie Nahrungsmittelunverträglichkeiten initiieren, die wiederum mögliche Ursachen eines Reizmagens sind.

 

Die im Enzympräparat Enzynorm® F enthaltene Wirkstoffkombination aus Pepsin und Aminosäure-Hydrochlorid beruhe dagegen auf dem Prinzip Substitution und Stimulation der Sekretion. Es gebe »wie ein Pädagoge Hilfe zur Selbsthilfe«. Die körpereigene Pepsinfraktion werde unterstützt, das saure Magenmilieu gefördert. »Die der gesunden Magen-Gesamtfunktion zugrundeliegende, bei funktioneller Dyspepsie aus dem Gleichgewicht geratene Kaskade neuronaler Impulsgeber und Signalmoleküle wird reaktiviert«, so der Gastroenterologe.

 

Ganzheitlicher Therapieansatz

 

Grundsätzlich sei es ein großer Irrtum, wenn sich die Therapie komplexer Erkrankungen wie der funktionellen Dyspepsie allein auf die Behandlung einzelner Krankheitszeichen konzentriere. »Chemisch-synthetische Wirkstoffe können die Symptome zwar selektiv unterdrücken und so vom eigentlichen Beschwerdebild ablenken. Sie können jedoch keine grundlegende Heilung und substanzielle Regulation des bei Reizmagen gestörten körperlichen Gesamtsystems herbeiführen«, sagte Fintelmann. /

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