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Neue EU-Verordnung

Konservierung von Kosmetika

20.04.2010  13:11 Uhr

Von Birgit Huber / Kosmetische Mittel sind EU-weit gesetzlich einheitlich geregelt. Von 1976 bis 2009 erfolgte die Regelung durch die EG-Kosmetik-Richtlinie. Der Nachteil einer solchen Richtlinie: Alle 27 Mitgliedstaaten müssen den Text in ihr nationales Recht überführen. Aus diesem Grund wurde nun Ende 2009 eine EU-weite Kosmetik-Verordnung veröffentlicht. Nationale Gesetze zu kosmetischen Mitteln werden damit künftig auf ein Mindestmaß beschränkt.

Der Veröffentlichung des Textes waren mehrere Jahre Beratung von Mitgliedstaaten, EU-Kommission und Europarlament sowie allen betroffenen Stakeholdern (Interessenten) vorangegangen. Die neue Verordnung sieht einige neue Regelungen vor, zum Beispiel ein europäisches Notifizierungsverfahren, aber der grundsätzliche Charakter der Regelung bleibt bestehen. So bleibt die Verantwortung für die Produkte weiter beim Hersteller und die bisherige Definition für kosmetische Mittel bleibt bestehen.

Auch die bisher eingeführten Kennzeichnungsvorschriften bleiben erhalten. So werden nach wie vor alle Inhaltsstoffe in absteigender Reihenfolge ihrer Konzentration auf der Umverpackung mit einer einheitlichen INCI-Bezeichnung (International Nomenclature of Cosmetic Ingredients) gekennzeichnet. Diese Inhaltsstoffangabe hilft vor allem Allergikern, die damit Produkte, auf die sie allergisch reagieren, meiden können. Hinsichtlich der Stoffregelungen wird zunächst bis 2013 die bisherige Regelung der Anhänge der EG-Kosmetik-Richtlinie weiterhin gelten.

 

Herstellung nach Kosmetik-GMP

 

Die Herstellungsweise nach GMP (Good Manufacturing Practise, gute Herstellungspraxis) ist schon lange Praxis in der Kosmetikindustrie. Schon bisher ist die grundsätzliche Anforderung der Herstellungsweise nach Kosmetik-GMP und die Forderung nach einer entsprechenden Dokumentation in den Produktangaben auch im Kosmetikrecht verankert. Die Kriterien und Leitlinien für die Gute Herstellungspraxis sind in Empfehlungen enthalten, zum Beispiel in der Leitlinie des IKW »Kosmetik-GMP – Leitlinien zur Herstellung kosmetischer Mittel«. Zwischenzeitlich ist eine internationale NORM DIN EN ISO 22716 »Kosmetik – Gute Herstellungspraxis (GMP) Leitfaden zur Guten Herstellungspraxis« – erschienen, auf die auch in der neuen Verordnung verwiesen wird.

 

In der Praxis ändert die neue Verordnung nichts wesentlich: Bei kosmetischen Mitteln handelt es sich um Produkte, die vom Verbraucher mehrmals täglich und häufig auch auf dem gesamten Körper Anwendung finden. Insofern muss eine besondere Sorgfalt auf die hygienisch einwandfreie Herstellung kosmetischer Mittel gelegt werden.

 

Die sorgfältige Herstellung nach Kosmetik-GMP hat zum Ziel, dass kosmetische Mittel in ungeöffnetem Zustand in der Regel frei von Keimen sind. Der Eintrag der Mikroorganismen erfolgt in den meisten Fällen erst durch den Verbraucher selbst bei der Entnahme des Produkts. In feuchtwarmen Räumen (zum Beispiel Badezimmer) wachsen die Keime besonders gut. Daher ist eine Konservierung in vielen Fällen unumgänglich, um einen mikrobiellen Verderb über den gesamten Verwendungszeitraum hinweg zu verhindern.

 

Übernahme der Stoffregelungen

 

Die neue Kosmetik-Verordnung übernimmt die bisherigen Stoffregelungen. Danach gibt es eine Liste mit verbotenen Stoffen, eine Liste mit Stoffen, deren Einsatz eingeschränkt ist sowie drei Positivlisten für Farbstoffe, Konservierungsstoffe und UV-Filter. Bis zum 11. Juli 2013 gelten jedoch noch die Stofflisten der EG-Kosmetik-Richtlinie.

Der Anhang VI der EG-Kosmetik-Richtlinie (neue Numerierung in der EG-VO: Anhang V) regelt derzeit 57 Stoffe beziehungsweise Stoffgruppen, die zum Einsatz als Konservierungsmittel in kosmetischen Mitteln erlaubt sind. Als Konservierungsmittel gelten hierbei Stoffe, die in kosmetischen Mitteln ausschließlich oder überwiegend die Entwicklung von Mikroorganismen hemmen sollen. Diese Definition ist im Artikel 2 (1) l) der neuen Verordnung festgeschrieben. Um die Aufnahme eines Stoffes in eine der Positivlisten zu erreichen, ist ein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben. Zunächst muss der Hersteller die Stoffdaten entsprechend den Leitlinien des wissenschaftlichen Komitees für Verbrauchersicherheit (SCCP, 6. Revision 2006) erstellen und nach einem festgelegten Verfahren bei der Europäischen Kommission einreichen. In den Leitlinien sind die notwendigen Untersuchungen zur Absicherung der Rohstoffe kosmetischer Mittel festgelegt.

 

Das SCCS (heutige Bezeichnung des wissenschaftlichen Komitees für Verbrauchersicherheit) ist ein unabhängiges Beratergremium aus Wissenschaftlern verschiedener Fachgebiete. Es befasst sich im Wesentlichen mit der gesundheitlichen Bewertung der kosmetischen Inhaltsstoffe. Die Beurteilung des Komitees stellt die Basis für die Zulassung des Stoffes in den Anhängen, zum Beispiel der Positivliste Konservierungsmittel, durch die Mitgliedstaaten dar. Die Sicherheit der Konservierungsmittel wird von Experten regelmäßig unter Einbeziehung neuer Erkenntnisse überprüft.

 

Sicherheitsbewertung des Produktes

 

Die Sicherheit des kosmetischen Fertigproduktes wird von einem Sicherheitsbewerter erstellt. Er berücksichtigt hierzu das allgemeine toxikologische Profil der Bestandteile, ihren chemischen Aufbau und den Grad der Exposition. Die Anforderung an die Sicherheitsbewertung und deren Aufbau ist in der EG-Kosmetik-Verordnung wesentlich detaillierter als in der bisherigen Kosmetik-Richtlinie 76/768/EG beschrieben. Im Anhang I der neuen Verordnung sind die Mindestanforderungen an den Sicherheitsbericht zusammengefasst.

 

Sind Körperpflegemittel nicht oder nicht ausreichend geschützt, können sie von Mikroorganismen befallen werden. Diese Bakterien, Hefen oder Pilze sowie deren Stoffwechselprodukte können Krankheiten verursachen und damit die Gesundheit des Verbrauchers beim täglichen Umgang mit den Produkten beeinträchtigen. Mikroorganismen wachsen und vermehren sich besonders gut, wenn ihnen Wasser und bestimmte Stoffe wie Eiweiße zur Verfügung stehen. Das Wachstum der Mikroorganismen kann zum Verderb des Produktes führen, was sich häufig in unangenehmem Geruch, Verfärbung oder Konsistenzveränderung äußert.

 

Manche Kosmetika müssen nicht konserviert werden, da die Formulierung wegen bestimmter Inhaltsstoffe das Wachstum von Mikroorganismen verhindert. Beispiele sind unter anderem Rasierwässer (aufgrund ihres erhöhten Alkoholgehaltes) sowie Dauerwellen (aufgrund ihres hohen pH-Wertes). Auch wasserfreie Produkte müssen in der Regel nicht konserviert werden (Puder et cetera), da eine Vermehrung von Keimen unwahrscheinlich ist. Die Rohstoffe müssen allerdings mikrobiologisch einwandfrei sein. Je nach Produkttyp werden häufig Kombinationen von Konservierungsstoffen verwendet, da das Wirkungsspektrum der einzelnen Stoffe oft nicht breit genug ist, um alle relevanten Keime abzudecken. Allerdings wird seitens der Hersteller darauf geachtet, die Konzentration der Konservierungsstoffe möglichst so gering zu wählen, dass sie gerade ausreicht, um die Mikroorganismen in ihrem Wachstum zu hemmen.

 

Häufig werden in Werbung und Fachpresse alternative Konservierungskonzepte oder ähnliche Begriffe verwendet. Da-runter versteht man üblicherweise, dass Stoffe mit einer Hauptfunktion als Lösungsmittel, Duftstoff, Tensid et cetera auch eine produktstabilisierende beziehungsweise konservierende Nebenwirkung haben können. Hier ist darauf zu achten, dass die »nicht-konservierende« Primärwirkung glaubwürdig anhand der Rezeptur belegt werden kann, und dass in der Sicherheitsbewertung der Nachweis geführt werden kann, dass die Stoffe gesundheitlich unbedenklich sind.

 

Kennzeichnung der Inhaltsstoffe

 

Konservierungsstoffe werden in der Literatur oft als allergieauslösend eingestuft. Im Prinzip kann aber fast jeder Stoff eine allergische Reaktion hervorrufen. Die Allergiehäufigkeit kann aber auch mit der Einsatzhäufigkeit korrelieren. In vielen relevanten Literaturquellen sind sachlich fundierte Einschätzungen zum allergenen Potenzial einzelner Konservierungsstoffe zu finden.

 

Es ist auch bekannt, dass einige Konservierungsstoffe, trotz breiten Einsatzes, auf den Hitlisten der Allergene in ihrer Allergiehäufigkeit nicht weiter gestiegen sind oder gar nicht auftauchen, beispielsweise die Parabene. Aus diesem Grund kennzeichnen die Hersteller kosmetischer Mittel alle bei der Herstellung zugesetzten Stoffe mit ihrer international einheitlichen INCI-Bezeichnung. So ermöglichen sie dem Allergiker, Produkte mit Stoffen zu meiden,auf die er allergisch reagiert.

 

Wichtig ist, dass bei bekannter und dokumentierter Allergie gegen einen Stoff bei jedem Kosmetikakauf die INCI-Liste mit dem im Allergiepass aufgeführten Stoff verglichen wird. Durch Umformulierungen ist es nämlich möglich, dass vorher eingesetzte Stoffe durch neue Stoffe ersetzt werden, um das Produkt zu optimieren, wobei der Produktname gleich bleibt. /

 

 

Literatur

...bei der Verfasserin

Zusammenfassung

Nicht oder nicht ausreichend konservierte kosmetische Mittel können von Mikroorganismen befallen werden. Diese können Krankheiten verursachen und so die Gesundheit des Verbrauchers beim täglichen Umgang mit den Produkten beeinträchtigen. Das Wachstum der Mikroorganismen kann bis zum Verderb des Produktes führen.

 

Konservierungsstoffe sind in diesem Falle wichtig, um das Wachstum der Keime zu verhindern. Sie können wie viele andere Stoffe allergische Reaktionen auslösen, allerdings wird vonseiten der Hersteller versucht, dieses Risiko zu minimieren, indem Kombinationen von Konservierungsstoffen in möglichst niedrigen Konzentrationen eingesetzt werden. Daher ist bereits bei der Produktentwicklung auf mikrobiologische Stabilität und Produktsicherheit zu achten. Gegebenenfalls sind Konservierungsbelastungstests durchzuführen. In der Sicherheitsbewertung muss sowohl die Frage der Mikrobiologie als auch der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der im Produkt verwendeten Inhaltsstoffe beachtet werden. 

Anschrift der Verfasserin:

Birgit Huber

Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V. (IKW)

Mainzer Landstraße 55

60329 Frankfurt am Main

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