Nanos sind sicher |
09.04.2014 10:22 Uhr |
Von Verena Arzbach, Berlin / Nanopartikel in auf dem Markt verfügbaren dermalen Produkten sind anhand der derzeitigen Datenlage als sicher einzustufen. Das geht aus einer Stellungnahme hervor, die die Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) anlässlich ihrer 18. Jahrestagung in Berlin veröffentlicht hat.
So gebe es bislang keine Hinweise, dass die dermale Anwendung von Liposomen ein Risiko darstellt, betonte Privatdozentin Dr. Martina Meinke, Mitglied der Fachgruppe Dermatopharmakologie und -toxikologie. Liposomen zählen per Definition zu den Nanopartikeln, die maximal 100 Nanometer groß sind. In der Kosmetik und Dermopharmazie werden Liposomen seit Langem eingesetzt, um licht- oder sauerstoffempfindliche Wirkstoffe in Formulierungen zu schützen. Auf der Haut zerfallen die Vesikel und geben den Wirkstoff frei. Bestimmte Liposomen können auch eine Barrierestörung der Haut induzieren und damit den Wirkstoff tiefer oder in größeren Mengen in die Haut bringen.
Auch Titandioxid und Zinkoxid, die in Form von Nanopartikeln in Sonnenschutzmitteln enthalten sind, gelten als unbedenklich: Die Teilchen durchdringen die gesunde Hautbarriere nicht, sondern verbleiben auf der Hautoberfläche, wo sie das UV-Licht streuen. Die Exposition bei der Aufnahme von Nanopartikeln mit der Atemluft oder der Nahrung ist deutlich höher als eine hypothetische Penetration der Partikel durch die gesunde Haut, heißt es in der Stellungnahme.
Bei der Beurteilung von Risiken von Nanopartikeln in Dermatika sei es wichtig, verschiedene Partikeltypen zu unterscheiden, betonte Meinke. Besonders feste, unlösliche Nanopartikel stehen im Verdacht, sie könnten in den Blutkreislauf gelangen und sich in Organen wie der Leber ablagern und dort akkumulieren. Beweise, dass solche Partikel bei einer Größe von mehr als 40 Nanometern durch die intakte Haut penetrieren, gebe es bislang aber nicht, so Meinke. »Was bisher auf dem Markt ist, ist sicher«, sagte die Chemikerin. Neue Entwicklungen müssten aber sorgfältig auf ihre Risiken geprüft werden.
Der Einsatz von Nanosystemen eröffnet auch neue pharmazeutische Therapieoptionen. Seit Langem gebe es Bestrebungen, Nanopartikel für den Transport von Wirkstoffen durch die Haut einzusetzen. Bis heute sei jedoch kein solches Produkt auf dem Markt. Das unterstreiche die Wahrscheinlichkeit, dass Nanopartikel die gesunde Haut nicht durchdringen, heißt es in der Stellungnahme. Unklar ist die Situation hingegen bei Wunden oder Hautkrankheiten: Ob und in welchem Ausmaß Nanopartikel eine geschädigte Hautbarriere überwinden können, ist nicht genau untersucht. Hier besteht laut der GD noch intensiver Forschungsbedarf. /
Von Daniela Hüttemann / Einer neuen Studie zufolge ist das Risiko für schwere Blutungen unter Langzeitbehandlung mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) bei Patienten älter als 75 Jahre höher als bislang angenommen.
Das berichten Forscher von der Universität Oxford im Fachjournal »The Lancet« (DOI: 10.1016/S0140-6736(17)30770-5). Sie empfehlen Ärzten, diesen Patienten einen Protonenpumpeninhibitor (PPI) zu verschreiben, um das Blutungsrisiko im oberen Gastrointestinaltrakt (GIT) zu reduzieren.
Über-75-Jährige sind für bleibende Schäden infolge von Blutungen besonders gefährdet.
Foto: Fotolia/Marzanna Syncerz
Die neuen Daten stammen aus einer Studie mit 3166 Patienten, die aufgrund eines zuvor erlittenen Schlaganfalls oder Herzinfarkts Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) einnahmen. Die meisten bekamen ASS (täglich 75 mg als magensaftresistente Formulierung), nur wenige erhielten Clopidogrel. Etwa die Hälfte der Probanden war zu Studienbeginn 75 Jahre alt oder älter.
Innerhalb der zehn Beobachtungsjahre mussten insgesamt 314 Patienten aufgrund einer Blutung ins Krankenhaus. Dabei stieg das Risiko insbesondere für tödliche Blutungen oder solche, die bleibende Schäden verursachten, mit dem Alter. Für Patienten unter ASS-Therapie jünger als 65 Jahre lag die jährliche Inzidenz für lebensbedrohliche oder tödliche Blutungen bei 0,5 Prozent. Bei den Patienten zwischen 75 und 84 Jahren stieg das Risiko auf 1,5 Prozent, bei noch älteren Patienten lag es sogar bei fast 2,5 Prozent.
Ältere erlitten zudem deutlich häufiger bleibende Schäden durch schwere Blutungen. Während es bei den Unter-75-Jährigen in 4 von 157 Fällen (3 Prozent) zu Behinderungen kam, waren es bei den älteren Patienten 46 von 183 (25 Prozent). Insgesamt war das Risiko für dauerhafte Schäden und tödliche Blutungen zehnmal so hoch ab einem Alter von 75 Jahren im Vergleich zu den jüngeren Teilnehmern.
Die Forscher schätzen, dass bei den Über-75-Jährigen schwere Blutungen im oberen GIT aufgrund der gerinnungshemmenden Therapie mindestens genauso häufig zu Behinderungen und Todesfällen führen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle, zumindest wenn kein PPI verschrieben wird. PPI könnten das Blutungsrisiko um 70 bis 90 Prozent reduzieren. Doch nur rund ein Drittel der Probanden nahm diese Komedikation auch ein.
In einem begleitenden Kommentar zieht der Neurologe Professor Dr. Hans-Christoph Diener von der Universität Duisburg-Essen folgende Konsequenzen: Erstens müsse das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei langfristiger TAH-Therapie alle drei bis fünf Jahre bei Patienten älter als 75 Jahre neu abgewogen werden. Zweitens unterstreiche die Studie den Bedarf eines PPI für diese Altersgruppe sowie für Patienten mit gastrointestinalen Blutungen in der Vergangenheit (DOI: 10.1016/S0140-6736(17)31507-6). /