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Neue Leitlinie

Handekzeme richtig behandeln

07.04.2009  11:31 Uhr

Gefährdete Personen

In der Regel sind viele verschiedene Ursachen an der Entstehung eines Ekzems beteiligt. Besonders gefährdet sind Personen, die in Nassbereichen tätig sind, denn dabei wird die Barrierefunktion der Haut erheblich belastet. Bei Kontakt mit einer irritierenden Substanz oder einem Allergen kann es dann sehr schnell zu einer entzündlichen Hautveränderung kommen. Aber auch Personen, die zu einer Neurodermitis neigen, haben ein höheres Risiko, an einem Handekzem zu erkranken.

 

Handekzeme treten in verschiedenen Formen auf. Vor allem bei einer länger anhaltenden Exposition mit irritierenden Faktoren wird die Haut zunächst rau, trocken und schuppig. Besonders in stark verhornten Bereichen entstehen dann schmerzhafte Rhagaden, die nässen und nur schwer abheilen. Für Atopiker sind nässende Bläschen typisch. Bevorzugt an den Handgelenksbeugen und den Fingerkuppen treten sie auf. Zumeist schmerzt die entzündete Haut sehr und verhindert einen normalen Gebrauch der Hände. So können Betroffene häufig kaum noch die Knöpfe ihrer Kleidung schließen. Im Berufsleben sind entzündete Hände stigmatisierend. Eine normale non-verbale Kommunikation, wie das Händegeben ist meist nicht mehr möglich. Neben der psychischen Belastung leiden die Betroffenen zudem unter häufigem Juckreiz, der für zusätzlichen Stress und schlaflose Nächte sorgt.

Weitaus schwieriger ist die Therapie von mittelschweren bis schweren Handekzemen (Stufe 2). Aufbauend auf den Maßnahmen der Stufe 1 wurden sie bisher üblicherweise mit hoch potenten topischen Glucocorticosteroiden oder einer UV-Therapie behandelt. Die neue Leitlinien beinhaltet nun neuerdings auch den Einsatz von Alitretinoin. Seit Oktober 2008 ist das Vitamin-A-Säure-Derivat in Deutschland zur Behandlung von Erwachsenen mit schwerem chronischen Handekzem zugelassen, das auf potente topische Corticosteroide nicht mehr anspricht. »Der Agonist beider Vitamin-A-Säure-Rezeptoren wirkt vor allem immunmodulatorisch und antientzündlich und ist derzeit die einzige evidenzbasierte Therapieoption«, sagte Luger. Mehr als 2000 Patienten seien bisher in Studien mit der neuen Substanz behandelt worden. Alitretinoin zeigte bei allen Formen des Handekzems eine gute klinische Wirksamkeit. Auch Rezidive sprechen gut auf die Substanz an. Insgesamt wird der Wirkstoff gut vertragen. Häufigste unerwünschte Wirkungen sind Kopfschmerzen, Gesichtsröte und erhöhte Blutfettwerte. Dagegen tritt die häufig unter Retinoiden beobachtete austrocknende Wirkung unter Alitretinoin kaum auf. Frauen im gebärfähigen Alter müssen aufgrund des teratogenen Potenzials strenge Maßnahmen zur Empfängnisverhütung einhalten.

 

Das eigentliche Einsatzgebiet von Alitretinoin sind persistierende oder chronisch rezidivierende Handekzeme (Stufe 1). Vor Einführung des neuen Wirkstoffs gab es für diese Indikation keine zugelassenen Substanzen. Eingesetzt wurden systemisch wirkende Therapeutika wie Glucocorticodteroide, Ciclosporin, Methotrexat, Azathioprin oder Mycophenolatmofetil. Doch diese Immunsuppressiva bergen ein erhebliches Nebenwirkungspotenzial. Auch die Gefahr eines Rebounds ist groß. Dennoch empfiehlt die Leitlinie weiterhin auch die Gabe von Ciclosporin und kurzfristig systemisches Glucocorticosteroid, da sie sich in der Praxis als wirksam erwiesen haben.

 

Die neue Leitlinie steht finden Sie unter www.derma.de/fileadmin/derma/pdfs/ll_handekzem.pdf. Sie wird ständig weiterentwickelt, denn viele neue Substanzen zur Behandlung entzündlicher Hauterkrankungen sind in der Pipeline, so etwa neue Cortisonpräparate oder Kinase-inhibitoren.

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