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Umckaloabo

Untersuchungen zur Lebertoxizität in der Kritik

27.03.2012  14:45 Uhr

Von Daniela Biermann / Das Pelargonium-haltige Erkältungsmittel Umckaoloabo® befindet sich derzeit im Stufenplanverfahren, da es unter Verdacht steht, in seltenen Fällen die Leber zu schädigen. Im jetzt erschienenden »Bulletin für Arzneimittelsicherheit« beschreiben Mitarbeiter des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nochmals die Sachlage. Ein neuer Fachartikel kritisiert dagegen die Behörde und stellt einen kausalen Zusammenhang infrage.

»Auf Grundlage der verfügbaren Daten muss der Zusammenhang zwischen der Einnahme Pelargonium-haltiger Arzneimittel und dem Auftreten von Leberschäden, Hepatitiden und Ikterus zumindest als möglich eingestuft werden, in Einzelfällen wurde der Kausalzusammenhang als wahrscheinlich bewertet«, lautet das derzeitige Fazit der BfArM-Mitarbeiter.

Zwischen 2004 und Januar 2012 wurden den Be­hörden 30 Fallberichte gemeldet, die die Einnah­me von Pelargonium-Extrakt mit leberspezifi­schen unerwünschten Arzneimittelwirkungen in Zusammenhang bringen. Ob tatsächlich ein Kausalzusammenhang besteht, ist meist schwer zu sagen. Denn die Erkältungspatienten nahmen häufig parallel weitere potenziell leberschädigen­de Medikamente wie Paracetamol ein. Zudem spielen bei einer Leberschädigung häufig mehrere Faktoren eine Rolle, wie virale Infektionen, Auto­immuneffekte und systemische Erkrankungen wie Hämochromatose und Morbus Wilson.

 

Da das Präparat nicht rezeptpflichtig ist und die Verkaufszahlen hoch, geht das BfArM davon aus, dass die tatsächliche Fallzahl höher liegen könnte. Um einen Zusammenhang zwischen Pelargonium-Einnahme und Leberschäden nachzuweisen oder ausschließen zu können, sind die Behörden auf akkurate Meldungen von Verdachtsfällen angewiesen. Wichtig sind dabei möglichst exakte Angaben zur Einnahmedauer des Präparats, Komedikation und wann die ersten Lebersymptome auftraten. Die Behörden bitten insbesondere um ärztliche Befunde wie serologische, sonografische und histologische Untersuchungsergebnisse. Welche weiteren Maßnahmen das BfArM ergreifen wird, ist noch nicht klar. Dass Umckaloabo die Leberwerte erhöhen kann, ist bereits in den Fach- und Gebrauchsinformationen aufgenommen.

 

Hersteller Spitzner verweist unterdessen auf einen Artikel aus dem Fachmagazin »Regulatory Toxicology and Pharmacology«, der Ende Februar online publiziert wurde (doi: 10.1016/j.yrtph.2012.02.009). Die Autoren um den Hepatologen Professor Dr. Rolf Teschke geben an, keine Interessenkonflikte zu haben. Sie bemängeln, die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft habe bei der Kausalitätsbeurteilung einen WHO-Standard verwendet, der nicht leberspezifisch ist. Auch kritisieren sie das doppelte Meldesystem an BfArM und Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Der Austausch zwischen beiden Institutionen sei mangelhaft, intransparent und es komme zu doppelten Zählungen.

 

Die Mediziner sahen sich 15 Fälle, bei denen Umckaloabo-Einnahme und Lebersymptome im zeitlichen und möglicherweise kausalen Zusammenhang standen, genauer an. Dabei bemängeln sie fehlende Daten und eine mangelhafte Differenzialdiagnose in den meisten Fallbeschreibungen. So sei zum Beispiel nur in vier Fällen eine Infektion mit Hepatitis-Viren ausgeschlossen worden; andere potenziell leberschädigende Viren wurden gar nicht beachtet. Bei weniger als der Hälfte der Fälle waren typische Leberenzym-Werte bekannt. Nur von acht Patienten lagen Angaben zur täglichen Dosierung vor; nur fünf machten Angaben zur Komedikation.

 

Insgesamt halten die Studienautoren einen Zusammenhang zwischen Umckaloabo-Einnahme und Leberschäden in drei Fällen für möglich, in acht Fällen für unwahrscheinlich und in vier Fällen für ausgeschlossen. Eine durch Pelargonium-Extrakt ausgelöste Leberschädigung sei in keinem einzigen Fall bewiesen. Es gebe »nur wenig oder überhaupt keine Evidenz für eine Lebertoxizität von Pelargonium sidoides«. /

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