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Multiple Sklerose

Weniger Schübe mit Fingolimod

22.03.2011  18:21 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler, München / Das erste peroral bioverfügbare Medikament für Multiple-Sklerose-Patienten soll in Kürze auf den deutschen Markt kommen. Am 18. März erhielt Fingolimod die europäische Zulassung für die Zweitlinientherapie. In Studien konnte es die Schubrate in etwa halbieren und war damit wirksamer als Beta-Interferon.

Bisher gelten Beta-Interferone (IFNβ) und Glatirameracetat als Basistherapie bei schubförmiger Multipler Sklerose (MS). Sie werden gespritzt, richten sich gegen die entzündliche Komponente der MS und reduzieren die Schubrate um etwa 30 Prozent.

 

Einen neuen Wirkansatz bietet Fingolimod, das als Kapsel mit 0,5 mg Wirkstoff auf den Markt kommen wird (Gilenya®, Novartis). Es reduziert die Zahl der zirkulierenden autoaggressiven T-Lymphozyten im Blut. Fingolimod ist zugelassen zur Monotherapie für Erwachsene mit hoch aktiver, schubförmig-remittierend verlaufender MS, die trotz Behandlung mit einem IFNβ eine hohe Krankheitsaktivität haben, sowie für Patienten, die an einer rasch fortschreitenden, schweren schubförmig-remittierenden Form leiden. Die Patienten nehmen das Medikament einmal täglich unabhängig von der Nahrung ein. Da es vorwiegend hepatisch ausgeschieden wird, muss die Dosis bei Niereninsuffizienz nicht angepasst werden.

 

Fingolimod wurde in großen Phase-III-Studien gegen Placebo und IFNβ geprüft und reduzierte die Schubrate um 52 bis 54 Prozent (gegen IFNβ-1a) und die Schwere der Schübe, berichtete Professor Dr. Ralf Gold, Direktor der Neurologischen Klinik, St.-Josefs-Hospital in Bochum, bei einem Pressegespräch der Novartis Pharma in München. Bildgebende Verfahren zeigten eine Reduktion von entzündlichen Läsionen und Atrophie im Gehirn. Wichtig für die Praxis: Unter Fingolimod waren mehr Patienten krankheitsfrei als unter IFNβ.

 

Der neue Wirkstoff sei relativ gut verträglich, berichtete Professor Dr. Volker Limmroth, Chefarzt der Klinik für Neurologie, Köln. Vor und während der Therapie sind regelmäßige Blutuntersuchungen vorgesehen. Vor Therapiebeginn ist eine Schwangerschaft auszuschließen. Wenn der Patient keinen ausreichenden Antikörpertiter gegen Varicella zoster hat, solle man eventuell impfen, um ihn vor einer Reaktivierung des Virus zu schützen, sagte der Arzt. Da in Studien mit hochdosiertem Fingolimod Makulaödeme auftraten, sollte ein Augenarzt drei bis vier Monate nach Therapiebeginn den Augenhintergrund prüfen.

 

Patienten können ohne Auswaschphase von IFNβ oder Glatirameracetat auf Fingolimod umgestellt werden, sagte Limmroth. Hat der Patient Natalizumab bekommen, sei dagegen große Vorsicht geboten. Eine Wartezeit von drei bis sechs Monaten sei dann erforderlich. / 

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