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Securpharm

Milliardenprojekt gestartet

28.02.2018  10:06 Uhr

Von Daniel Rücker, Bonn / Gefälschte Arzneimittel aus deutschen Apotheken gibt es in Deutschland sehr selten. In den vergangenen Jahren waren es 38 Fälle. Auf den ersten Blick eine geringe Zahl. Angesichts des potenziellen Schadens, den gefälschte Arznei­mittel hervorrufen können, jedoch noch zu viel für eine sichere Arzneimittelversorgung, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller, Hermann Kortland, bei einer Securpharm-Veranstaltung in Bonn.

Mit enormen Aufwand wollen die im Projekt Securpharm zusammengeschlossenen Vertreter der Apotheker, Krankenhäuser, Arzneimittelhersteller und Großhändler die reguläre Lieferkette noch sicherer machen. Am 9. Februar 2018 fiel der Startschuss für die 12-monatige Testphase. Ab dem 9. Februar 2019 soll der Fälschungsschutz für verschreibungspflichtige Arzneimittel noch sicherer werden. Martin Bergen und Hermann Kortland vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller sind zuversichtlich, dass sie den offiziellen Startschuss im kommenden Februar halten können.

 

Ab diesem Termin dürfen Apotheken nur noch Arzneimittelpackungen abgeben, die zwei Sicherheitskennzeichen tragen. Zum einen ein individuelles Erkennungsmerkmal und einen so genannten Eröffnungsschutz. Nur wenn dies erfüllt ist, darf der Apotheker die Packung an den Patienten abgeben, sagt Bergen. Ziel ist es, dass alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel in jeder Apotheke in Europa verifiziert werden können. Alle 28 EU-Länder und vier weitere Staaten sind daran beteiligt. Für Apotheker und Patienten hat das System mehrere Vorteile. Über die Sicherheitsmerkmale sind Fälschungen einfacher als bislang zu erkennen, ohne Seriennummer lassen sich Fälschungen nicht in die legale Lieferkette einschleusen. Auch Reimporteure und Parallelhändler müssen ihre Medikamente mit den Sicherheitsmerkmalen versehen.

 

In dem Prozess hat jede Handelsstufe eine bestimmte Aufgabe: Der Hersteller erzeugt die individuelle Seriennummer und lädt sie in die Datenbank, der Apotheker überprüft die Nummer bei der Abgabe des zugehörigen Arzneimittels, die Großhändler prüfen Sicherheitsmerkmale bei der Rückgabe eines Arzneimittels aus einer Apotheke oder von einem anderen Großhändler. Bergen empfiehlt Apothekern, Packungen direkt bei der Wareneinnahme zu kon­trollieren und bei Schäden direkt wieder zu retournieren.

 

Basis für Securpharm ist die EU-Fälschungsschutzrichtlinie (2011/62/EU). Die Zahlen machen die Größe des Projektes greifbar. Laut Kortland sind in Deutschland jedes Jahr rund 750 Millionen Packungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Markt. Die Kosten des Projekts trägt die pharmazeutische Indu­strie. Sie liegen in Europa bei 12 Milliarden Euro. Allein auf die deutsche Pharmaindustrie entfallen 1,5 Milliarden Euro. 50 000 Arzneimittel müssen mit dem jeweiligen Sicherheitscode ­gekennzeichnet werden.

 

Black-List für OTC

 

Grundsätzlich ist der Schutz vor Fälschungen nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel vorgesehen. Es gibt aber Ausnahmen. OTC-Arzneimittel mit einem hohen Fälschungs- und Gesundheitsrisiko kommen laut Bergen auf eine so genannte Black-List. Aus demselben Grund könne­n auch einzelne verschreibungspflichtige Arzneimittel ausnahmsweise auf einer White-List landen.

 

Bis zum offiziellen Regelbetrieb bleibt Apothekern, Pharmaindustrie und Herstellern noch ein knappes Jahr. Kortland und Bergen sind sich sicher, dass die meisten Apotheken schon früher an das System angeschlossen werden.

 

An der Initiative sind neben dem Bundesministerium für Gesundheit, der Informationsstelle für Arzneispezialitäten, der ABDA und der Avoxa auch die Bundesverbände der Arzneimittelhersteller, der forschenden Pharmaunternehmen, der pharmazeutischen Industrie, der Generikahersteller, der Krankenhausapotheker und der Deutschen Krankenhausgesellschaft beteiligt. /

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