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Unzulässiges Outsourcing apothekerlicher Dienstleistungen im Rahmen des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln

01.03.2011  10:13 Uhr

ApoG §§ 11 a, 7, 8 Abs. 1

 

Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. Oktober 2010 – Az.: 2 L 245/081

Leitsätze:2

 

1. Das Gebot zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung nach § 7 ApoG verpflichtet den Apotheker zu einer Gestaltung seines Betriebes, die ihm nicht nur in pharmazeutischen, sondern auch in rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen die Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit belässt. Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass der Apothekenleiter die Verantwortung nicht nur rechtlich trägt, also einzustehen hat für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, sondern die Verantwortung auch tatsächlich wahrnehmen muss.

 

2. Die Abspaltung nahezu sämtlicher Tätigkeiten einer Versandhandelsapotheke ist unzulässig. Hat ein Apothekeninhaber nicht nur Marketing und Abrechnung auf einen externen Dienstleister ausgelagert, sondern – bis auf die pharmazeutische Endkontrolle der zu versendenden Arzneimittel, die Auslösung des Versands der Arzneimittel und die Beratung sowie Information bei der Abgabe des Arzneimittel sowie bei Reklamation im Rahmen der Callcenter-Tätigkeit – sämtliche Tätigkeiten und Leistungen einer Versandapotheke aus der Hand gegeben und auf den externen Dienstleister übertragen, kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Apothekeninhaber die Versandapotheke in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht selbständig und eigenverantwortlich leitet.

 

3. Die fehlende Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit eines Apothekers zeigt sich am deutlichsten, wenn – nicht etwa der externe Dienstleister –, sondern der Apothekeninhaber nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einem umfangreichen Gebietsschutz und Wettbewerbsverbot unterliegt. Derjenige gewerbliche Dienstleister, dem solche Schutzrechte eingeräumt werden, ist kein untergeordneter Dienstleister, sondern der Betreiber oder wenigstens der Mitbetreiber der gemeinsamen Unternehmung Versandapotheke. Handelt es sich bei dem mitbetreibenden Dienstleister zudem um eine Kapitalgesellschaft, verstößt die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gegen § 8 Abs. 1 ApoG.

 

Zum Sachverhalt:

 

Der Kläger ist Apotheker. Er betreibt eine Offizinapotheke und verfügt über eine Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Der Beigeladene ist ebenfalls Apotheker und betreibt eine Offizinapotheke.

 

Im Juli 2004 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten, der nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörde, die Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke sowie die Erlaubnis zum Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel. Der Beigeladene beabsichtigt einen Versandhandel zu betreiben. Der Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln soll aus der Filialapotheke erfolgen. Für die Filialapotheke benannte der Beigeladene einen verantwortlichen Apotheker. Im August 2004 schloss der Beigeladene einen schriftlichen Kooperationsvertrag mit der P Pharma GmbH, einem deutschen Tochterunternehmen der schweizerischen P Pharma AG. Die P Pharma GmbH betreibt einen pharmazeutischen Großhandel und ist auf die Bereitstellung von verschiedenen Dienstleistungen für Versandapotheken spezialisiert. Nach dem Inhalt des Kooperationsvertrages verpflichtete sich die P Pharma GmbH, verschiedene Dienstleistungen für die Versandapotheke zu erbringen. Hierzu gehören zum Beispiel die Vorhaltung von Arzneimitteln, verschiedene Leistungen im Rahmen der Verpackung und des Versands der Arzneimittel, die Abrechnung der versandten Arzneimittel gegenüber Krankenkassen und Kunden, die Vorbereitung und Durchführung von Marketingmaßnahmen sowie das Betreiben eines Callcenters.

 

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2004 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke sowie die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Mit der erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die dem Beigeladenen erteilten Erlaubnisse. Erstinstanzlich hat das Verwaltungsgericht Halle die Klage mit Urteil vom 26.07.2007 abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt eingelegt.

 

Aus den Gründen:

 

[…] Die dem Beigeladenen im Bescheid vom 19. Oktober 2004 erteilte Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln ist rechtswidrig, […] weil der Inhalt gegen die §§ 7, 8 Abs. 1, 11 a ApoG verstößt. Der Inhalt der erteilten Erlaubnis ergibt sich aus dem Bescheid vom 19. Oktober 2004 und dem Antrag des Beigeladenen. Wesentlicher Bestandteil der Beantragung der Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln ist der Kooperationsvertrag zwischen dem Beigeladenen und der P Pharma GmbH. […] Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Erlaubnis kommt es allein darauf an, ob der Genehmigungsinhalt von dem maßgeblichen apothekenrechtlichen Vorschriften gedeckt ist. […]

 

Das Apothekengesetz knüpft die Befugnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke an eine personengebundene Erlaubnis. Der Erlaubnisinhaber ist nach § 7 ApoG zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung verpflichtet. Die Zwischenschaltung der Apotheken bei der Abgabe der Arzneimittel dient einer sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung und damit einem Gemeinschaftsgut von hohem Rang, das selbst empfindliche Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen kann (BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 1 BvR 1972/00 – BVerfGE 107, 196). Durch die Bindung der pharmazeutischen Tätigkeit an die Verantwortlichkeit des besonders ausgebildeten Apothekenleiters soll ein hohes fachliches Niveau gewährleistet und einer Kommerzialisierung des Arzneimittelvertriebs entgegengewirkt werden. Der Gesetzgeber hat den Beruf des selbstständigen Apothekers nach einer bestimmten Vorstellung von dem Berufsbild gestaltet. Danach vereinigt der selbstständige Apotheker in seiner Person die Verantwortung für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe aufgrund besonderer beruflicher Befähigung mit der privatwirtschaftlichen Funktion des Inhabers des Apothekenbetriebes. Arzneimittel sind keine gewöhnliche Ware, sondern eines der wichtigsten Hilfsmittel der ärztlichen Kunst, um Krankheiten zu erkennen, zu heilen und ihnen vorzubeugen; zudem können von ihnen nicht unerhebliche Gefahren ausgehen. Die geordnete Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln ist die erste Aufgabe des besonders ausgebildeten Apothekers; ihm ist der Vertrieb von Arzneimitteln im Einzelhandel im Wesentlichen vorbehalten. Die Erfüllung dieser Aufgabe hält der Gesetzgeber am besten dann für gewährleistet, wenn die allseitige Verantwortung für den Betrieb der Apotheke in einer Hand liegt. Aus dieser Gesamtanschauung hat er dem selbstständigen Apotheker die Verpflichtung zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung auferlegt (BVerfG, Urteil vom 13. Februar 1964 – 1 BvL 17/61 – BVerfGE 17, 238 ff.) und unter verschiedenen Aspekten abgesichert (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 C 30.09, GewArch 2010, 414).

 

Das Gebot, eine Apotheke in eigener Verantwortung zu leiten, verpflichtet den Apotheker zu einer Gestaltung seines Betriebes, die ihm nicht nur in pharmazeutischen, sondern auch in rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen die Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit belässt. Das Gesetz bezweckt damit zu verhindern, dass Personen, die für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung keine Verantwortung tragen, Einfluss auf die Führung von Apotheken eingeräumt wird, und will auf diese Weise sicherstellen, dass die im öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Volksgesundheit liegende Arzneimittelversorgung, die es den »Apothekern«, also allen Apothekenbetreibern gemeinsam anvertraut hat, sachgerecht wahrgenommen wird.

 

Unter Berücksichtigung der §§ 1, 3, 7, 8, 11, 14, 15, 16, 17, 19 und 22 des Kooperationsvertragsvertrages [zwischen dem Beigeladenen und der P Pharma GmbH] kann nach Ansicht des Senats keine Rede davon sein, dass der Beigeladene die Versandapotheke in rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen, nicht einmal in allen pharmazeutischen Fragen, selbstständig und eigenverantwortlich leitet. Dies ergibt sich aus Folgendem:

 

Nach § 14 Nr. 1 und 2 des Kooperationsvertrages werden die Aufnahme und die Abwicklung von Bestellungen der Versandapotheke von einem Callcenter durchgeführt, dessen Personal nach § 15 Nr. 1 des Kooperationsvertrages entweder von der P Pharma GmbH oder von Dritten […] eingestellt werden kann. Nach § 16 Nr. 1 des Kooperationsvertrages verbleibt dem vom Beigeladenen benannten Apotheker im Rahmen der Callcenter-Tätigkeit lediglich die Beratung und Information bei der Abgabe der Arzneimittel. […] Die sog. Apothekenvorkontrolle durch den Apotheker ist nach dem Kooperationsvertrag nicht auf den Apotheker übertragen. Die Apothekenvorkontrolle ist aber pharmazeutische Tätigkeit. Nach § 3 Nr. 4 oder § 15 Nr. 2 Satz 2 des Kooperationsvertrages hat die P Pharma GmbH das Personal für diese Aufgabe vorzuhalten. […]

 

Nach § 11 des Kooperationsvertrages wird ferner das gesamte Marketing der Versandapotheke und nach § 7 des Kooperationsvertrages die gesamte Abrechnung der Bestellungen, Rezepte und Kassenrezepte für Arzneimittel der Versandapotheke auf die P Pharma GmbH übertragen. Aufgrund dieser von der P Pharma GmbH als einem gewerblichen Dienstleister übernommenen Verpflichtung geht der Senat bei einer Gesamtschau davon aus, dass die P Pharma GmbH die Versandapotheke in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht und im Hinblick auf die §§ 3 Nr. 4 und 15 Nr. 2 Satz 2 des Kooperationsvertrages sogar in pharmazeutischer Hinsicht mit betreibt.

 

Dem vermag der Beigeladene nicht mit Erfolg entgegenzuhalten, dass ihm hinsichtlich der Tätigkeiten des Callcenters nach § 15 Nr. 2 Satz 2 des Kooperationsvertrages ein Weisungsrecht zusteht. Nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 (BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2010 – 3 C 30.09 und 3 C 31.09) wird die Verpflichtung des Erlaubnisinhabers zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung gemäß § 7 ApoG insbesondere durch die Vorschriften über das Apothekenpersonal abgesichert. Nach § 3 Abs. 5 Satz 3 ApBetrO arbeitet das pharmazeutische Personal unter der Verantwortung des Apothekenleiters und darf nur entsprechend seinen Kenntnissen und Fähigkeiten eingesetzt werden. Hinzu tritt die Aufsichtspflicht des Apothekenleiters bei pharmazeutischen Tätigkeiten. Die Wahrnehmung dieser Pflichten erfordert notwendigerweise eine gewisse Betriebsbezogenheit des pharmazeutischen Personals. Es muss sich – mit den Worten des Verordnungsgebers – um Apothekenpersonal handeln, also um Personal der Apotheke, dessen Leiter der Inhaber der Erlaubnis nach § 1 ApoG ist. Daran hat die Einführung des Versandhandels nichts geändert. […]

 

Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass der Apothekenleiter die Verantwortung nicht nur rechtlich trägt, also einzustehen hat für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, sondern diese Verpflichtung auch tatsächlich wahrnehmen muss. Nach § 15 Nr. 2 des Kooperationsvertrages verpflichtet sich die P Pharma GmbH zwar, sämtliche Leistungen des Callcenters, hinsichtlich derer dies gesetzlich vorgeschrieben ist, durch pharmazeutisches Fachpersonal zu erbringen. Dies reicht jedoch nicht aus, um den oben dargelegten Anforderungen an die persönliche Leitung durch den Apotheker gerecht zu werden. Damit lässt sich nicht vereinbaren, dass das pharmazeutische Personal von der P Pharma GmbH oder gar von einer Drittfirma eingestellt wird. Diese Personen sind kein Personal der Apotheke im Sinne von § 3 ApBetrO.

 

Daran können die in § 15 Nr. 2 und 4 in den Kooperationsvertrag aufgenommenen Weisungsbefugnisse und Informationsrechte des Beigeladenen gegenüber dem von der P Pharma GmbH eingesetzten oder vermittelten Personal nichts ändern. Diese vertraglich geregelten Einwirkungsmöglichkeiten sind kein gleichwertiger Ersatz für die im Apothekengesetz vorgesehene persönliche Leitung der Apotheke. Sie kranken zum einem daran, dass sie nicht auf einer unmittelbaren rechtlichen Beziehung zu dem Personen beruhen, die für ihn auch pharmazeutische Tätigkeiten nach § 15 Nr. 2 und § 14 Nr. 1 des Kooperationsvertrages übernehmen. […] Zum anderen ist die Ausgestaltung des Weisungsrechts in tatsächlicher Hinsicht ungeeignet, um eine persönliche Leitung durch den Beigeladenen sicherzustellen. Die vertraglichen Regelungen erzeugen nur den Schein einer Kontrolle des Beigeladenen über die von seiner Apotheke aus betriebene Tätigkeit. […] Verglichen mit dem Einsatz von betriebsangehörigen Personal kann unter derartigen Bedingungen, die auf einen Fremdbetrieb der Apotheke durch einen gewerblichen Dienstleister hinauslaufen, von einer persönlichen Leitung in eigener Verantwortung keine Rede sein. […]

 

An diesem Ergebnis vermag auch der Hinweis des Beigeladenen auf den nach Anlage 2 zum Kooperationsvertrag gebildeten »Pharmazeutischen Qualitätskontrollbeirat« bei der P Pharma GmbH, dem auch der Beigeladene angehört, nichts zu ändern. […] Die Bildung des Beirats ist nach Auffassung des Senats eher ein Indiz dafür, dass die Versandapotheke nicht nur vom Beigeladenen eigenverantwortlich geleitet, sondern auch von der P Pharma GmbH mit geleitet wird. Würden wesentliche Handlungen der Arzneimittelabgabe tatsächlich nur durch den Beigeladenen und nicht auch durch die P Pharma GmbH ausgeübt, bedürfte es der Konstruktion eines solchen Beirats bei der P Pharma GmbH nicht.

 

Ein weiteres Indiz dafür, dass die Versandapotheke auch von der P Pharma GmbH mit betrieben wird, sind auch die Regelungen über die Vergütung in § 17 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 des Kooperationsvertrages. Ein Entgelt, welches sich nach der Anzahl der bei der Versandapotheke eingereichten Rezepte oder der Anzahl der bearbeiteten Packungen richtet, ist zwar nicht als direkte Umsatzbeteiligung zu werten, knüpft aber doch insoweit an den Umsatz an, als dieser auch von der Zahl der eingereichten Rezepte und bearbeiteten Packungen abhängt. […]

 

Danach bleibt festzuhalten, dass der Beigeladene nicht nur Marketing und Abrechnung auf die P Pharma GmbH ausgelagert hat, sondern – bis auf die pharmazeutische Endkontrolle der zu versendenden Arzneimittel, die Auslösung des Versands der Arzneimittel und die Beratung sowie Information bei der Abgabe des Arzneimittel sowie bei Reklamation im Rahmen der Callcenter-Tätigkeit – sämtliche Tätigkeiten und Leistungen einer Versandapotheke aus der Hand gegeben und auf die P Pharma GmbH übertragen hat. Bei einer solchen Konstellation kann nach Auffassung des Senats nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Beigeladene die Versandapotheke in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht selbstständig und eigenverantwortlich leitet. Auch das Oberlandesgericht Braunschweig vertritt in seinem Urteil vom 18. Juli 2006 (2 U 123/05) die Auffassung, dass die Abspaltung einzelner, wesentlicher Elemente des Versandhandels unzulässig ist.

 

Am deutlichsten wird nach Auffassung des Senats die fehlende Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit des Beigeladenen und des von ihm benannten Apothekers im Verhältnis zur P Pharma GmbH an den Regelungen des §§ 19 und 22 des Kooperationsvertrages. Nach § 19 des Kooperationsvertrages kann die P Pharma GmbH ebenso wie auch der Beigeladene, den Vertrag mit einer Frist von sechs Monaten kündigen. Nach § 22 des Kooperationsvertrages unterliegt der Beigeladene, nicht etwa die P Pharma GmbH, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einem umfangreichen Gebietsschutz und Wettbewerbsverbot. […] Wird der Kooperationsvertrag gekündigt, wird nicht etwa der P Pharma GmbH untersagt, das »Unternehmenskonzept Versandapotheke« mit einem anderen Apotheker fortzuführen, sondern dem Beigeladenen wird untersagt, das »Unternehmenskonzept Versandapotheke« mit einem anderen Partner in der gleichen Weise fortzuführen. Derjenige, dem solche Schutzrechte eingeräumt werden, ist kein untergeordneter Dienstleister, sondern der Betreiber oder wenigstens der Mitbetreiber der gemeinsamen Unternehmung Versandapotheke. Der Beigeladene ist jederzeit austauschbar. […]

 

Nach alledem leitet nach dem Inhalt der Erlaubnis vom 19. Oktober 2004 nicht der Beigeladene oder der von ihm benannte Apotheker die genehmigte Versandapotheke im Sinne von § 7 ApoG selbstständig und eigenverantwortlich. Nach dem Inhalt der Erlaubnis vom 19. Oktober 2004 betreibt die P Pharma GmbH die Versandapotheke zumindest im Sinne von § 8 Abs. 1 ApoG mit. Da es sich bei der P Pharma GmbH um eine Kapitalgesellschaft handelt, verstößt die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln für die Apotheke gegen § 8 Abs. 1 ApoG und ist daher rechtswidrig. […]

 

Der Kläger wird durch die rechtswidrige Genehmigung des Beklagten in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG [Berufsfreiheit], Art. 3 GG [Gleichheitssatz] auch tatsächlich verletzt. […] Für den Senat steht fest, dass durch eine Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln für die Apotheke in der Form, wie sie im Bescheid vom 19. Oktober 2004 erteilt worden ist, der Wettbewerb unter Versandapotheken derart nachhaltig behindert wird. […] Wird die Erlaubnis für das Betreiben einer Versand­apotheke unter Mitwirkung einer Kapitalgesellschaft – wie dargelegt – unter Verstoß gegen §§ 7, 8 Abs. 1, 11 a ApoG erteilt, wird dadurch erstmals durch eine staatliche Erlaubnis der Zugang zum Wettbewerb im Versandhandelsapothekenmarkt entscheidend verändert. […] Der Eingriff in den Wettbewerb ist auch erheblich. […] Im Bereich sonstiger Konkurrentenbegünstigungen geht es um die gleiche Freiheit der Marktteilnehmer. Wird hier gegen eine Vorschrift verstoßen, welche die Bedingungen der Teilnehmer am Wettbewerb regelt, so wird dem Konkurrenten ein Wettbewerbsvorteil verschafft und für künftige Fälle eine Präzedenz geschaffen, auf die der Kläger seiner eigenen Bindung wegen nicht in gleicher Weise reagieren kann. /

Fußnoten

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Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ist unter dem Aktenzeichen 3 C 41.10 anhängig.

Keine amtlichen Leitsätze des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt.

 

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