Rund ein Drittel für die Ärzte |
26.02.2007 11:56 Uhr |
Rund ein Drittel für die Ärzte
Von Daniel Rücker, Stuttgart
Die AOK hat mit elf Herstellern Rabatte für insgesamt 43 Wirkstoffe vereinbart. Einen guten Teil der Ersparnisse sollen Patienten und Ärzte erhalten.
Im Auftrag aller Landesverbände hat die AOK Baden-Württemberg mit im deutschen Markt bislang kaum präsenten Generika-Herstellern Preisnachlässe für 43 Wirkstoffe ausgehandelt (siehe dazu auch PZ 7). Der Vertrag gilt rückwirkend zum 1. Januar. Tatsächlich wirksam wird er aber erst zum 1. April, wenn Apotheker dazu verpflichtet werden, rabattierte Arzneimittel bevorzugt abzugeben. Apotheker und andere Marktteilnehmer haben Sorge, dass die ausgewählten Vertragspartner nicht in der Lage sind, die mehr als 25 Millionen Versicherten der AOK zu versorgen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann, gab sich auf einer Pressekonferenz in Stuttgart dagegen zuversichtlich: »Die Hälfte der Unternehmen gehört zu den ganz Großen in der Welt. Ich gehe davon aus, dass sie ihrer Lieferverpflichtung nachkommen werden.« Tatsächlich sind mit der israelischen Teva, der isländischen Actavis und der zur indischen Ranbaxy gehörenden Basics drei international große Player mit im Boot.
Hermann rechnet jedenfalls fest mit dem Erfolg der Rabattvereinbarung. Auf der Presskonferenz bezeichnete er den Vertrag als Angriff auf das Hochpreisniveau im deutschen Generikamarkt. Die vereinbarten Preise lägen bei allen Wirkstoffen unter dem niedrigsten Marktpreis. Die AOK habe im vergangenen Jahr für die 43 Wirkstoffe bundesweit 1,5 Milliarden Euro ausgegeben und in Baden-Württemberg 200 Millionen Euro.
Von den Einsparungen bekommt die Krankenkasse jedoch nur einen Bruchteil. Statt sie zum gesetzlich vorgeschriebenen Schuldenabbau zu nutzen, werden verordnende Ärzte und Patienten überaus großzügig an den Einsparungen beteiligt. So erhalten die baden-württembergischen Kassenärzte bis Juli 65 Prozent der Einsparungen, danach 40 Prozent und ab Oktober noch 30 Prozent des Rabattes dafür, dass sie rabattierte Medikamente verordnen.
Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Dr. Achim Hoffman-Goldmayer, hält diese großzügige Entlohnung nicht für unangemessen. In seinem Pressestatement hatte er noch vom Bürokratieabbau durch den Vertrag und daraus resultierend mehr Zeit für den Patienten gesprochen. Als Begründung für die Zusatzbezahlung führte er dann allerdings einen Mehraufwand für die Umstellung der Patienten ins Feld. Schlüssig erklären, warum die AOK Kassenärzte in Zukunft für das Ausfüllen eines Rezeptes bezahlt, konnte er also nicht.
Die Patienten werden ebenfalls an den Einsparungen beteiligt. Ab April werden alle rabattierten Medikamente von der AOK zuzahlungsbefreit. Sowohl für Ärzte als auch Patienten bezifferte Hermann den Profit auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Für die AOK Baden-Württemberg soll ein ähnlicher Betrag übrig bleiben.
Weniger umsorgt von der AOK werden dagegen die Apotheker. Mit ihnen wurde bislang noch nicht verhandelt. Noch nicht gelöst ist deshalb auch die Frage, was ein Apotheker in dem recht wahrscheinlichen Fall macht, wenn die rabattierten Medikamente nicht lieferfähig sind. Nach dem Gesetz dürfen sie ab April diese Medikamente nicht mehr substituieren. Der Vorsitzende des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, Dr. Peter Froese, hält deshalb einen ergänzenden Vertrag zwischen AOK und Apothekerverbänden für dringend notwendig (siehe Interview). Hermann plädiert bei einem solchen Vertrag für eine bundeseinheitliche Lösung mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV).
Wenige Sympathisanten
Außerhalb von AOK und KV sind Sympathisanten des Rabattvertrages rar. Das gilt natürlich besonders für die großen deutschen Generikahersteller. Sie haben sich an der AOK-Ausschreibung erst gar nicht beteiligt. Auf einer Forum-Veranstaltung in Köln kritisierte Walter Röhrer von Hexal, dass die AOK den Herstellern keinerlei Gegenleistung für die Rabatte angeboten habe. Nach den Preissenkungen der vergangenen Monate habe sein Unternehmen keinen finanziellen Spielraum mehr für solche Zugeständnisse. Grundsätzlich verschließe sich Hexal solchen Vereinbarungen nicht, es müssten aber auch Zusagen über Umsätze gegeben werden.
Auch ABDA-Geschäftsführer Dr. Frank Diener äußerte Bedenken gegen das Vorgehen der AOK. Der Gesetzgeber habe beim §130 a (8) SGB V eher an Verträge zwischen einer Krankenkasse und einem Hersteller über einen großen Bereich des Sortiments gedacht. Dies wäre auch für die Apotheker einfacher umzusetzen. Diener teilt zudem die Sorge, dass einige Vertragspartner der AOK nicht lang lieferfähig sein werden. Er geht allerdings auch davon aus, dass sich AOK und Deutscher Apothekerverband pragmatisch einigen werden. Keine Probleme sieht er bei der Integration der Informationen über Rabattverträge in die EDV.