Apotheker wollen stärker mitwirken |
18.02.2015 09:54 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Die Apotheker möchten bei der Erstellung der im E-Health-Gesetz vorgeschriebenen Medikationspläne stärker mitreden. Rückendeckung kommt von Verbraucherschützern. Auch die Ärzte würden die Verantwortung für den Arzneimittelplan gerne teilen.
Mit dem E-Health-Gesetz möchte die Bundesregierung die Möglichkeiten der Telemedizin ausbauen und insbesondere das Projekt elektronische Gesundheitskarte (EGK) voranbringen. So soll langfristig etwa die Medikation des Patienten auf dem Versichertenausweis hinterlegt werden können. Ab Oktober 2016 haben Patienten dem Gesetzentwurf zufolge Anspruch auf einen Medikationsplan, wenn sie mindestens fünf rezeptpflichtige Arzneimittel einnehmen. Sobald die Technik dafür bereitsteht, soll diese Aufstellung nicht nur in Papierform erfolgen, sondern auch über die EGK aktualisiert werden können.
Zentrale Rolle
Bei so vielen Arzneimitteln kann man schnell den Überblick verlieren. Ein Medikationsplan soll den Patienten bei der korrekten Einnahme seiner Präparate unterstützen.
Foto: Imago/Insadco
Im Zentrum steht dabei der Hausarzt, er soll den Arzneimittelplan anlegen und aktualisieren. Auch Fachärzte und Apotheker können auf die Liste zugreifen, allerdings nur »soweit Veranlassung dazu besteht«, wie es im Gesetzentwurf heißt. Der ABDA ist das zu wenig. Für die Bundesvereinigung ist klar, dass »die Einbeziehung und Rolle des Apothekers bei der Erstellung des Medikationsplans besser verankert werden muss«, so ein Sprecher. Das gelte vor allem mit Blick auf die Selbstmedikation.
Die Bundesärztekammer (BÄK) sieht das ähnlich. Zwar lobt sie, dass der Medikationsplan vorwiegend in ärztliche Verantwortung fällt. Doch alleine sollen die Hausärzte die Medikation aus Sicht der BÄK nicht dokumentieren. Wichtig sei vielmehr, dass auch Mediziner in Fachpraxen und Kliniken eine von ihnen veranlasste Arzneimitteltherapie in die Medikationspläne aufnehmen könnten, schreibt die Kammer in einer Stellungnahme zum E-Health-Gesetz. Apotheker sollten zudem die Selbstmedikation des Patienten in die Listen einpflegen, da die Versicherten OTC-Präparate »in der Regel ohne Kenntnis des Arztes und häufig auch nicht in zeitlichem Zusammenhang mit einem Arztbesuch erwerben«.
Auch Verbraucherschützer sehen die mit dem Gesetz geplante zentrale Verantwortung beim Hausarzt kritisch. Sie schlagen vor, den Versicherten selbst entscheiden zu lassen, wer den Arzneimittelplan anlegt. »Viele Patienten haben keinen Hausarzt mehr oder möchten möglicherweise einen anderen Arzt oder ihren Apotheker mit der Erstellung des Medikationsplans betrauen«, heißt es beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Der Versicherte solle daher selbst festlegen können, »wem er vertraut und welche Leistungserbringer ihn unterstützen sollen«.
Darüber hinaus scheint den Verbraucherschützern die Anzahl von fünf Arzneimitteln als Voraussetzung für den Medikationsplan »willkürlich gewählt«. Lebensbedrohliche Komplikationen könnten schließlich bereits bei der Einnahme von zwei Präparaten auftreten. Auch die Bundesärztekammer sieht keinen triftigen Grund für diese Beschränkung. Die Mediziner wollen die Anspruchsvoraussetzungen daher anders definieren. Demnach sollen all jene Versicherten einen Medikationsplan bekommen, »die überdurchschnittlich häufig vermeidbaren Risiken der Arzneimitteltherapie ausgesetzt sind«.
Dazu zählen aus Sicht der BÄK Über-75-Jährige mit mindestens einem Rx-Präparat in Dauerverordnung, Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion, die regelmäßig Arzneimittel einnehmen sowie grundsätzlich Versicherte mit mindestens drei dauerhaft verschriebenen Medikamenten.
Mögliche Einschränkungen
Die geplante Einführung eines strukturierten Medikationsplans begrüßt grundsätzlich auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Sie möchte allerdings erreichen, dass nicht alle Arzneimittel auf der Liste dokumentiert werden müssen. Mögliche Einschränkungen soll es demnach für bestimmte OTC-Medikamente geben. Auf dem Plan sollten nur solche Präparate stehen, »die aus ärztlicher Sicht relevant für die Gesamtmedikation sind«, schreibt die KBV in einer Stellungnahme. Mit einer solchen Beschränkung werde verhindert, »dass der Patient zulasten der Versichertengemeinschaft einen Anspruch darauf erhält, sämtliche in Eigenverantwortung erworbene Präparate einschließlich Anwendungshinweisen durch seinen Hausarzt dokumentieren zu lassen«.
Darüber hinaus müsse es auch künftig möglich sein, dass Patienten ihren Arzt vertraulich über bestimmte Arzneimittel informieren. Die entsprechenden Präparate dürften dann nicht auf dem Medikationsplan erscheinen, so die KBV. »Andernfalls würde dies das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient negativ beeinflussen.« Die Ärzte drängen zudem auf eine Klarstellung, dass sie lediglich solche Arzneimittel dokumentieren müssen, die im Rahmen »der üblichen Anamnese und Patientendokumentation« bekannt werden. Keinesfalls dürfe es eine »umfassende Recherchepflicht« mit Blick auf die Medikation geben.
Nicht selten erhalten Patienten in der Apotheke überdies ein anderes als das vom Arzt verordnete Präparat, etwa weil der Apotheker ein Rabattarzneimittel abgeben muss. Einen solchen Austausch muss der Hausarzt nach Meinung der KBV nicht extra im Arzneimittelplan dokumentieren. Dies sei schließlich »keine Änderung der Medikation«.
Dem Gesetzentwurf zufolge soll der Patient den Medikationsplan in Papierform erhalten. Der Verband der europäischen Versandapotheken hält das für rückständig. Dieses Vorgehen »entspricht nicht unserem Verständnis von einem digitalen Zeitalter«, heißt es. Ähnlich äußert sich der Bundesverband deutscher Versandapotheken. Medikationspläne müssten auch im Online-Verfahren erstellt und kommuniziert werden können. »Die Papiervariante kann nur eine zusätzliche Möglichkeit sein.«
Regeln für ein Honorar
Aus Sicht der ABDA muss »eine Medikationsanalyse integraler Bestandteil des Medikationsplans sein«. Für die Zusammenarbeit aller Beteiligten wünscht sich die Bundesvereinigung dabei klare Vorgaben. Zudem müsse die Honorierung für die Aufgaben klar geregelt werden. Darauf drängt auch die Bundesärztekammer. Sie rechnet in den Praxen mit 9 bis 30 Minuten Arbeitszeit für die Erstellung eines aktuellen Arzneimittelplans. »Dieser Mehraufwand muss in der ärztlichen Vergütung entsprechend abgebildet werden«, so die BÄK.
Ihre Forderungen können die Verbände Ende des Monats direkt im Bundesministerium für Gesundheit vortragen. Am 25. Februar soll dort eine Anhörung stattfinden. /