Keine Intervalltherapie |
11.02.2015 09:43 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler, München / Sprechen Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) auf eine Therapie mit TNF-α-Inhibitoren an, sollte man diese nicht ohne zwingenden Grund absetzen. Denn häufig flammen die Beschwerden dann wieder auf. Das gilt auch für Patienten mit ankylosierender Spondylitis.
Zur RA-Therapie sind mehrere Wirkstoffe zugelassen, die sich gegen den Tumornekrosefaktor (TNF)-α richten: die Antikörper Infliximab, Adalimumab, Certolizumab pegol und Golimumab sowie das Fusionsprotein Etanercept. »Das Absetzen ist möglich, aber sehr wahrscheinlich kommt es zur Reaktivierung der RA«, warnte Professor Dr. Hendrik Schulze-Koops von der LMU München beim 8. TNF-α-Forum, einem von MSD veranstalteten Symposium in München.
Etwa die Hälfte der Patienten, die nach dem Absetzen einer Anti-TNF-α-Therapie wieder Symptome entwickeln, spreche auf das gleiche Medikament erneut an. Dennoch: »Aus medizinischer Sicht ist eine Intervalltherapie mit Biologika nicht begründet und nicht evaluiert. Aus immunologischer Sicht ist sie potenziell gefährlich«, warnte der Rheumatologe. Über eine Dosisreduktion oder Therapie-Deeskalation könne man in bestimmten Situationen nachdenken.
Warum setzen Ärzte Biologika ab? Als vorrangige Gründe nannte Schulze-Koops den Verlust der Wirksamkeit und Sicherheitsbedenken. Aber auch Kostenaspekte, der Wunsch des Patienten und die Unerfahrenheit von Ärzten könnten zum Therapieabbruch führen.
Auch bei Morbus Bechterew
Eine schmerzhafte Entzündung mehrerer kleiner Gelenke der Finger, Hände oder Zehen ist meist das erste Anzeichen einer rheumatoiden Arthritis.
Foto: Imago/ Science Photo Library
Für den Rheumatologen sind TNF-α-Inhibitoren die »effektivsten Arzneimittel zur Blockade der chronischen Entzündung« bei RA. Sie hätten erstmals eine Verhinderung der Knochenerosion ermöglicht. Etwa drei Viertel der Patienten sprächen auf die Medikation an. Da es unter der Therapie zur Reaktivierung einer latenten Tuberkulose kommen kann, sei ein Screening vor Therapiebeginn sehr wichtig.
Auch Patienten mit Spondyloarthritiden (SpA) profitieren von einer Anti-TNF-α-Therapie, berichtete Professor Dr. Jürgen Braun vom Rheumazentrum Ruhrgebiet. SpA sind entzündlich-rheumatische Erkrankungen, zu denen unter anderem die ankylosierende Spondylitis (AS, Morbus Bechterew) und die Psoriasis-Arthritis gehören. Wesentliche Merkmale sind chronische Entzündungen in den Wirbelgelenken sowie Knochenneubildung (lesen Sie dazu auch PZ 3/2014, Seite 24).
»Das wesentliche Target der Therapie ist die Entzündung«, sagte Braun. Als Immunbiologika stehen auch hier Infliximab, Adalimumab, Certolizumab pegol, Golimumab und Etanercept zur Verfügung. Die klinische Wirksamkeit der TNF-α-Blocker beginne relativ schnell und halte bei einem größeren Teil der Patienten unter fortlaufender Therapie mehrere Jahre an, heißt es in der S3-Leitlinie »Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen« (Stand: November 2013).
Zum Thema »Exit-Strategie« vertrat Braun eine ähnliche Meinung wie Schulze-Koops: »Ein komplettes Absetzen der Anti-TNF-Therapie ist kaum möglich.« Dagegen erscheine eine Dosisreduktion »bei nicht wenigen Patienten in Remission durchaus möglich«. Ein komplettes Absetzen führt häufig zu klinischen Rückfällen, die zum Teil bereits nach sieben Wochen auftreten. Setzt man die Therapie wieder an, sprechen die meisten Patienten erneut darauf an.
Neue Therapieoptionen
Der Rheumatologe wies darauf hin, dass im Februar das erste Infliximab-Biosimilar auf den Markt kommen wird. In Studien habe es ähnliche Ergebnisse erbracht wie das Original.
Als neue Biologika für Patienten mit SpA sind Ustekinumab und Secukinumab zugelassen oder in fortgeschrittener klinischer Prüfung, berichtete Braun. Ustekinumab ist bereits für Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis sowie mit Psoriasis-Arthritis auf dem Markt. Das Immunsuppressivum richtet sich gegen Interleukin (IL)-23 und -12. Dagegen bindet der humane monoklonale Antikörper Secukinumab selektiv an den proinflammatorischen Botenstoff IL-17A. Kürzlich wurde er zur Therapie der moderaten bis schweren Psoriasis zugelassen. In Phase-III-Studien brachte er zudem gute Ergebnisse bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis und mit AS. /