Dies ist ein Beitrag aus unserem Archiv. Aktuelle Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite Nagelpilz.
Es muss nicht immer ein Pilz sein |
06.02.2018 09:50 Uhr |
Von Marion Hofmann-Aßmus / Nagelerkrankungen können in jedem Lebensalter auftreten und ganz unterschiedliche Ursachen haben. Meist – aber nicht immer – steckt eine Pilzerkrankung dahinter. Auch chronische Erkrankungen, bestimmte Medikamente oder ein Nährstoffmangel können Hand- und Fußnägel zeichnen.
Zahlreiche chronische Erkrankungen gehen mit Nagelveränderungen einher. Allen voran die Psoriasis: Rund 40 bis 50 Prozent aller Psoriasis-Patienten zeigen eine Nagelbeteiligung und bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis beträgt der Anteil sogar 70 bis 80 Prozent (1). Typische psoriatrische Veränderungen der Nägel sind punkt- und trichterförmige Einziehungen (Tüpfel- oder Grübchennägel) sowie ein rötlicher bis gelbbrauner Fleck (psoriatischer Ölfleck). Dabei handelt es sich um einen Psoriasisherd, der durch die Nagelplatte schimmert und sich mit dem wachsenden Nagel herausschiebt.
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Nicht nur die Haut: Bei Psoriasis erkranken häufig auch die Nägel.
Foto: Fotolia/ Ban Orsolic
Die Nagelpsoriasis kann jedoch auch dramatischere Formen annehmen. So kommt es bei schwerem Befall zum »Krümelnagel« mit verdickter bröseliger Nagelplatte. Da die Nägel zusätzlich oft gelblich verfärbt sind, ist der Krümelnagel leicht mit einer Pilzinfektion zu verwechseln. Zudem kann sich im Verlauf der Erkrankung die Nagelplatte teilweise oder komplett vom Nagelbett ablösen (Onycholyse) oder komplett auflösen (Onychomadese). Häufig sind mehrere Hand- und/oder Fußnägel verändert und die Betroffenen leiden unter heftigen Schmerzen.
Eine leichtere Ausprägung der Nagelpsoriasis (nur teilweise veränderter Nagel) ist lokal behandelbar, etwa mit topischen Glucocorticosteroiden, Calcipotriol, Ciclosporin, Tazaroten, 5-Fluorouracil oder Dithranol (Cignolin) (2).
Der niedergelassene Dermatologe Professor Dr. Dietrich Abeck aus München empfiehlt für leichte Fälle einen Nagellack, der die Nägel mit den wichtigen Nährstoffen Kieselsäure, Methylsulfonylmethan und Hydroxypropylchitosan versorgt (Beispiel Sililevo®; 3). Stärker veränderte Nägel lassen sich laut Abeck gut mit einer topisch anzuwendenden Rezeptur aus Clobetasolpropionat (0,05 Prozent), DMSO quantum satis und dem genannten Nagellack behandeln (Stammlösung laut Abeck: 19,25 mg Clobetasolpropionat in 2,2 ml DMSO; davon 0,20 ml in 3,3 ml Nagellack).
Bei schweren Fällen oder falls die topischen Anwendungen erfolglos bleiben, kann eine systemische Therapie helfen. Eingesetzt werden Fumarsäureester, Ciclosporin A und Acitretin. Auch Biologika wie Etanercept, Infliximab oder Adalimumab, die Psoriasis-Patienten in der Regel aufgrund starker Hauterscheinungen erhalten, verbessern zugleich die Nägel bis hin zur Erscheinungsfreiheit (1).
Nagelveränderungen als Krankheitszeichen
Dünner brüchiger Löffelnagel bei Eisenmangelanämie
Foto: Your Photo Today
Nägel sind Anhangsgebilde der Haut. Sie wachsen von der Nagelwurzel aus, die als weißer Halbmond (Lunula) am proximalen Ende des Nagels sichtbar ist. Beim Wachstum verhornen die oberen Zellen der Nagelwurzel und formen dabei die Nagelplatte, die sich nach vorne in Richtung Fingerkuppe schiebt. Die Nagelplatte liegt auf dem Nagelbett und ist mit diesem über Leisten eng verzahnt.
Zahlreiche Organ- und Stoffwechselerkrankungen können diesen physiologischen Prozess stören und mehr oder weniger typische Nagelveränderungen auslösen (Tabelle 1). Charakteristisch für chronische Nierenerkrankungen sind zum Beispiel Lindsay- oder »Halb-und-halb«-Nägel mit einem weißlichem Streifen zur Hand hin und einem roten, rosafarbenen oder braunen Streifen in Richtung der Fingerspitzen (4). Der helle Streifen entsteht aufgrund einer renalen Anämie, der dunklere Streifen durch Melanin-Ablagerungen, die vermutlich auf eine erhöhte Konzentration des β-Melanozyten-stimulierenden Hormons zurückgehen.
Krankheit | Nagel-Symptom |
---|---|
Nierenerkrankung | Lindsay-Nagel, Halb-und-halb-Nagel Muehrcke-Linien |
Lebererkrankung, Mangelernährung, akute Entzündungen | Muehrcke-Linien |
Lungenerkrankung (Beispiel Tumoren), chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Herzerkrankung (Beispiel Endokarditis), Morbus Basedow | Uhrglasnagel, Splitterblutungen |
Schilddrüsenentzündung | Gelbe-Fingernagel-Syndrom |
Schilddrüsenüberfunktion | weiße Stellen, Onycholysis, Splitterblutungen |
Diabetes mellitus | Milchglasnagel (Terry-Nagel), Onycholyse, Splitterblutungen |
Rheumatoide Arthritis, Leberzirrhose, chronisch-ischämische Herzerkrankung, subakute bakterielle Endokarditis | Splitterblutungen |
Eisenmangelanämie | Löffelnagel, brüchige dünne Nägel |
Zinkmangel | Beau-Reilsche Querfurchen |
Vitamin-B12-Mangel | Braunfärbung |
Bei einer Hypoalbuminämie, zum Beispiel aufgrund von Leber- oder Nierenschäden, Mangelernährung oder akuten Entzündungen (Albuminverlust), treten häufig helle Muehrcke-Linien auf, die quer über den Nagel verlaufen und bei Druck verschwinden (5).
Verschiedene Erkrankungen verursachen sogenannte Uhrglasnägel, die wie aufgewölbte Uhrgläser aussehen und meist sekundär infolge von Trommelschlegelfingern entstehen. Letztere beruhen auf einem lokalen oder systemischen Sauerstoffmangel, wodurch sich neue Kapillaren ausbilden und die Fingerendglieder kolbenförmig auftreiben. Uhrglasnägel treten beispielsweise bei chronischen Lungen- und Darmerkrankungen, Herzklappenfehlern oder Morbus Basedow auf (6).
Eine Nagelmykose ist meist eine Blickdiagnose. Manche Erkrankungen sehen aber nur so aus.
Foto: Fotolia/ Narin Nonthamand
Schilddrüsenerkrankungen können sich ebenfalls an den Nägeln zeigen. So kann eine Schilddrüsenentzündung vom Gelbe-Fingernägel-Syndrom begleitet werden, während bei einer Schilddrüsenüberfunktion punkt-, strich- oder fleckenförmige weiße Nagelstellen oder eine Onycholyse auftreten kann (1).
Für Patienten mit Diabetes mellitus sind Milchglasnägel (Terry-Nägel), Onycholyse und Splitterblutungen (stich- oder streifenförmige braune Verfärbung der Nagelplatte) beschrieben (7). Eine Eisenmangelanämie macht sich durch dünne brüchige und eingesunkene Nägel (Löffelnagel) bemerkbar. Bei einem Zinkmangel zeigen sich sogenannte Beau-Reilsche-Querfurchen, während Vitamin-B12-Mangel in einer Braunfärbung resultiert (7).
Falls die zugrunde liegende Erkrankung (noch) nicht bekannt ist, sollte der Apotheker dem Kunden dringend zum Arztbesuch raten. Eine spezifische Therapie für betroffene Nägel gibt es in der Regel nicht.
Medikamente als Auslöser
Bei einer Nagelpilzinfektion verfärben sich die Nägel teilweise oder ganz weißlich-gelblich bis braun-rötlich und weisen eine brüchig-bröselige Konsistenz auf. Ohne Behandlung breitet sich der Befall auf den gesamten Nagel oder auf weitere Nägel aus und kann diese vollständig zerstören.
Der Nagelexperte Professor Dr. Hans-Jürgen Tietz, Leiter des Instituts für Pilzkrankheiten und Mikrobiologie in Berlin, verweist in seinen Vorträgen darauf, wie sehr sich Medikamenten-induzierte Nagelerkrankungen und Pilzinfektionen gleichen können (3). So verursachen alle Blutdrucksenker, zum Beispiel Betablocker, ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten, teilweise sehr ähnliche weißliche Nagelveränderungen (Tabelle 2). Dieser »weiße Nagel« – meist ein einzelner großer Nagel – ist möglicherweise eine Sonderform der Nagelpsoriasis (14). Er werde häufig nach dem Wechsel auf ein Generikum beobachtet, sagt Tietz (3, 14).
Arzneistoffe und -gruppen | Nagelveränderung |
---|---|
Betablocker, ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten | »weißer Nagel« |
Penicillamin | Yellow-Nail-Syndrom |
Tetracycline | Onycholyse |
Vitamin-A-Überdosierung | weiche brüchige Nägel |
Zytostatika | Onycholyse, dünne brüchige Nägel |
Phenolphthalein-haltige Laxanzien | Purpurverfärbung der Nägel |
Immunsuppressiva, Chemotherapeutika | Beau-Reilsche-Querfurchen proximale Onycholyse |
Beau-Reilsche Querfurchen treten bei manchen Menschen bei einer Therapie mit Immunsuppressiva oder Chemotherapeutika auf (7). Zudem können diese Medikamente – durch Schädigung der Nagelmatrix – zu einer schmerzlosen nicht-entzündlichen proximalen Ablösung der Nagelplatte (Onychomadese) führen (8).
Leicht mit Mykosen zu verwechseln sind auch angeborene Veränderungen wie Holz-, Krallen- oder Gletschernägel. Im Gegensatz zum Pilznagel sind diese Nägel jedoch sehr hart, nicht bröselig und weich (9).
Relativ harmlos ist ein Hämatom, das nach einem Trauma entsteht und dunkel durch die Nagelplatte scheint. Meist entsteht ein länglicher dunkler Strich, der mit dem Nagel herauswächst. Dagegen ist eine bleibende Dunkelfärbung, die nicht herauswächst, ein Alarmzeichen für ein malignes Melanom unter dem Nagel. Dieses wird häufig begleitet von einer dunklen Pigmentierung um den Nagel herum: das Hutchinson-Zeichen (1).
Der am meisten verbreitete Erreger von Nagelpilzinfektionen ist der Fadenpilz Trichophyton (T.) rubrum (im Bild). Er zählt zu den Dermatophyten, zu denen neben Trichophyton auch Microsporum und Epidermophyton als relevante Krankheitserreger gehören. Hefepilze und Schimmelpilze können ebenfalls eine Onychomykose verursachen.
Zunehmend treten als Verursacher auch Exoten auf, etwa T. soudanense, ein Erreger, über den in älteren Lehrbüchern steht, dass er nur 10 Grad nördlich und südlich des Äquators vorkomme (3).
Bakterielle Übeltäter
Ausgehend von einer bakteriellen Nagelbettentzündung können Bakterien wie Staphylococcus aureus oder Streptokokken auch den Nagel infizieren (7). Die meisten bakteriellen Nagelinfektionen werden jedoch durch Pseudomonas aeruginosa ausgelöst. Das charakteristische Zeichen einer solchen Infektion ist die Grünfärbung des Nagels. Die Therapie entspricht der einer Pilzinfektion. Besondere Bedeutung hat dies zum Beispiel für Pflegekräfte wie Krankenschwestern: Mit einer Pseudomonas-Infektion dürfen sie keinesfalls im Krankenhaus arbeiten, zumal diese Bakterien oft multiresistent sind.
Infektionen mit Pseudomonaden und Pilzen können durchaus zeitgleich auftreten. Besonders anfällig für bakterielle Nagelinfektionen sind Menschen mit Diabetes mellitus, Psoriasis oder Immunsupprimierte. Außerdem Personen, deren Hände berufsmäßig viel mit Wasser in Kontakt kommen oder häufig kleinere Traumata erleiden.
Eine seltene Ausprägung einer psychischen Erkrankung ist die selbst verursachte ständige Manipulation mit Zerstörung der Nägel und Nagelplatten. Die Onychotillomanie richtet sich meist gegen die Fingernägel (7).
Nagelpilz: nicht nur ein optisches Problem
Eine Form der Prävention: Sportschuhe häufig wechseln und zwischendurch mal barfuß gehen
Foto: Fotolia/Natalya Glinskaya
Etwa die Hälfte der Nagelerkrankungen geht auf Infektionen zurück, wobei insbesondere die Pilzinfektionen (Onychomykose) dominieren. Etwa 14 bis 18 Prozent der gesamten Bevölkerung leiden unter einer Pilzinfektion des Nagels, ab dem 65. Lebensjahr ist sogar jeder Zweite betroffen (10). Ein Grund dafür: Ältere Menschen haben häufiger kalte Füße, wodurch das Immunsystem lokal geschwächt wird. Dies begünstigt das Wachstum weitverbreiteter Erreger wie des Fadenpilzes Trichophyton (T.) rubrum. Gleiches gilt für Menschen mit Immundefekten, Diabetes oder arteriellen und venösen Durchblutungsstörungen. Verstärkt wird das Infektionsrisiko zudem durch Rauchen, Umwelteinflüsse und erbliche Prädisposition.
Fußnägel sind häufiger von Nagelpilz betroffen, da sie langsamer wachsen und sich Pilze besser festsetzen können. Dazu kommt, dass die Erreger in feucht-warmer Umgebung optimale Wachstumsbedingungen finden. Daher haben beispielsweise Sportler vermehrt mit Fußpilzinfektionen zu kämpfen.
Als wichtigste Infektionsquelle gelten Familienangehörige, gefolgt von öffentlichen Einrichtungen wie Pools, Schwimmbädern, Saunen oder Sporthallen (9). Tietz zufolge kommen Pilzinfektionen in den vergangenen Jahren auch zunehmend bei Kindern vor. Häufig handelt es sich dabei um zoophile Erreger wie T. benhamiae oder T. erinacei. Infektionsquellen sind beispielsweise Meerschweinchen, Nagetiere oder wildlebende Tiere wie Igel (9).
Menschen mit Diabetes mellitus sollten regelmäßig zur Fußpflege gehen.
Foto: Fotolia/Monkey Business
Problematisch und behandlungsbedürftig sind Mykosen nicht nur, weil sie unschöne Nagelveränderungen verursachen, ansteckend sind und sich auf den ganzen Körper ausbreiten können. Schwer wiegt zudem, dass sie im Beruf teilweise massive Probleme bereiten. Denn wer lässt sich gerne von einem Masseur mit unansehnlich veränderten Fingernägeln behandeln oder von einer Servicekraft mit Nagelpilz das Essen servieren?
Pilzsporen als Reservoir
Ein wichtiges Charakteristikum von Nagelpilzerkrankungen ist, dass sie sehr hartnäckig sind und immer wiederkehren. Das liegt einerseits daran, dass Pilze keine Immunogenität hervorrufen. Andererseits bilden sie Sporen aus, die es ihnen erlauben, längere »Durststrecken« zu überstehen.
Generell sind zwei verschiedene Sporentypen zu unterscheiden: die Vermehrungs- und die Überlebensformen. Klinisch relevant sind in diesem Zusammenhang nur die Überlebensformen (Chlamydosporen), da diese es dem Pilz ermöglichen, unter widrigsten Umständen zu überleben. Im Gegensatz zu den Vermehrungsformen sind Chlamydosporen extrem dickwandig und sehr widerstandsfähig. So können etwa die Chlamydosporen von T. rubrum Temperaturen von -40 °C bis +80 °C schadlos überstehen (3). Entsprechend schwierig sind sie zu behandeln, zumal sie sich beim Nagelpilz gut geschützt unter der Nagelplatte befinden.
Unter einer antimykotischen Therapie, die die Chlamydosporen nicht vollständig beseitigt, überdauern die Sporen im Nagelbett und breiten sich erneut aus, sobald es die Lebensbedingungen erlauben. Der Erfolg einer Therapie hängt also auch davon ab, wie gut die Pilzsporen bekämpft werden.
Therapie erfordert Ausdauer
Da insbesondere die Fußnägel langsam wachsen, zieht sich die Therapie oft lange hin. Geduld ist also erforderlich, zumal ein Nagel erst dann als geheilt gilt, wenn er vollständig gesund nachgewachsen ist. Fingernägel schieben die beschädigten Stellen immerhin 0,5 bis 1 mm pro Woche nach vorne, Fußnägel dagegen nur etwa halb so schnell (11). Im Sommer wachsen Nägel etwas schneller, da die Haut dann in der Regel mehr Vitamin D produziert, das die Nägel für ihr Wachstum benötigen. Ist ein Fingernagel vollständig zerstört und geht verloren, kann er in etwa drei bis sechs Monaten nachwachsen, ein Fußnagel braucht doppelt so lange.
Apotheker sollten die Patienten darauf hinweisen, dass es große Disziplin erfordert, einen Nagelpilzbefall vollständig auszuheilen. Denn für einen Therapieerfolg müssen die Maßnahmen über einen langen Zeitraum konsequent angewandt werden.
Marion Hofmann-Aßmus absolvierte eine Ausbildung als veterinärmedizinisch-technische Assistentin (VMTA) und studierte anschließend Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität, München. Promoviert wurde sie 1999 mit einer Arbeit zu molekularer Kardiologie an der Chemischen Fakultät der LMU München. Seither ist sie freiberuflich in verschiedenen Redaktionen und als Fachjournalistin tätig.
Dr. Marion Hofmann-Aßmus
Abt-Führer-Straße 9a
82256 Fürstenfeldbruck
Ob eine topische Behandlung ausreicht oder eine systemische Therapie erforderlich ist, hängt davon ab, wie stark der einzelne Nagel geschädigt ist und ob mehrere Nägel befallen sind. Ist ein Nagel lediglich teilweise betroffen (bis zu 50 Prozent ohne Matrixbeteiligung), gilt die Lokaltherapie als Standard. Ein Befall von mehr als der Hälfte des Nagels sowie mehr als drei betroffene Nägel erfordern zusätzlich eine Systemtherapie.
Die Lokaltherapie sollte in mehreren Schritten erfolgen (9). Zunächst wird der infizierte Nagelanteil entfernt, indem der Patient die betroffenen Stellen abfeilt oder sie beim Arzt abfräsen lässt. Die weitaus elegantere – und vor allem schmerzfreie – Methode besteht darin, eine Salbe mit 40-prozentigem Harnstoff und Bifonazol anzuwenden, die die befallene Nagelmasse auflöst. Die abends aufgetragene Salbe kann, mit einem Pflaster bedeckt, über Nacht einwirken. Bis sich der Nagel auflöst, dauert es laut Tietz etwa eine bis zwei Wochen. Durch die Hinzunahme des Antimykotikums ist die entfernte Nagelsubstanz nicht mehr infektiös, der Pilz kann sich also nicht weiter verbreiten. Die Pilzsporen werden durch Bifonazol jedoch nicht beseitigt!
Löst der Harnstoff den beschädigten Nagelanteil, bestätigt dies zugleich die Diagnose einer Mykose, da Harnstoff dies nur bewirkt, wenn es sich um eine Pilzinfektion handelt (9).
Anschließend wird der verbliebene Nagel konsequent mit einem topischen Antimykotikum weiterbehandelt. Dafür eignen sich Breitbandwirkstoffe wie etwa Bifonazol und Ciclopirox oder das weniger breit wirksame Amorolfin als Spray oder Nagellack. Dabei hat nur Ciclopirox eine direkte sporozide Wirkung (3). Gemäß der Fachinformation von Amorolfin sollten Menschen mit peripherer Durchblutungsstörung, Diabetes mellitus oder Immunsuppression den Nagellack nicht ohne ärztliche Beratung auftragen (12).
Bei einem grünen Nagel sind lokale Antimykotika wie Ciclopirox oder Bifonazol laut Tietz die Therapeutika der ersten Wahl, da sie aufgrund ihres breiten Wirtsspektrums auch bakterielle Infektionen heilen (3).
Die Behandlung ist so lange fortzusetzen, bis der gesunde Nagel vollständig wiederhergestellt ist. Um eine Reinfektion zu vermeiden, empfiehlt es sich, auch die Schuhe mit einem antimykotischen Spray zu behandeln (9).
Für eine zusätzliche systemische Therapie gegen Dermatophyten stehen Produkte mit den Wirkstoffen Terbinafin, Fluconazol oder Itraconazol zur Verfügung. Cave: Bei Patienten mit Lebererkrankungen muss der Arzt die Indikation für systemische Antimykotika streng stellen, da diese hepatotoxisch wirken können (7).
Schimmelpilze sprechen häufig nicht auf systemische Antimykotika an. Manchmal hilft ein Therapieversuch mit Terbinafin oral, zum Beispiel bei Aspergillus-Arten (7). Da Nagelpilzbefall oft auf der Basis eines jahrelang unbehandelten Fußpilzes entsteht, ist dieser unbedingt mitzubehandeln.
Nagelpflegetipps für Diabetiker
Um Verletzungen zu vermeiden, sollten Menschen mit Diabetes mellitus die Nägel nicht schneiden, sondern besser behutsam feilen. Das Nagelende ist gerade zu halten, damit die Ränder nicht einwachsen. Substanzen wie aggressive Nagellackentferner sind zu meiden. Das Nagelhäutchen sollte – wenn überhaupt – nur vorsichtig zurückgeschoben werden. Ratsam ist es, die Nägel mit pflegenden Cremes einzufetten. Alternativ können Diabetes-Patienten zur Fußpflege regelmäßig einen Podologen aufsuchen. Cave: Künstliche Fingernägel sind stärker als natürliche Fingernägel mit Bakterien und Pilzen besiedelt (13). /
Literatur