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Arthrose

Placebo schlägt NEM

08.02.2017  09:39 Uhr

Von Annette Mende / Ein Nahrungsergänzungsmittel mit Chondroitinsulfat und Glucosaminsulfat hat in einer Studie mit Patienten mit Kniearthrose schlechter abgeschnitten als Placebo. Die Studie wurde aufgrund dieses Zwischenergebnisses nach sechs Monaten abgebrochen.

Zur analgetischen Wirksamkeit von oralem Chondroitin und Glucosamin bei Gelenk­arthrose gibt es widersprüchliche Studienergebnisse. Da der Endpunkt, die Beurteilung der Schmerzintensität auf einer visuellen Analogskala (VAS), sehr subjektiv ist, geht man von einem starken Placeboeffekt aus. Eine aussagekräftige Studie zu dieser Fragestellung muss deshalb placebokontrolliert sein – eine Bedingung, die viele Studien in der Vergangenheit nicht erfüllten.

Die spanische Firma Tedec Meiji Farma wollte harte Daten und tat daher nicht nur dieser Vorgabe Genüge, sondern betraute zudem ein Team von unabhängigen Experten mit der Auswertung. Die Gruppe um Dr. Jorge Roman-Blas von der Madrider Fundación Jimenez Diáz berichtet über die Ergebnisse im Fachjournal »Arthritis & Rheumatology« (DOI: 10.1002/art.398199).

 

An der Studie nahmen 164 Patienten mit radiologisch nachweisbarer Arthrose des Kniegelenks und mittelstarken bis starken arthrosebedingten Schmerzen teil. Sie erhielten randomisiert und doppelblind täglich entweder 1200 mg Chondroitinsulfat und 1500 mg Glucos­aminsulfat in Pulverform oder Placebo. Primärer Endpunkt war die Zu- oder Abnahme der Schmerzintensität auf der VAS, sekundäre Endpunkte waren vom Arzt beurteilte Veränderungen auf diversen Arthrose-Scores.

 

Die Stärke der Schmerzen, die die Patienten zu Beginn auf einer 100 mm breiten VAS mit durchschnittlich 62,1 mm angegeben hatten, war nach sechs Monaten im Verum-Arm um durchschnittlich 11,8 mm (19 Prozent) gesunken. Im Placebo-Arm betrug der Rückgang 20,5 mm (33 Prozent). Das Resultat war unerwartet und nicht im Sinne des Sponsors. Aufgrund der signifikanten Überlegenheit von Placebo wurde die Studie beendet und eine fakultativ geplante Verlängerung um weitere sechs Monate abgeblasen. Bei den sekundären Endpunkten zeichnete sich kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Studienarmen ab.

 

Die Autoren sind ob dieser unerwarteten Wendung einigermaßen ratlos. In der Diskussion der Ergebnisse weisen sie darauf hin, dass die beobachteten Effektstärken in beiden Gruppen vergleichsweise schwach ausfielen. Dies erkläre sich möglicherweise damit, dass Glucosamin die Aufnahme des gleichzeitig verabreichten Chondro­itins behindert haben könnte. Zudem habe die Therapie mit dem Verum mehr Teilnehmern Magen-Darm- Pro­bleme bereitet als die Placebo- Gabe, was die Veränderung auf der VAS zugunsten von Placebo verschoben haben könnte. Alles in allem stellen die Autoren die Nicht-Überlegenheit der Kombination gegenüber Placebo bei sechsmonatiger Therapie fest und regen weitere Untersuchungen der Wirksamkeit an. /

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