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Apothekenabschlag

Der Ton wird rauer

29.01.2013  18:55 Uhr

Von Daniel Rücker und Stephanie Schersch / Beim Apotheken­abschlag stehen sich Krankenkassen und Apotheker derzeit unversöhnlich gegenüber. Eine ziemlich rüde Pressemeldung des AOK-Bundesverbands kontert der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands, Fritz Becker, mit ebenso deutlichen Worten.

Für die Krankenkassen kommt das Vorgehen der Apotheker, über die Rechenzentren mit einem Abschlag von 1,75 Euro abzurechnen, offenbar einer Kriegserklärung gleich. Der Geschäftsführende Vorstand des AOK-Bundesverbandes, Uwe Deh, bezichtigte in der vergangenen Woche den Deutschen Apothekerverband (DAV), eine »praxisferne Destruktionspolitik« zu betreiben.

Diese passe nicht zum Ansehen der deutschen Apothekerschaft als zuverlässiger Vertragspartner, sagte Deh. Die Vorgehensweise werde daher negative Auswirkungen auf das Vertrauen in die Apothekerverbände haben.

 

Keine Einigung in Sicht

 

Zum Hintergrund: Die Höhe des Kassenabschlags für das Jahr 2013 steht noch nicht fest. In gemeinsamen Gesprächen konnten sich Krankenkassen und Apotheker im vergangenen Jahr noch nicht einmal auf eine Ausgangsbasis für die Verhandlungen einigen. Die Krankenkassen wollten bei dem mit dem Arzneimittelmarkt-Neurordnungsgesetz (AMNOG) eingeführten Betrag von 2,05 Euro bleiben. Für den DAV ist dies indiskutabel. Becker besteht auf der Verhandlungsbasis 1,75 Euro. Auf diesem Wert lag der Abschlag vor dem AMNOG im Jahr 2010. Diese Sichtweise wird von zahlreichen Koalitionspolitikern geteilt.

 

Nun muss die Schiedsstelle über den Rabatt entscheiden. Weil diese bislang noch nicht vollständig besetzt ist, wird ein Schiedsspruch wohl frühestens im Frühjahr vorliegen. Bis dahin sollen die Rechenzentren auf Wunsch der Apothekerverbände einen Rabatt von 1,75 Euro je abgegebener Arzneimittelpackung abrechnen.

 

Die AOK will dies nicht akzeptieren. Die Apotheker seien offenbar nicht bereit, bis zur anstehenden Entscheidung des Schiedsverfahrens geschlossene Verträge zu respektieren, kritisiert Deh die Entscheidung. Die radikale Verbandspolitik der Apotheker werfe die Frage auf, »ob die privatrechtliche Konstruktion der Apotheken-Abrechnungszentren noch funktionssicher genug ist, um weiterhin eine gesetzeskonforme und störungsfreie Arzneimittelversorgung zu garantieren«. Hier müsse der Gesetzgeber für mehr Sicherheit sorgen. Offen droht Deh mit Retaxierungen: Aus Sicht der AOK könne eine »sachliche und rechnerische Richtigstellungen aller Abrechnungen von Rechenzentren erforderlich werden, die nicht den rechtskonformen Abschlag von 2,05 Euro« berücksichtigen.

 

An flächendeckende Retaxierungen der Kassen glaubt DAV-Chef Becker nicht. Das Vorgehen der Apotheker entspreche der aktuellen Rechtslage, sagte er der Pharmazeutischen Zeitung (PZ). Die letzte freiwillige vertragliche Vereinbarung über den Abschlag datiere aus dem Jahr 2010 und dessen Höhe war 1,75 Euro. Retaxationen seien auch deshalb nicht notwendig, weil der DAV mit den Krankenkassen eine Beanstandungsfrist von 12 Monaten vereinbart habe. 1,75 Euro als Ausgangsbasis sei unzweifelhaft politischer Wille. Er habe deshalb die AOK-Pressemitteilung »mit Erstaunen und Bedauern« zur Kenntnis genommen, schreibt Becker in einem Brief an Deh. Nach dem Auslaufen des AMNOG-Sonderopfers gelte der Wert von 1,75 Euro nun bis zu einer neuen Vereinbarung. Im Gegensatz zu Dehs Behauptung sei 1,75 Euro aber nicht der Abschlag für 2013, sondern der Ausgangswert für die nun anstehenden Anpassungen.

 

Unbefristetes Daueropfer

 

Becker bedauert in seinem Schreiben, die AOK versuche, aus einem »befristeten Sonderopfer ein unbefristetes Daueropfer« zu machen. Er wiederholte sein Angebot, für die Dauer bis zur Schiedsstellenentscheidung eine vorläufige Vereinbarung über die Abschlagshöhe zu treffen. Die AOK solle wieder in einen konstruktiven Dialog eintreten.

 

Unzufrieden mit dem Vorgehen der Apotheker ist neben der AOK auch die größte deutsche Krankenkasse, die Barmer GEK. Allerdings will sie vorerst noch nicht retaxieren, wenn die Rechenzentren mit einem Abschlag von 1,75 abrechnen. Gegenüber der PZ bestätigte ein Sprecher der Kasse jedoch, die Barmer werde die Rechnungen nur unter Vorbehalt begleichen. Spätere Retaxationen seien nicht ausgeschlossen. /

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