Bessere Konditionen nicht möglich |
30.01.2012 14:48 Uhr |
Von Daniel Rücker / Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) hat das Verhältnis zwischen Großhandel und Apothekern belastet. Mit den Verhandlungen für 2012 sind die Bedingungen für Apotheker noch schwieriger geworden. Dennoch sollten Apotheker und Großhandel gemeinsame Ziele verfolgen, sagt der Vorsitzende des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels und Anzag-Chef Dr. Thomas Trümper.
PZ: Was erwarten Sie von 2012?
Trümper: Das ist ganz schwer zu sagen. Wir treffen in diesen Tagen die letzten Vereinbarungen mit den Apothekern. Dann müssen wir abwarten, wie sich die neuen Konditionen auf unsere Geschäftsentwicklung auswirken.
Im Markt erwarte ich ein eher geringes Wachstum. Aktuelle Prognosen von Experten gehen bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln von maximal 2 Prozent Zuwachs aus. Manche Fachleute erwarten bei Selbstmedikationsarzneimitteln ein etwas größeres Wachstum. Ich hoffe, dass sich der Markt wieder erholt, bin aber nicht so sehr optimistisch. Wahrscheinlich wird sich bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln der Marktanteil der Internetapotheken weiter vergrößern. Ein Teil dieses Umsatzes wird dem Großhandel und den Apotheken gleichermaßen fehlen.
PZ: Sie haben die Konditionsverhandlungen mit Apothekern angesprochen. Wir wissen, dass sich viele Apotheker seitdem ernsthafte Sorgen um ihren Betrieb machen.
»Wir sitzen in einem Boot, auch wenn sich manche Apotheker mit dieser Aussage schwertun.«
Foto: PZ/Arzbach
Trümper: Als Großhändler kann ich das nicht wirklich gut beurteilen. Es gibt 21 400 Apotheken, die sich alle voneinander unterscheiden, auch in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Natürlich wünsche ich mir profitable Apotheken. Ich sage aber auch ganz klar, dass es nicht die Aufgabe des Großhandels ist, dieses Ziel über die Gewährung hoher Rabatte zu fördern. Das können die Apotheker nicht erwarten.
Auch der Großhandel agiert in einem streng regulierten Markt. Wir haben deshalb selbst nur einen begrenzten Einfluss auf unser Ergebnis. Außerdem hat der Gesetzgeber sehr deutlich gemacht, dass er die Rabatte des Großhandels an die Apotheker begrenzen möchte.
Ich habe viel Verständnis dafür, dass die Apotheker mit ihrer vom Gesetzgeber vorgegebenen Marge unzufrieden sind. Dieses Problem muss aber an anderer Stelle gelöst werden, nämlich bei der Honorierung der apothekerlichen Leistung. Diese muss fair sein. Dafür tritt auch der Großhandel ein. Wir Großhändler unterstützen jede Aktion, die dazu führt, dass die Apotheke leistungs- und zukunftsfähig ist.
PZ: Richtig ist aber auch, dass sich die Konditionen, die der Großhandel seinen Kunden anbietet, in diesem Jahr deutlich verschlechtert haben, obwohl die Vergütung des Großhandels sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verschlechtert hat.
Trümper: Unsere Konditionen konnten gar nicht besser werden. Der Verdienst des Großhandels lag 2010 bei 170 Millionen Euro. Daraus hätten wir den Sparbeitrag in Höhe von 200 Millionen Euro gar nicht leisten können. Im vergangenen Jahr ist er wegen des AMNOG auf 150 Millionen Euro gesunken. Das muss sich natürlich in den Konditionen widerspiegeln.
PZ: Wenn die Umstellung von 2011 auf 2012 für den Großhandel neutral war und sich die Konditionen für die Apotheker in diesem Jahr verschlechtern, dann muss der Großhandel am Ende dieses Jahres aber doch mehr Geld im Portemonnaie haben.
Trümper: Nein, Sie gehen von falschen Voraussetzungen aus. Uns wurden über das AMNOG im Jahr 2011 rund 200 Millionen Euro weggenommen. Wir konnten dieses Defizit im Markt nicht vollständig kompensieren. Deshalb haben viele Großhandlungen 2011 negative Ergebnisse geschrieben. Als Handelsunternehmen müssen wir aber mindestens 1 Prozent Umsatzrendite erzielen, um profitabel zu sein. Dieses Ziel können wir nur über die neuen Konditionen erreichen. Die Konditionen von 2011 würden dem Großhandel mittelfristig nicht das Überleben sichern.
PZ: Apotheker ärgern sich nicht nur über die neuen Konditionen, sondern auch über Großhandelsrechnungen, die sie nicht mehr verstehen, weil sie immer weniger transparent sind.
Trümper: Ich kann diesen Ärger teilweise verstehen. Die Rechnungen sind aber nicht intransparent, sie sind komplex. Das liegt aber daran, dass die Vergütungsstrukturen im Arzneimittelmarkt sehr komplex sind. Wir haben mit Rx, OTC und Freiwahl drei verschiedene Segmente. Wir bieten zudem unterschiedliche Dienstleistungen an, weil die Apotheken ganz unterschiedliche Anforderungen an uns haben. Dies spiegelt sich auch in der Rechnung wider.
PZ: Sie sagen, dass die Vergütung der Apotheker vom Gesetzgeber angepasst werden sollte. Wie steht es um die Vergütung des Großhandels? Muss die auch steigen?
Trümper: Nein. Die aktuelle Vergütung des Großhandels für 2012 ist grundsätzlich auskömmlich. Unsere Erträge werden aber maßgeblich davon beeinflusst, welche Konditionen wir den Apothekern gewähren. Dabei bewegen wir uns in einem wettbewerbsintensiven Umfeld. Mit diesem Problem kann ich aber nicht zum Gesetzgeber gehen. Natürlich haben wir eine Mischkalkulation. Das ist aber auch in Ordnung, solange es keine Rosinenpickerei gibt, etwa über eine große Ausweitung der Direktbelieferung. Sollte sich daran etwas ändern, dann müssten wir schon reagieren.
PZ: Sie sagen, dass die Vergütung des Großhandels insgesamt angemessen ist. In den vergangenen Jahren gab es eine deutliche Konsolidierung im Markt. Geht die weiter?
Trümper: Ich glaube nicht. Wir haben fünf deutschlandweit aktive Großhändler und acht regionale, die sehr eng zusammenarbeiten. Der Konsolidierungsdruck ist meiner Meinung nach aus dem Markt raus. Ich glaube auch nicht, dass es Neueintritte ausländischer Großhandlungen geben wird. Ich kann zumindest keinen Kandidaten erkennen.
PZ: Vor zwei Jahren war das Verhältnis zwischen Großhandel und Apothekern – ausgelöst vom AMNOG – extrem angespannt. Wie sieht es heute aus?
Trümper: Die Situation hat sich deutlich entspannt. Wir haben gerade auch wegen der Auswirkungen des AMNOG im vergangenen Jahr oftmals mit den Vertretern der Apothekerverbände sehr eng zusammengearbeitet. Wir sitzen in einem Boot, auch wenn sich manche Apotheker mit dieser Aussage schwertun. Wir haben viele Gemeinsamkeiten und müssen deshalb auch gegenüber der Politik gemeinsam auftreten. Ich denke, dass Apotheker, Großhandel und auch die pharmazeutische Industrie in Zukunft noch enger zusammenarbeiten werden.
PZ: Können Sie ein Beispiel dafür nennen?
Trümper: Ganz klar ist das die Arzneimittelsicherheit. Hier haben wir mit der Gründung des Gemeinschaftsprojektunternehmens Securpharm eine Institution geschaffen, die einen großen Beitrag zum Kampf gegen gefälschte Arzneimittel leisten wird.
PZ: Zwischen Großhandel und Industrie hat es in den vergangenen Monaten immer wieder Auseinandersetzungen wegen der Konditionen für teure Arzneimittel gegeben. Für die Apotheker bedeutet dies, dass sie einige Patienten nicht mehr optimal versorgen können. Wird dieser Konflikt weitergehen?
Trümper: Ich halte diesen Sachverhalt für überbewertet. Natürlich kann es Streitigkeiten zwischen einem Hersteller und einem Großhandel über die Lieferkonditionen geben. Aber auch hier sage ich: Das ist Marktgeschehen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es jemals einen echten Lieferengpass gegeben hat. Entscheidend ist für mich, dass bislang kein Patient nicht vorsorgt wurde. /