Großhändler fordern Millionen zurück |
27.05.2015 09:34 Uhr |
Von Stephanie Schersch, Berlin / Die Pharmagroßhändler sehen sich zunehmend unter Druck. Ähnlich wie Apotheker hinkten auch sie seit Jahren der wirtschaftlichen Entwicklung hinterher, sagte Thomas Trümper, Chef beim Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro), vergangene Woche in Berlin.
Großhändler und Apotheker sind Partner in der Arzneimittelversorgung. Das gilt offenbar auch mit Blick auf ihre Sorgen und Probleme. Trümper sprach beim Pharmagroßhandelstag von einem »gemeinsamen Leiden mit den Apothekern«. Diese hatten zuletzt geklagt, seit Jahren von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt zu sein. Die Apotheker seien damit nicht allein, auch den Großhändlern gehe es schlecht, so Trümper. »Wir sitzen in einem Boot.«
Reform der Vergütung
Der Pharmagroßhandel sieht sich abgehängt von der wirtschaftlichen Entwicklung.
Foto: Phagro
Die Großhandelsvergütung war zuletzt 2012 im Rahmen des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) reformiert worden. Bei rezeptpflichtigen Präparaten erhalten Großhändler seitdem einen Fixzuschlag von 70 Cent. Zusätzlich können sie bis zu 3,15 Prozent auf den Herstellerabgabepreis aufschlagen, höchstens jedoch 37,80 Euro. Damit ist die Spanne bei all jenen Präparaten gekappt, die mehr als 1200 Euro kosten.
Zuletzt habe die Marge der Großhändler im Schnitt bei 4,6 Prozent gelegen und damit deutlich unter dem ursprünglich von der Politik geplanten Wert, so Trümper. Er machte dafür verschiedene Entwicklungen verantwortlich. So sei etwa der Anteil der vergleichsweise teuren Arzneimittel oberhalb der Kappungsgrenze um mehr als 60 Prozent gestiegen. »Das drückt unsere Margen in den Keller«, so Trümper. Auch der Zuwachs bei Betäubungsmitteln (22 Prozent) und Kühlprodukten (34 Prozent) mache den Großhändlern zu schaffen.
Darüber hinaus sei die Zahl der abgegebenen Packungen in den vergangenen vier Jahren lediglich um 2,3 Prozent gewachsen – und nicht wie im Rahmen des AMNOG veranschlagt um ganze 5 Prozent pro Jahr. Die Ausgaben der Großhändler seien indes stark gestiegen. Bei den Lohnkosten veranschlagte Trümper ein Plus von 12 Prozent in den vergangenen vier Jahren. Der Aufwand durch Rabattverträge schlug demnach allein 2014 mit 65 Millionen Euro zu Buche.
Auch das Mindestlohngesetz bekommen die Großhändler zu spüren. Hinzu kommen laut Trümper Investitionen in das Projekt Securpharm, das vor gefälschten Arzneimitteln schützen soll. »Diese Kosten werden durch unsere Spannen nicht gedeckt.«
Die Politik müsse die Vergütung der Großhändler daher dringend anpassen. Einen genauen Betrag nannte der Phagro-Chef nicht. Man wolle Honorarforderungen nicht über die Öffentlichkeit an die Politik herantragen, sagte Trümper. Insgesamt bewege sich die Forderung aber »in der Größenordnung des Sparbeitrags, den wir im Rahmen des AMNOG leisten mussten«. Noch deutlicher wurde Phagro-Vize Ralph Schüller: »Wir wollen unser Geld zurück, das wir schon damals dringend für Investitionen benötigt hätten«, sagte er. Die schwarz-gelbe Koalition hatte die Einsparungen beim Großhandel im Rahmen des AMNOG mit rund 200 Millionen Euro veranschlagt.
Stillschweigend ignoriert
Die Großhändler fühlen sich von der Politik ignoriert. Apotheker und Hersteller hätten die Parteien inzwischen zumindest teilweise entlastet, so Trümper. »Nur der Großhandel wurde bislang stillschweigend übergangen.«
Das wollte Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, so nicht stehenlassen. Zwar sei die Pauschale, die Apotheker für jede Rx-Packung bekommen, 2013 um 25 Cent gestiegen. Bei der Berechnung des Zuschlags sei jedoch der Mehraufwand der Apotheker nicht ausreichend berücksichtigt worden. Damit stünden die Apotheker heute nicht besser da als vor einigen Jahren.
Für die Honorarforderung der Großhändler zeigte Becker Verständnis. Wolle die Politik eine flächendeckend gute Versorgung mit Arzneimitteln, müsse sie geeignete Rahmenbedingungen dafür schaffen, sagte er.
Fälschungen und Engpässe
Auf diese Forderung ging Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) in seinem Grußwort beim Großhandelstag nicht ein. Er sprach von einer insgesamt guten Versorgung der Patienten, die »nahezu geräuschlos« funktioniere. Handlungsbedarf sieht der Minister vor allem im Bereich Arzneimittelfälschungen. Er setze »große Hoffnung« in das Projekt Securpharm, sagte Gröhe. Darüber hinaus müsse es Lösungen geben, den europäischen Parallelhandel sicherer zu gestalten. Auch Lieferengpässe seien ein wichtiges Thema, über das die Bundesregierung im Rahmen des sogenannten Pharmadialogs zurzeit mit den Herstellern berate, so der Minister. /
Von Ev Tebroke / Der Pharmagroßhandel will seine Dienstleistungspalette weiter ausbauen. Das sagte der Vorsitzende des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro), Thomas Trümper, in Berlin.
Um die Marktmacht weiter zu stärken, setze man neben zunehmender Internationalisierung vor allem auf die Ausweitung von Dienstleistungen aus dem reinen Großhandelsgeschäft heraus. So sei einerseits eine Ausdehnung in Richtung Pre-Wholesale möglich. Damit ist die Warenlogistik zwischen Hersteller und Großhandel gemeint. Hier könnten Großhändler aufgrund ihrer neutralen Stellung und ihrer Marktkenntnis Lösungen für ihre Partner erarbeiten. Die Apotheker wiederum könnten insbesondere beim Warenmanagement von weiter ausgebauten Dienstleistungen profitieren. Auch Angebote wie Eigenmarken oder eine bessere Verkaufsförderung könnten für die Apotheken reizvoll sein, so Trümper. /