Evidenzbasierte Empfehlungen |
24.01.2017 14:30 Uhr |
Pflanzliche Arzneimittel haben in der Therapie von Atemwegsinfektionen einen festen Stellenwert. Welche Präparate für Prävention und Therapie von Rhinosinusitis, Pharyngitis und Bronchitis evidenzbasiert empfohlen werden können, stellte Professor Dr. Robert Fürst von der Universität Frankfurt am Main vor.
Bezogen auf den Umsatz haben Phytopharmaka bei Atemwegserkrankungen einen Marktanteil von 20 Prozent. Viele von ihnen haben jedoch keine klinischen Studien durchlaufen. Zwar bedeutet ein fehlender Wirksamkeitsnachweis nicht, dass solche Präparate wirkungslos sind. »Dennoch gehören sie nicht zur evidenzbasierten Phytotherapie und sollten daher nicht den Schwerpunkt der Beratungsempfehlung in der Apotheke bilden«, sagte der Pharmazeutische Biologe.
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Zusammensetzung variiert
Der Wirkstoff eines Phytopharmakons ist stets ein Vielstoffgemisch pflanzlichen Ursprungs. Der Wirksamkeitsbeleg kann daher ausschließlich Präparate-spezifisch erfolgen, da die Zusammensetzung des Gemischs in Abhängigkeit vom Extraktionsverfahren erheblich differieren kann.
Um banalen Erkältungen vorzubeugen, könnten die Präparate Angocin® Anti-Infekt N (Kapuzinerkressekraut- und Meerrettichwurzel-Pulver) und Echinacin® (Purpursonnenhutkraut-Presssaft) empfohlen werden, so Fürst. Der Effekt sei allerdings als gering einzustufen. Für die unterstützende Therapie bei viralen Erkältungskrankheiten liege ein Wirksamkeitsbeleg für Esberitox® (Trockenextrakt aus Färberhülsenwurzelstock, Purpursonnenhutwurzel, blassfarbener Sonnenhutwurzel und Lebensbaumspitzen und -blättern) und Echinacin vor. Fürst gab jedoch zu bedenken, dass in der Echinacin-Studie ausschließlich Mitarbeiter der Herstellers als Probanden fungiert hatten (»Arzneimittelforschung« 2001, DOI: 10.1055/s-0031-1300080).
Evidenzbasierte Empfehlungen bei einer akuten Rhinosinusitis sind Sinupret® forte und Sinupret® extract (pulverisierte Droge oder Trockenextrakt aus Enzianwurzel, Schlüsselblumenblüten, Ampferkraut, Holunderblüten und Eisenkraut). Gleiches gelte für Gelomyrtol® forte (Myrtol®; Destillat aus einer Mischung von Eukalyptusöl, Süßorangenöl, Myrtenöl und Zitronenöl). »Die zugrundeliegende Studie muss allerdings mit Einschränkung betrachtet werden«, sagte Fürst. So zeige die Publikation zum Beispiel keine einzige Abbildung oder Tabelle und auch der Symptom-Score sei nicht eindeutig definiert (»Laryngo-Rhino-Otologie« 1997, DOI: 10.1055/s-2007-997381). Auch Umckaloabo® (Auszug aus Pelargonium-sidoides-Wuzel) habe in einer randomisierten kontrollierten Studie seine Wirksamkeit bei Rhinosinusitis unter Beweis gestellt. »Die Studie wurde allerdings ausschließlich an Probanden mit bakterieller Genese durchgeführt«, ergänzte Fürst. Er verwies darauf, dass Umckaloabo in der Indikation Rhinosinusitis keine Zulassung hat.
Empfehlungen bei Husten
Recht viel evidenzbasierte Auswahl hat der Apotheker für die Indikation Bronchitis. Fürst zufolge liegen Wirksamkeitsbelege für Bronchipret® TE und Bronchipret® TP (Fluidextrakt aus Thymiankraut und Efeublättern beziehungsweise Thymiankraut und Primelwurzel) sowie für Umckaloabo und Gelomyrtol forte vor. Gleiches gilt für Prospan® Hustensaft/-tropfen und Hedelix® (Trockenextrakt aus Efeublättern); Hedelix hat in einer Studie seine Nichtunterlegenheit bewiesen. Empfohlen werden könne auch Esberitox. »Die Empfehlung betrifft allerdings nur die exazerbierte chronische Bronchitis«, schränkte der Referent ein.