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DocMorris

Neues Spiel, neues Glück

08.01.2007  13:49 Uhr

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Neues Spiel, neues Glück

Von Daniel Rücker

 

Nachdem sich der Rechtsstreit um die DocMorris-Apotheke zu einer Hängepartie entwickelt hat, sucht DocMorris Chef Ralf Däinghaus nun ein neues Spielfeld. Im saarländischen St. Wendel hat die erste DocMorris-Markenpartner-Apotheke eröffnet.

 

Im Gegensatz zur DocMorris-Apotheke in Saarbrücken gehört die im kleinen St. Wendel jedoch nicht der niederländischen Versandapotheke, sondern weiter der bisherigen Besitzerin Apothekerin Antoinette Angel. Sie zahlt jetzt monatlich dafür, dass ihre Apotheke sich nun erste DocMorris-Markenpartner-Apotheke nennen darf und Angel als deren Leiterin gemeinsam mit ihren Angestellten in nach Ideen von DocMorris umgebauten Räumen sowie unter Nutzung des Namens und des Schriftzuges arbeitet.

 

Filiale in Saarbrücken fraglich

 

DocMorris hat anscheinend einen ähnlichen Lernprozess hinter sich gebracht wie die Apothekensystemkooperation »Avie«. Dieses Franchise-Konzept hatte zu Beginn aus gutem Grund juristische Probleme, da es faktisch Fremdbesitz anstrebte. Däinghaus ist im Sommer des vergangenen Jahres mit dem Kauf einer Apotheke in Saarbrücken zumindest bis auf weiteres am deutschen Fremdbesitzverbot gescheitert. Das Verwaltungsgericht des Saarlandes hatte die Saarbrücker Apotheke bis zur endgültigen Klärung des Rechtsstreites geschlossen. In diesen Tagen wird das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes die Entscheidung überprüfen.

 

Aus einem weiteren Grund könnten die Tage der geschlossenen Saarbrücker Filiale bald gezählt sein. Sollte sich der Bundesrat mit seinen Änderungswünschen zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz durchsetzen, dann bringt die deutsche Dependence den Niederländern überhaupt nichts mehr. Wenn es bei einer einheitlichen Apothekenspanne und bei fester Patientenzuzahlung bleiben sollte, dann sind Däinghaus' Pläne in Saarbrücken wegen fehlender Kundenanreize hinfällig.

 

Nach bisherigem Kenntnisstand lässt sich nicht beurteilen, ob der Vertrag zwischen DocMorris und seiner Markenpartner-Apotheke in St. Wendel gegen deutsches Recht verstößt. Im Detail ist der Inhalt der Verträge allerdings auch nicht bekannt. Im Saarland genehmigt der Gesundheitsminister Josef Hecken solche Projekte im Alleingang. Entgegen der früheren Praxis wird die Apothekerkammer über das Ergebnis nicht informiert.

 

Auch nicht vollends erhellend ist die Beschreibung der Zusammenarbeit in einer Pressemeldung von DocMorris. Danach erhält die Apotheke »vertraglich das Recht, die Marke und das Fachwissen von DocMorris zu nutzen.« Sie erhält dafür Gebietsschutz. Weiter heißt es: »Ladenlokal, Schaufenster und Geschäftsausstattung werden im Design angepasst. DocMorris hilft der Apotheke bei der Markenumstellung und gibt Vermarktungstipps.« Das kann sich fraglos im Rahmen des Apothekenrechts bewegen, muss es aber nicht. Unbekannt sind auch die finanziellen Konditionen. Lässt sich DocMorris seine Dienstleistungen mit einem festen und angemessenen Honorar bezahlen, dann gibt es daran wenig auszusetzen.

 

Däinghaus wäre nicht er selbst, wenn er nicht schon am Tag, an dem die erste Markenpartner-Apotheke eröffnet, große Zahlen im Munde führen würde. Schließlich weiß man nie, wie lange das Interesse der Medien hält. 500 Apotheken sollen in drei Jahren zu der Kooperation gehören. In jeder großen deutschen Stadt soll es eine DocMorris-Apotheke geben. Ob er die Zahl von 500 tatsächlich erreicht, wird maßgeblich von den Auswahlkriterien abhängigen. Nimmt DocMorris auch die Apotheken, die sich aus eigener Kraft kaum über Wasser halten können, dürfte das Unternehmen diese Zahl schnell erreichen. Erfolgreiche Apotheken in guter Lage für sich zu gewinnen, dürfte Däinghaus dagegen deutlich schwerer fallen. In den kommenden Wochen sollen im Sieben-Tage-Rhythmus neue Markenpartner-Apotheken eröffnet werden. Allerdings hätte Däinghaus dann nach drei Jahren nur 150 Partner.

 

Da bislang wenig Konkretes bekannt ist, halten sich die Apothekerorganisationen mit Kommentaren zurück. Ohnehin lohnt es kaum, jeden neuen Versuch zum Aufbau einer Apothekenkooperation im Detail zu kommentieren. Allein die Tatsache, dass DocMorris der Initiator ist, macht die Sache überhaupt für die Öffentlichkeit interessant. Die Apothekerkammer des Saarlandes sieht in den Markenpartner-Apotheken ebenfalls lediglich eine Kooperation wie viele andere auch. Man werde sie weiter beobachten und dabei darauf achten, dass keine Gesetze übertreten werden. Die ABDA vermutet in einer Pressemeldung, dass DocMorris mit dem rückläufigen Versandhandelsgeschäft nicht genug verdient und nun nach einem neuen Geschäftsfeld sucht.

 

Ähnlich wie die Apotheker waren auch die Publikumsmedien nur mäßig interessiert an den DocMorris-Markenpartner-Apotheken. Zwar berichteten zahlreiche Tageszeitungen auf Basis einer DocMorris-Pressemeldung. Das war es dann aber auch. Die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« nahm immerhin noch den Anlass , um allgemein über Apotheker-Kooperationen zu berichten, verbuchte die neue Gruppierung aber auch als eine mäßig aussichtsreiche Kopie zahlreicher Vorbilder.

 

Einen weiteren Beitrag zu diesem Thema finden Sie hier.

 

Kommentar: Weihnachten ist vorbei

Es steht jedem Apotheker und jeder Apothekerin frei, seinen Betrieb nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Solange dabei die gesetzlichen Auflagen beachtet werden, gibt es daran wenig zu beanstanden. Das gilt nach allem, was bislang bekannt ist, auch für das Angebot von DocMorris.

 

Eine andere Frage ist, ob die Zusammenarbeit mit den niederländischen Versendern auch sinnvoll ist. DocMorris-Chef Ralf Däinghaus hat bislang wenig unternommen, dass ihn als glaubwürdig und seriös erscheinen lässt: Deutsches Apothekenrecht interessiert ihm nur am Rande, Patienten, die von der Zuzahlung befreit sind, für die Rezepteinlösung zu bezahlen, ist gesundheitspolitisch indiskutabel und seine Vorstellungen, wie DocMorris der Industrie bei der Einführung neuer Produkte helfen kann, hat mit verantwortungsbewusster Pharmazie nichts zu tun.

 

Jedem Apotheker, der sich mit DocMorris einlässt, betreibt ein riskantes Spiel. Den Niederländern geht es vor allem um eines: Sie wollen ihre Marke stärken und deren Wert steigern. Ihr Tun orientiert sich vor allem an diesem Ziel. Innerhalb weniger Wochen ist Däinghaus von der Aussage »Wir wollen keine Apothekenkette aufbauen« bis zur Umsetzung eines zumindest kettenkompatiblen Kooperationsmodells umgeschwenkt.

 

Der Streit um die Apotheke in Saarbrücken brachte nicht mehr ausreichende Publizität. Deshalb musste mit der DocMorris-Markenpartner-Apotheke schnell ein neues medial auszunutzendes Konzept her. Genauso schnell wird es allerdings wieder verschwinden, wenn es sich nicht kurzfristig rechnet. Das sollten Apotheker, die ein DocMorris-Apotheke betreiben wollen, im Hinterkopf behalten.

 

Alle anderen Apotheker sollten jetzt vor allem eines tun: Den Ball flach halten. Nach dem aktuellen Stand der Dinge bewegt sich DocMorris mit der aktuellen Aktion im Rahmen geltenden Rechts. Das dürfte auch für die Medien nach einem absehbaren kurzen Hype schnell langweilig werden, wenn selbst die Apotheker sagen: »Das ist eine Kooperation von vielen und sicher nicht die Beste.« Däinghaus und DocMorris leben von PR, die Apotheker haben dabei manchmal unfreiwillig mitgeholfen. Auf weiter Geschenke sollten sie verzichten. Weihnachten ist vorbei.

 

Daniel Rücker

Stellvertretender Chefredakteur

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