Astra-Zeneca bevorzugt ab 60 Jahre |
Daniela Hüttemann |
30.03.2021 21:56 Uhr |
Die neue Altersempfehlung gilt unabhängig vom Geschlecht. Das heißt aber nicht, dass dieser Impfstoff bei den Unter-60-Jährigen nun kontraindiziert ist. Laut STIKO können sich Unter-60-Jährige der Priorisierungsgruppen 1 und 2 weiterhin »nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung« impfen lassen, und zwar beim Hausarzt. Dort ist die Verimpfung von Vaxzevria (AZD1222, ChAdOx1, »Covid-19 Vaccine AstraZeneca«) ab der Kalenderwoche 16 geplant.
Unklar ist noch, welchen Impfstoff die bereits einmal mit der Astra-Zeneca-Vakzine geimpften Unter-60-Jährigen als Zweitdosis erhalten sollen. Laut RKI-Pressemitteilung will die STIKO bis Ende April hierzu eine ergänzende Empfehlung abgeben. Die ersten Zweitimpfungen stünden ab Anfang Mai an; das derzeit empfohlene Intervall beträgt neun bis zwölf Wochen. In jedem Fall werde sichergestellt, dass alle Zugang »zu einem Impfschema mit in der EU zugelassenen Impfstoffen haben werden, um eine volle Schutzwirkung zu erreichen«, betonte Spahn.
Ob es zum sogenannten Mix & Match kommt, bei dem die Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff durchgeführt wird als die erste, bleibt abzuwarten. Hierfür liegen noch keine klinischen Daten vor, doch Untersuchungen laufen. Laut Spahn sind seit Impfstart mit Astra-Zeneca Anfang Februar rund 2,2 Millionen Unter-60-Jährige geimpft worden.
Die Bundesregierung hält an ihrem Vorhaben fest, allen erwachsenen Bürgerinnen und Bürgern bis Ende des Sommers ein Impfangebot machen zu wollen. Das gilt, sofern alle erwarteten Zulassungen erteilt werden und die Hersteller ihre Lieferzusagen einhalten. Für Kinder und Jugendliche liegt noch keine Zulassung vor.
Die Geschichte des Astra-Zeneca-Impfstoffs war von Anfang an eine wechselvolle. Mehrfach wurden die klinischen Studien gestoppt, so im September 2020 aufgrund einer transversen Myelitis bei einer Probandin in Großbritannien sowie eines Todesfalls in Brasilien im Oktober. Darüber hinaus wurde bekannt, dass bei einem Teil der Probanden versehentlich eine niedrigere als die geplante Dosis gegeben wurde, was sogar zu besseren Ergebnissen führte.
Die EU-Zulassung am 29. Januar 2021 erfolgte zwar für alle Erwachsenen ohne Altersbeschränkung, doch hatte die STIKO einen Tag zuvor schon entschieden, diese Vakzine aufgrund mangelnder Wirksamkeitsdaten bei den Über-65-Jährigen vorerst nur den Jüngeren zu empfehlen – was dazu führte, dass in Deutschland zunächst vor allem medizinisches und pflegerisches Personal sowie Lehr- und Kitakräfte geimpft wurden, alles weiblich dominierte Berufsgruppen. Daher ist auch immer noch nicht auszuschließen, dass hier ein entsprechender Bias vorliegt, also vor allem Frauen von den seltenen Nebenwirkungen betroffen sind, weil vor allem sie geimpft wurden.
Als die ersten Fälle von Sinusvenenthrombosen im In- und Ausland auffällig gehäuft auftraten, stoppte Deutschland vorerst am 15. März die Verimpfung dieser Vakzine. Es folgte eine Neubewertung des Nutzen-Risiko-Profils durch das PEI und den Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur am 18. März, die positiv ausfiel. Deutschland setzte daraufhin die Impfkampagne noch am selben Tag fort.
Heute hat sich die Empfehlung nun noch einmal um 180 Grad gedreht – und es sollen nur die Über-60-Jährigen mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff geimpft werden. Es bleibt spannend, denn kommende Woche tagt erneut der PRAC zu dem Thema.