Pharmazeutische Zeitung online
ARZNEISTOFFE

Telotristatethyl|Xermelo®|50|2017

STOFFGRUPPE
60 Magen-Darm-Mittel
WIRKSTOFF
Telotristatethyl
FERTIGARZNEIMITTEL
Xermelo®
HERSTELLER

Serb

MARKTEINFÜHRUNG (D)
10/2017
DARREICHUNGSFORM

250 mg Filmtabletten

ATC-CODE
A16AX15
ORPHAN DRUG
Ja

Indikationen

Xermelo ist in Kombination mit einem Somatostatin-Analogon zugelassen zur Behandlung von Diarrhö bei einem Karzinoid-Syndrom. Während andere Symptome des Karzinoid-Syndroms nicht durch Serotonin allein, sondern unter anderem auch durch Histamin oder Bradykinin ausgelöst werden, ist für die verstärkten Durchfälle ausschließlich Serotonin verantwortlich.

Wirkmechanismus

Sowohl Telotristatethyl als auch dessen aktiver Metabolit Telotristat blockieren die periphere Biosynthese von Serotonin durch die Hemmung der peripheren L-Tryptophan-Hydroxylase TPH1.

Anwendungsweise und -hinweise

Empfohlen sind dreimal täglich 250 mg Telotristatethyl. Die Filmtabletten sollten mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Bei Patienten, die nach zwölf Wochen nicht auf die Behandlung angesprochen haben, sollte der Arzt einen Therapieabbruch erwägen.

 

Bei schwerer Leber- und Nierenfunktionsstörung wird von der Einnahme abgeraten. Patienten mit leichter oder mäßiger Nierenfunktionsstörung sollten mit Vorsicht behandelt werden. Bei leichter oder mäßiger Leberfunktionsstörung muss der Arzt eine Dosisreduktion in Erwägung ziehen.

 

Unter Xermelo können die Leberenzymwerte ansteigen. Daher sollte der Arzt die Leberfunktion regelmäßig überprüfen. Weitere Warnhinweise werden in der Fachinformation zu einer möglichen Verstopfung und zu depressiven Störungen gemacht. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Telotristatethyl und depressiven Störungen wurde nicht nachgewiesen, dennoch sollten Patienten Symptome einer Depression unbedingt ihrem Arzt anzeigen. Hintergrund dieser Vorsichtsmaßnahme: Schon früher gab es Untersuchungen mit einem L-Tryptophan-Hydroxylase-Hemmer beim Karzinoid-Syndrom. Anders als Telotristatethyl und seinem aktiven Metaboliten konnte dieser Wirkstoff die Blut-Hirn-Schranke überwinden und durch Hemmung von TPH1 und TPH2 den Serotonin-Spiegel im Gehirn stark senken, was zu schweren Depressionen führte.

Wichtige Wechselwirkungen

In Sachen Wechselwirkungen sollte bei Xermelo bedacht werden, dass die gleichzeitige Gabe von kurzwirkendem Octreotid signifikant die systemische Exposition von Telotristatethyl und Telotristat verringert. Es sollte daher erst frühestens 30 Minuten nach Einnahme von Xermelo gegeben werden.

 

Die gleichzeitige Gabe von Loperamid scheint dagegen unproblematisch zu sein. In Studien wurde Xermelo routinemäßig mit dem Durchfallmittel ohne Anzeichen von Sicherheitsbedenken kombiniert.

 

Ferner kann Xermelo die systemische Exposition von Arzneistoffen, die Substrate von CYP2B6 und CYP3A4 sind, verringern. Es wird daher bei gleichzeitiger Anwendung der betroffenen Arzneistoffe zu einer Überwachung auf suboptimale Wirksamkeit geraten.

Nebenwirkungen

Sehr häufig kam es bei mit Telotristatethyl behandelten Patienten zu Abdominalschmerzen, Erhöhung des Leberenzyms γ-Glutamyl-Transferase und Müdigkeit.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Wirksamkeit und Sicherheit von Telotristatethyl belegt die zwölfwöchige, doppelblinde, placebokontrollierte, randomisierte Studie TELESTAR. Alle Patienten wiesen einen differenzierten, metastasierten neuroendokrinen Tumor sowie ein Karzinoid-Syndrom in der Anamnese auf und waren seit mindestens drei Monaten stabil auf Somatostatin-Analoga (SSA) eingestellt, welche sie während der gesamten Studiendauer unverändert weiter einnahmen. Die Patienten hatten mindestens vier Stuhlgänge pro Tag. Zu Beginn der Studie lag die durchschnittliche Stuhlfrequenz bei 5,2 pro Tag in der Placebo-Gruppe (n=45) und 6,1 pro Tag in der Gruppe mit Telotristatethyl 250 mg (n = 45).

 

Während der zwölfwöchigen Behandlungsphase erhielten diese Patienten entweder dreimal täglich 250 mg Telotristatethyl oder Placebo. Ihnen war es erlaubt, auf Notfallmedikation in Form von kurzwirksamen SSA sowie Antidiarrhoika zur Milderung der Symptome zurückzugreifen, sie mussten aber ihre stabile Dosis an langwirksamen SSA während der Dauer der doppelblinden Phase konstant beibehalten. Primärer Endpunkt der Studie war die durchschnittliche Veränderung der täglichen Stuhlfrequenz gegenüber der Baseline, gemittelt über die zwölfwöchige doppelblinde Behandlungsphase. Die tägliche Durchfallfrequenz verringerte sich in der Placebogruppe um 0,6 Episoden und in der Verumgruppe um 1,4 Episoden. Die Veränderung der Stuhlfrequenz pro Tag gegenüber Baseline im Vergleich zu Placebo betrug unter Telotristatethyl demnach -0,8. Von den mit Telotristatethyl behandelten Patienten sprach gegenüber Placebo auch ein signifikant größerer Teil dauerhaft auf die Behandlung an. Response war dabei mit einer mindestens 30-prozentigen Reduktion der täglichen Stuhlfrequenz über mindestens die Hälfte der Tage der zwölfwöchigen Behandlungsphase definiert: 44 Prozent unter Telotristatethyl versus 20 Prozent unter Placebo erreichten dieses dauerhafte Ansprechen. Zudem war auch die prozentuale Veränderung der Ausscheidung des Biomarkers 5-Hydroxyindolylessigsäure (5-HIES) im Urin (Baseline versus Woche 12) unter Telotristatethyl gegenüber Placebo signifikant verringert.

Hintergrundinfos

Neuroendokrine Tumoren (NET) sind relativ selten. Sie entstehen aus hormonproduzierenden (endokrinen) Zellen und sind in vielen Fällen ungesteuert hormonell aktiv. Das häufigste funktionelle Syndrom von NET ist das sogenannte Karzinoid-Syndrom. Es tritt auf, wenn die Tumoren große Mengen an Serotonin und anderen vasoaktiven Produkten in den Blutkreislauf sezernieren. Klassische Symptome sind kutane Flush-Episoden, Diarrhöen, Abdominalschmerzen, Bronchospasmus und auf längere Sicht Herzerkrankungen. Durch das Karzinoid-Syndrom ist die Lebensqualität der Patienten stark eingeschränkt.

 

Somatostatin-Analoga (SSA) wie Octreotid und Lanreotid sind die Eckpfeiler der Therapie, die auf Linderung der Karzinoid-Syndrom-Symptomatik und eine Wachstumskontrolle des Tumors abzielt. Sie inhibieren die Freisetzung von Serotonin durch den Tumor und stellen heutzutage die Erstlinien-Behandlung für das Karzinoid-Syndrom dar.

Besonderheiten

Bei der Lagerung von Xermelo sind keine besonderen Bedingungen zu berücksichtigen.

Xermelo ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Telotristatethyl

Telotristatethyl

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

Telotristat.wrl

Weitere Hinweise

Die Einnahme von Xermelo wird während der Schwangerschaft und für Frauen im gebärfähigen Alter ohne Kontrazeption nicht empfohlen. Auf das Stillen sollten Mütter während der Behandlung mit Telotristatethyl verzichten.

Packshot

Letzte Aktualisierung: 22.11.2022