Amifampridin|Firdapse®|66|2010 |
SERB
10 mg Tabletten
Firdapse ist zugelassen zur symptomatischen Behandlung des Lambert-Eaton-Myasthenischen Syndroms (LEMS) bei Erwachsenen, einer seltenen Autoimmunerkrankung der neuromuskulären Endplatte. Hauptsymptom ist eine ausgeprägte Muskelschwäche (siehe Hintergrundinformationen).
Amifampridin (3,4-Diaminopyridin) bessert die Acetylcholinfreisetzung an den Synapsen, indem es spannungsabhängige Kaliumkanäle blockiert und dadurch die Depolarisation der präsynaptischen Zellmembran verlängert. Das erhöht die intrazelluläre Calciumkonzentration, was wiederum die Exozytose acetylcholinhaltiger Vesikel erleichtert und die neuromuskuläre Transmission fördert.
Patienten nehmen Amifampridin in der Regel drei- bis viermal täglich zu den Mahlzeiten ein. Als Anfangsdosis werden 15 mg pro Tag empfohlen. Diese Dosis kann alle vier bis fünf Tage um 5 mg auf eine Tageshöchstdosis von 60 mg gesteigert werden. Eine Einzeldosis darf maximal 20 mg enthalten.
Wenn Amifampridin bei Patienten mit Leber- und Nierenfunktionsstörungen zum Einsatz kommt, ist Vorsicht geboten. Die Anfangsdosis liegt niedriger und die Dosissteigerung verläuft langsamer.
Es ist eine Reihe von pharmakodynamischen Wechselwirkungen möglich: mit Arzneimitteln, die zu einer QT-Verlängerung führen können, mit Arzneimitteln, die die epileptische Krampfschwelle herabsetzen können (darunter verschiedene Antidepressiva und Neuroleptika), mit Anticholinergika und Cholinergika sowie mit verschiedene Muskelrelaxanzien. Mit dem Cytochrom-P450-Enzymsystem interagiert Amifampridin nicht oder nur in geringem Ausmaß.
Nebenwirkungen von Amifampridin können zum Beispiel Parästhesien (zum Beispiel am und im Mund und an den Gliedmaßen) sowie gastrointestinale Beschwerden wie Diarrhö, Übelkeit und Bauchschmerzen sein.
Amifampridin darf nicht bei Patienten mit Epilepsie, unkontrolliertem Asthma oder kongenitalen QT-Syndromen zum Einsatz kommen. Kontraindiziert ist auch die gleichzeitige Anwendung von Sultoprid, von Arzneimitteln mit geringer therapeutischer Breite oder von Arzneimitteln mit einem bekannten Potenzial für die Auslösung von QTc-Verlängerung.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung fehlt umfangreiches Studienmaterial. Für die Zulassung wurden daher auch Daten aus der wissenschaftlichen Literatur herangezogen. In zwei Studien mit 38 erwachsenen LEMS-Patienten wurde Amifampridin mit Placebo verglichen. Die Hauptindikatoren für die Wirksamkeit stützten sich auf die Beurteilung der Muskeltätigkeit anhand einer Bewertungsskala, entweder der NDS-Skala (Neurological Disability Score) oder der QMG-Skala (Quantitative Myasthenia gravis Score). Patienten mit niedrigeren NDS- oder QMG-Werten verfügen über eine bessere Muskelfunktion. Die Ergebnisse: Unter Amifampridin sank der NDS-Wert von 40 auf 22 Punkte, während er in der Placebogruppe nur auf 35 sank. Der QMG-Wert sank um zwei Punkte, während er unter Placebo um 0,25 Punkte anstieg. In einer weiteren Studie wurden die Daten aus den zwei veröffentlichten Studien kombiniert auf das Summenmuskelaktionspotenzial (CMAP, compound muscle action potential) untersucht. Das CMAP ist ein Maß für die elektrische Aktivität in Muskeln. Diese Untersuchung ergab unter Amifampridin gegenüber Placebo stärkere Verbesserungen des CMAP.
Die Muskelschwäche von LEMS-Patienten wird durch eine gestörte Übermittlung elektrischer Impulse von den Nerven an die Muskeln hervorgerufen. Ursache ist eine Bildung von Antikörpern gegen präsynaptische Calciumkanäle. Dadurch wird die Ausschüttung des Neurotransmitters Acetylcholin behindert, wodurch die Reize lediglich geschwächt vom Nerv auf die Muskelzelle übertragen werden. Typisch ist eine beinbetonte Muskelschwäche, insbesondere der Oberschenkel, die sich zum Beispiel beim Treppensteigen äußert. Häufig entsteht die Krankheit in Zusammenhang mit einem Tumor, zum Beispiel einem kleinzelligen Bronchialkarzinom. Es ist möglich, dass sie auftritt, bevor die Krebserkrankung bekannt ist. In Deutschland waren bis 2010 keine Fertigarzneimittel mit diesem Stoff zugelassen; er wurde nur im Rahmen einer Individualrezeptur auf ärztliche Verordnung und nach den Angaben im Neuen Rezeptur-Formularium (NRF 22.3) verarbeitet. Patientenberichten zufolge gab es früher bei der Kostenübernahme immer wieder große Schwierigkeiten.
Firdapse ist bei Temperaturen nicht über 30 °C sowie vor Licht und Feuchtigkeit geschützt (Originalverpackung) zu lagern.
Firdapse ist verschreibungspflichtig.
Amifampridin
Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).
Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Therapie mit Amifampridin eine Schwangerschaft zuverlässig verhüten. Eine Anwendung von Firdapse während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte sicherheitshalber unterbleiben.
Letzte Aktualisierung: 26.08.2021