Arzneiformen für die Frau |
Gemäß der Monographie des Europäischen Arzneibuchs umfassen die Vaginalia flüssige, halbfeste oder feste Zubereitungen, die in der Regel eine lokale Wirkung haben und einen oder mehrere Wirkstoffe in einer geeigneten Grundlage enthalten. Dabei werden unterschieden: Vaginalzäpfchen, Vaginaltabletten, Vaginalkapseln, Vaginallösungen, Vaginalemulsionen und -suspensionen, Tabletten zur Herstellung von Vaginallösungen und -suspensionen, halbfeste Zubereitungen zur vaginalen Anwendung, Vaginalschäume und Vaginaltampons.
Neben diesen Klassikern gibt es noch die Vaginalringe (synonym Vaginalinsert), die allerdings noch nicht im europäischen Arzneibuch monographiert sind. Sie tauchen bislang nur bei den Standardterms, die zur Benennung der Arzneiform bei Fertigarzneimitteln herangezogen werden müssen, unter dem Begriff »Vaginale Wirkstofffreisetzungssysteme« auf.
Hier kommt nur selten ein Macrogol-Gemisch als Grundlage zum Einsatz. Meist wird Hartfett verwendet, dem zur besseren Spreitung auf der mit Vaginalsekret benetzten Schleimhaut teilweise Tenside wie Magrogol-20-Glycerolmonostearat oder ein Gemisch aus Macrogolcetylstearylether und Glycerolmono/diricinoleat zugesetzt sind. Derartige in Wasser dispergierbare Hartfettmassen sind auch im DAC/NRF für die Rezeptur von Vaginalzäpfchen beschrieben.
Durch den Tensidzusatz entsteht nach dem Schmelzen des Hartfetts und beim Vermischen mit dem Vaginalsekret eine W/O- oder O/W-Creme. Wird der Suppositorienmasse noch ein bioadhäsives Polymer wie Polyacrylsäure zugesetzt, lässt sich die Wirkdauer durch eine verbesserte Anhaftung am Vaginalepithel (Substantivität) verlängern. Vaginalzäpfchen stellen somit in gewisser Weise eine Übergangsform zu den halbfesten Zubereitungen dar, weisen aber den Vorteil einer einzeldosierten Arzneiform auf.
Halbfeste Zubereitungen haben passend zum hydrophilen Scheidenmilieu meist eine wässrige Außenphase, deren pH-Wert sauer eingestellt ist.
Vaginalcremes sind oft nicht-ionische hydrophile Cremes. Als Lipidphase kommen häufig flüssige Lipide wie 2-Octyldodecan-1-ol oder Isopropylmyristat zum Einsatz. Zur Emulgierung wird vorzugsweise ein Mischemulgator aus einem Sorbitanmacrogol-Fettsäureester, zum Beispiel Polysorbat 60, und einem Sorbitan-Fettsäureester eingesetzt. Als Konsistenzgeber dienen häufig Fettalkohole. Bei den Gelcremes wird zusätzlich Carbomer als Gelbildner zugesetzt. Dadurch beeinflusst man nicht nur die Konsistenz, sondern erzielt zugleich eine gewisse Bioadhäsion, obwohl Carbomergele im sauren elektrolytreichen Scheidenmilieu einen starken Konsistenzverlust erleiden.
Vaginalgele sind meist Hydrogele mit Carbomer, Hyetellose oder Hypromellose, seltener mit Polysacchariden wie Xanthan Gum, Guar Gum oder Pullulan als makromolekularem Gelbildner. Als klassische Hydrogele sind sie frei von Lipiden und Emulgatoren. Alle eingesetzten Gelbildner vermitteln eine gewisse Bioadhäsivität und verlängern dadurch die Verweilzeit in der Scheide. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt bei Polycarbophil, einer kovalent vernetzten Polyacrylsäure. Für Zubereitungen mit Polycarbophil konnte teilweise gezeigt werden, dass der vaginale pH-Wert auch noch drei bis vier Tage nach der letzten Applikation messbar verändert war.
Insbesondere bei lipidhaltigen Vaginalcremes, -zäpfchen und -ovula ist darauf hinzuweisen, dass die Arzneimittel die Sicherheit von Kondomen und Diaphragmen aus (Naturkautschuk-)Latex, Polyisopren und Polyurethan beeinträchtigen können. Hormonhaltige Zubereitungen sollen nicht unmittelbar vor dem Geschlechtsverkehr oder als Gleitmittel angewendet werden, um mögliche hormonelle Nebenwirkungen beim Partner zu vermeiden.
Wasserfreie Gele, zum Beispiel mit Dinoproston (Prostaglandin E2), auf Triacetin-Basis und mit hochdispersem Siliciumdioxid als Gelbildner sind eine Ausnahme und der Instabilität des Wirkstoffs in wässrigem Milieu geschuldet.
Den halbfesten Vaginalia wird meist ein (Dosier-)Applikator beigegeben. Dieser ermöglicht eine korrekte Dosierung zum Beispiel von halbfesten Estriol-Zubereitungen, die pro Gramm 0,5 oder 1 mg Wirkstoff enthalten. Nur so lässt sich eine überwiegend lokale Wirkung bei vaginalen Estrogenmangel-Symptomen nach der Menopause sicherstellen. Wird zu viel Creme appliziert, kommt es zu relevanten systemisch wirksamen Plasmaspiegeln, die nicht intendiert sind.
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Deutlich abzugrenzen von den vaginalen Zubereitungen sind die intrauterinen Systeme (IUS), die der Kontrazeption dienen. Neben den kupferhaltigen intrauterinen Implantaten und Pessaren gibt es auch wirkstoffhaltige IUS.
Der prinzipielle Aufbau der Handelspräparate ist praktisch identisch. Alle enthalten als Wirkstoff Levonorgestrel, das sich in einer Matrix aus Silikongummi befindet, die von einer Silikonmembran ummantelt ist. Diese bildet eine Diffusionsbarriere, die die Wirkstoffabgabe kontrolliert. Nach dem Einlegen erfolgt eine Initialfreisetzung aus der wirkstoffgesättigten Membran. Während der nachfolgenden Applikationsdauer von bis zu sechs Jahren nimmt die Wirkstofffreisetzung zwar kontinuierlich, aber nur noch in vergleichsweise geringem Maß ab. Während bei den älteren IUS die konstante Freisetzungsphase mit 20 µg/24 h startet, wird bei den neueren Systemen nur etwa die Hälfte lokal in das Uteruslumen freigesetzt.
Der kontrazeptive und therapeutische Effekt der IUS beruht auf der intrauterinen Wirkung von Levonorgestrel. Die lokal hohen Wirkspiegel vermindern die Estrogen- und die Progesteron-Rezeptor-Synthese mit starkem antiproliferativen Effekt am Endometrium. Morphologisch zeigt sich eine Dezidualisierung des Endometriums (Vorbereitung der Gebärmutterschleimhaut auf die Implantation der Blastozyste) mit schwacher partieller Fremdkörperreaktion.
Die Viskosität des Zervixschleims nimmt zu, das utero-tubare Milieu verändert sich und die Befruchtung der Eizelle wird verhindert. Bei einigen Frauen lässt sich zusätzlich eine Anovulation oder eine beeinträchtigte Follikelreifung nachweisen. Der Pearl-Index wird mit 0,16 angegeben: Die Hormonspirale ist also eine sehr sichere Verhütungsmethode. Auch wenn die Wirkung überwiegend auf einem lokalen Effekt des Gestagens beruht, so sind dennoch mehr als 90 Prozent des freigesetzten Hormons systemisch verfügbar. Die maximalen, aber sehr geringen Levonorgestrel-Plasmaspiegel im Bereich von 50 bis 300 pg/ml werden innerhalb von zwei Wochen nach der Insertion erreicht, haben allerdings kaum systemische Wirkungen.