Arzneiformen für die Frau |
Vaginale Arzneiformen werden am besten abends vor dem Schlafengehen angewendet. / Foto: Adobe Stock/siriporn kaenseeya/EyeEm
Die Vagina, Teil der inneren weiblichen Geschlechtsorgane, ist ein von Schleimhaut bedeckter, etwa 8 bis 12 cm langer Muskelschlauch. Er besteht im Wesentlichen aus glatter Muskulatur, die von Bindegewebe unterstützt wird und ausgesprochen dehnbar ist. Das vordere Ende der Vagina bildet der Scheideneingang, nach hinten wird sie durch die Portio (Muttermund) begrenzt. Im Bereich des Scheideneingangs liegen die tubulo-alveolären Bartholin-Drüsen, die in den Scheidenvorhof zwischen den kleinen Schamlippen münden und dort ein muköses alkalisches Sekret absondern, das der Befeuchtung des Scheideneingangs dient. Die Sensibilität der Vagina ist gering: Es existieren nur wenige freie Nervenendigungen, sensorische Fasern fehlen ganz.
Die arterielle Versorgung erfolgt durch die Arteria vaginalis, einen Ast der inneren Darmbeinarterie. Den venösen Abfluss besorgt ein seitlich der Vagina gelegenes Venengeflecht (Plexus venosus vaginalis), das in die innere und dann gemeinsame Darmbeinvene mündet. Dadurch entfällt der hepatische First-Pass-Metabolismus, sodass Wirkstoffe mit einem ausgeprägten Metabolismus bei der ersten Leberpassage, zum Beispiel Estradiol, deutlich höhere Plasmaspiegel erreichen als bei peroraler Gabe.
Die Anwendung vaginaler Arzneiformen ist nicht trivial. Hier ist feinfühlige pharmazeutische Beratung nötig. / Foto: Adobe Stock/Gorodenkoff
Das mehrschichtige unverhornte Plattenepithel der Vagina unterliegt hormonellen Einflüssen und ändert sich daher bei der geschlechtsreifen Frau zyklisch (Vaginalzyklus). Unter Estrogeneinfluss nimmt die Epitheldicke zu, unter Progesteroneinfluss nimmt sie ab. Der mit dem Klimakterium einsetzende Estrogenmangel führt zu einer vulvovaginalen Atrophie. Die Scheidenwand wird dünner, die Schamlippen bilden sich zurück und die Erregbarkeit nimmt bei vielen Frauen ab.
Das Vaginalsekret ist – mit Ausnahme des Teils, den die Bartholin-Drüsen beisteuern – ein Transsudat des Vaginalepithels und dient der Lubrifikation der Scheide. Diese Flüssigkeit stammt aus der subepithelialen Bindegewebsschicht (Lamina propria), die viele Kapillaren enthält, die – insbesondere bei sexueller Erregung – ein Transsudat durch das Epithel in die Scheide abgeben.
Das Vaginalsekret setzt sich unter anderem aus Wasser, Elektrolyten, Harnstoff, organischen Säuren, zum Beispiel Fettsäuren, Essig- und Milchsäure, sowie Proteinen wie Immunglobulinen zusammen. Ferner enthält es abgeschilferte Epithelzellen, vereinzelte Leukozyten und Erythrozyten (vermehrt während der Menstruation) und Bakterien der Scheidenflora.
Diese Flora wird bei Frauen im gebärfähigen Alter im physiologischen Zustand durch unterschiedliche Arten von Laktobazillen (Döderlein-Stäbchen) dominiert. Durch ihre Milchsäureproduktion sorgen sie für ein saures Milieu mit einem pH-Wert zwischen 4 und 5. Als Substrat der Milchsäureproduktion dient Glykogen, das unter dem Einfluss von Estrogen von den Epithelzellen produziert wird. Ebenfalls von großer physiologischer Bedeutung ist das H2O2, das diese Bakterien produzieren. Es dient zusammen mit dem sauren pH-Wert als Schutz vor der Besiedlung mit pathogenen Keimen.
Menge und Zusammensetzung des Vaginalsekrets hängen unter anderem von hormonellen Faktoren und vom Alter ab. Konsistenz, Farbe und Geruch ändern sich daher in verschiedenen Lebensphasen (Schwangerschaft, Stillzeit, Menopause).
Scheidentrockenheit, zum Beispiel in der Menopause, ist ein Symptom unzureichender Produktion von Vaginalsekret. Dies äußert sich vor allem durch Juckreiz, Brennen oder ein unangenehmes Druckgefühl. Wird die trockene Scheide stark gereizt, etwa beim Geschlechtsverkehr, kann es auch zu Blutungen kommen. Zudem verschwinden bei Wegfall der Estrogenwirkung die Milchsäurebakterien, der pH-Wert steigt und die Keimbesiedelung der Scheide verändert sich. Scheide und Harnwege werden dadurch anfälliger für Entzündungen und Infektionskrankheiten.
In der Schwangerschaft erhöht sich die Durchblutung der Scheide und führt wie in fortgeschrittener Schwangerschaft zusätzlich das Gewicht des Kindes, das nach unten drückt, zu einer Schwellung der Vagina. Die vermehrte Produktion von Scheidensekret verstärkt den Ausfluss. Außerdem verschiebt sich der pH-Wert von leicht sauer nach neutral bis schwach basisch und das normale Vaginalmikrobiom (dominiert durch Lactobazillen) kann aus dem Gleichgewicht geraten. Infolgedessen kann es zu Pilzbefall oder einer bakteriellen Vaginose kommen.
Eine erhöhte Menge an Vaginalsekret bezeichnet man als Scheidenausfluss (Fluor vaginalis). Dies muss nicht, kann aber durchaus ein Symptom gynäkologischer Erkrankungen sein. Ein in Konsistenz und Farbe veränderter Ausfluss weist auf eine Erkrankung hin. Gleichzeitig auftretender Juckreiz oder Schmerzen sind ein Alarmsignal.
Häufig sind Infektionen mit Bakterien oder Pilzen die Ursache des Fluor vaginalis.
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Eine angemessene Pflege schützt vor Infektionen im Intimbereich. Allerdings schadet übertriebene Intimpflege mehr als sie nützt, denn grundsätzlich ist die Scheide selbstreinigend. Das Vaginalsekret wirkt antimikrobiell und befördert auch Krankheitserreger aus der Scheide. Eine Reinigung betrifft daher ausschließlich den äußeren Bereich, also die Schamlippen, aber nicht den Scheideneingang oder gar die Vagina. Am besten werden dabei lediglich lauwarmes Wasser und die Hände benutzt, um Smegma zu entfernen, das sich aus Talgabsonderungen, abgestorbenen Hautzellen sowie Urin- und (gegebenenfalls) Spermarückständen zusammensetzt. Waschlappen sind nach der Verwendung hygienisch zu reinigen oder es werden am besten gleich Einmalwaschlappen verwendet. Seifen, Duschgels oder Intimwaschprodukte dürfen, wenn überhaupt, nur äußerlich angewandt werden und sollen den physiologischen pH-Wert nicht stören.
Die Reinigung reicht einmal täglich. Nach dem Geschlechtsverkehr oder nach dem Sport ist eine erneute Pflege sinnvoll.
Scheidenspülungen, die eine Reinigung von innen versprechen, sind kontraproduktiv, da sie das natürliche Gleichgewicht stören und dadurch die physiologische Abwehrkraft schwächen. Duftstoffe oder Intimsprays dienen nicht der Intimpflege und sind zur Gesundheitsvorsorge nicht geeignet.
Auch wenn sich in der Schwangerschaft der pH-Wert der Scheide erhöht und Bakterien es leichter haben, sich anzusiedeln, dürfen schwangere Frauen die Pflege nicht übertreiben. Reiben und Rubbeln sind absolut tabu. Stattdessen gilt auch in der Schwangerschaft, dass einmal täglich warmes Wasser in der Regel ausreicht.
Vaginalia dienen meist zur Lokaltherapie. Sie sind inzidiert bei bakteriellen Infektionen, bei Ausfluss und Entzündungen der Scheide durch Pilze (meist Candida) sowie zur Geburtseinleitung durch Prostaglandine. Auch vaginal applizierte Hormonpräparate, zum Beispiel zur Kontrazeption, zur assistierten Reproduktion oder bei einer Hormonersatztherapie, wirken überwiegend lokal. Typische Wirkstoffe in Vaginalia sind in der Tabelle zusammengefasst.
Aufgrund der physiologischen Gegebenheiten ist in Abhängigkeit von den physikochemischen Eigenschaften des Wirkstoffs nach dessen Freisetzung in der Vagina meist auch dessen Resorption zu erwarten. Dies kann erwünscht sein, wenn dadurch die Wirksamkeit verstärkt wird. Häufig ist es aber unerwünscht, da damit auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) verbunden sein können.
Wirkstoffklasse | Substanzen |
---|---|
Antibiotika, Antiinfektiva | Clindamycin, Metronidazol |
Antimykotika | Ciclopirox, Clotrimazol, Fenticonazol, Miconazol, Nystatin |
Antiseptika | Dequaliniumchlorid, Hexetidin, Octenidin, Polyhexanid, Povidon-Iod, Policresulen |
Estrogene | Estradiol, Estriol, Ethinylestradiol, Prasteron (Dehydroepiandrosteron, DHEA) |
Gestagene | Etonogestrel, Progesteron |
Mikrobizide | Astodrimer-Natrium |
Antiphlogistika | Benzydaminhydrochlorid |
Phytopharmaka, Homöopathika | Majoran, Melisse, Ringelblume, Sonnenhut |
Präbiotika | Milchsäure, Inositol |
Probiotika | Lactobacillus-Stämme |
Prostaglandine | Misoprostol, Dinoproston |
Vitamine | Ascorbinsäure |
Neben Arzneimitteln gibt es eine Vielzahl von Medizinprodukten, die meist auf eine Befeuchtung der Vagina und Normalisierung des Scheidenmilieus abzielen, wobei diese Produkte oft Milchsäure und/oder Lactobacillus-Kulturen oder -Hydrolysate enthalten. Da lebende Mikroorganismen in Arzneimitteln sehr feuchteempfindlich sind, können sie nur in wasserfreien Formulierungen wie Tabletten oder Suppositorien ausreichend lagerstabil formuliert werden. Hyaluronsäure wird bei Scheidentrockenheit eingesetzt. Sie hat ein hohes Wasserbindungsvermögen und ist zusätzlich bioadhäsiv, wodurch eine andauernde Befeuchtung der Vaginalschleimhaut erreicht werden kann.
Gemäß der Monographie des Europäischen Arzneibuchs umfassen die Vaginalia flüssige, halbfeste oder feste Zubereitungen, die in der Regel eine lokale Wirkung haben und einen oder mehrere Wirkstoffe in einer geeigneten Grundlage enthalten. Dabei werden unterschieden: Vaginalzäpfchen, Vaginaltabletten, Vaginalkapseln, Vaginallösungen, Vaginalemulsionen und -suspensionen, Tabletten zur Herstellung von Vaginallösungen und -suspensionen, halbfeste Zubereitungen zur vaginalen Anwendung, Vaginalschäume und Vaginaltampons.
Neben diesen Klassikern gibt es noch die Vaginalringe (synonym Vaginalinsert), die allerdings noch nicht im europäischen Arzneibuch monographiert sind. Sie tauchen bislang nur bei den Standardterms, die zur Benennung der Arzneiform bei Fertigarzneimitteln herangezogen werden müssen, unter dem Begriff »Vaginale Wirkstofffreisetzungssysteme« auf.
Hier kommt nur selten ein Macrogol-Gemisch als Grundlage zum Einsatz. Meist wird Hartfett verwendet, dem zur besseren Spreitung auf der mit Vaginalsekret benetzten Schleimhaut teilweise Tenside wie Magrogol-20-Glycerolmonostearat oder ein Gemisch aus Macrogolcetylstearylether und Glycerolmono/diricinoleat zugesetzt sind. Derartige in Wasser dispergierbare Hartfettmassen sind auch im DAC/NRF für die Rezeptur von Vaginalzäpfchen beschrieben.
Durch den Tensidzusatz entsteht nach dem Schmelzen des Hartfetts und beim Vermischen mit dem Vaginalsekret eine W/O- oder O/W-Creme. Wird der Suppositorienmasse noch ein bioadhäsives Polymer wie Polyacrylsäure zugesetzt, lässt sich die Wirkdauer durch eine verbesserte Anhaftung am Vaginalepithel (Substantivität) verlängern. Vaginalzäpfchen stellen somit in gewisser Weise eine Übergangsform zu den halbfesten Zubereitungen dar, weisen aber den Vorteil einer einzeldosierten Arzneiform auf.
Halbfeste Zubereitungen haben passend zum hydrophilen Scheidenmilieu meist eine wässrige Außenphase, deren pH-Wert sauer eingestellt ist.
Vaginalcremes sind oft nicht-ionische hydrophile Cremes. Als Lipidphase kommen häufig flüssige Lipide wie 2-Octyldodecan-1-ol oder Isopropylmyristat zum Einsatz. Zur Emulgierung wird vorzugsweise ein Mischemulgator aus einem Sorbitanmacrogol-Fettsäureester, zum Beispiel Polysorbat 60, und einem Sorbitan-Fettsäureester eingesetzt. Als Konsistenzgeber dienen häufig Fettalkohole. Bei den Gelcremes wird zusätzlich Carbomer als Gelbildner zugesetzt. Dadurch beeinflusst man nicht nur die Konsistenz, sondern erzielt zugleich eine gewisse Bioadhäsion, obwohl Carbomergele im sauren elektrolytreichen Scheidenmilieu einen starken Konsistenzverlust erleiden.
Vaginalgele sind meist Hydrogele mit Carbomer, Hyetellose oder Hypromellose, seltener mit Polysacchariden wie Xanthan Gum, Guar Gum oder Pullulan als makromolekularem Gelbildner. Als klassische Hydrogele sind sie frei von Lipiden und Emulgatoren. Alle eingesetzten Gelbildner vermitteln eine gewisse Bioadhäsivität und verlängern dadurch die Verweilzeit in der Scheide. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt bei Polycarbophil, einer kovalent vernetzten Polyacrylsäure. Für Zubereitungen mit Polycarbophil konnte teilweise gezeigt werden, dass der vaginale pH-Wert auch noch drei bis vier Tage nach der letzten Applikation messbar verändert war.
Insbesondere bei lipidhaltigen Vaginalcremes, -zäpfchen und -ovula ist darauf hinzuweisen, dass die Arzneimittel die Sicherheit von Kondomen und Diaphragmen aus (Naturkautschuk-)Latex, Polyisopren und Polyurethan beeinträchtigen können. Hormonhaltige Zubereitungen sollen nicht unmittelbar vor dem Geschlechtsverkehr oder als Gleitmittel angewendet werden, um mögliche hormonelle Nebenwirkungen beim Partner zu vermeiden.
Wasserfreie Gele, zum Beispiel mit Dinoproston (Prostaglandin E2), auf Triacetin-Basis und mit hochdispersem Siliciumdioxid als Gelbildner sind eine Ausnahme und der Instabilität des Wirkstoffs in wässrigem Milieu geschuldet.
Den halbfesten Vaginalia wird meist ein (Dosier-)Applikator beigegeben. Dieser ermöglicht eine korrekte Dosierung zum Beispiel von halbfesten Estriol-Zubereitungen, die pro Gramm 0,5 oder 1 mg Wirkstoff enthalten. Nur so lässt sich eine überwiegend lokale Wirkung bei vaginalen Estrogenmangel-Symptomen nach der Menopause sicherstellen. Wird zu viel Creme appliziert, kommt es zu relevanten systemisch wirksamen Plasmaspiegeln, die nicht intendiert sind.
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Deutlich abzugrenzen von den vaginalen Zubereitungen sind die intrauterinen Systeme (IUS), die der Kontrazeption dienen. Neben den kupferhaltigen intrauterinen Implantaten und Pessaren gibt es auch wirkstoffhaltige IUS.
Der prinzipielle Aufbau der Handelspräparate ist praktisch identisch. Alle enthalten als Wirkstoff Levonorgestrel, das sich in einer Matrix aus Silikongummi befindet, die von einer Silikonmembran ummantelt ist. Diese bildet eine Diffusionsbarriere, die die Wirkstoffabgabe kontrolliert. Nach dem Einlegen erfolgt eine Initialfreisetzung aus der wirkstoffgesättigten Membran. Während der nachfolgenden Applikationsdauer von bis zu sechs Jahren nimmt die Wirkstofffreisetzung zwar kontinuierlich, aber nur noch in vergleichsweise geringem Maß ab. Während bei den älteren IUS die konstante Freisetzungsphase mit 20 µg/24 h startet, wird bei den neueren Systemen nur etwa die Hälfte lokal in das Uteruslumen freigesetzt.
Der kontrazeptive und therapeutische Effekt der IUS beruht auf der intrauterinen Wirkung von Levonorgestrel. Die lokal hohen Wirkspiegel vermindern die Estrogen- und die Progesteron-Rezeptor-Synthese mit starkem antiproliferativen Effekt am Endometrium. Morphologisch zeigt sich eine Dezidualisierung des Endometriums (Vorbereitung der Gebärmutterschleimhaut auf die Implantation der Blastozyste) mit schwacher partieller Fremdkörperreaktion.
Die Viskosität des Zervixschleims nimmt zu, das utero-tubare Milieu verändert sich und die Befruchtung der Eizelle wird verhindert. Bei einigen Frauen lässt sich zusätzlich eine Anovulation oder eine beeinträchtigte Follikelreifung nachweisen. Der Pearl-Index wird mit 0,16 angegeben: Die Hormonspirale ist also eine sehr sichere Verhütungsmethode. Auch wenn die Wirkung überwiegend auf einem lokalen Effekt des Gestagens beruht, so sind dennoch mehr als 90 Prozent des freigesetzten Hormons systemisch verfügbar. Die maximalen, aber sehr geringen Levonorgestrel-Plasmaspiegel im Bereich von 50 bis 300 pg/ml werden innerhalb von zwei Wochen nach der Insertion erreicht, haben allerdings kaum systemische Wirkungen.
Vaginaltabletten unterscheiden sich nur wenig von peroralen Tabletten. Wichtige Hilfsstoffe sind mikrokristalline Cellulose und Laktose als Füll- und Bindemittel, Magnesiumstearat als Schmiermittel und Maisstärke als Zerfallsmittel. Der Zusatz eines Milchsäure-Laktat-Puffers bei Clotrimazol-Tabletten bewirkt eine Adaptierung an das Scheidenmilieu und sorgt außerdem für eine raschere Auflösung des Wirkstoffs und damit eine verbesserte Wirksamkeit.
Ein schäumender Brausesatz aus Adipinsäure, Natriumhydrogencarbonat und einem Tensid (Natriumdodecylsulfat oder Polysorbat) fördert den Zerfall von Vaginaltabletten und sorgt für eine gleichmäßigere Verteilung auf der Vaginalschleimhaut. Eine Art zu Tabletten gepresste Schaumcreme erhält man mit folgenden Hilfsstoffen: mikrokristalline Cellulose, Magnesiumstearat, 1-Tetradecanol, Polysorbat 60, Povidon K 25, Crospovidon, hochdisperses Siliciumdioxid, Sorbitol, langkettige Partialglyceride und Weinsäure.
Da Brausesätze durch Wasser aktiviert werden, sind solche Vaginaltabletten trocken zu lagern. Sie dürfen höchstens unmittelbar vor dem Einführen in die Scheide an der Oberfläche mit Wasser benetzt werden, um die Gleitfähigkeit zu verbessern.
Feste Arzneiformen wie Vaginaltabletten werden häufig mittels Applikator eingeführt. Dieser muss nach jeder Anwendung gereinigt werden. / Foto: Daniels
Vaginaltabletten sind mechanisch meist weniger stabil als perorale Tabletten und müssen daher vorsichtiger gehandhabt werden. Vaginaltabletten und -zäpfchen werden sinnvollerweise abends vor dem Schlafengehen, am besten in Rückenlage mit leicht angezogenen Beinen, tief in die Scheide eingeführt.
Vielen Vaginaltabletten sind zur leichteren Anwendung Applikatoren beigepackt, die zur Mehrfachverwendung bestimmt sind. Zur Verbesserung ihrer Gleitfähigkeit können sie mit Wasser oder einer Gleitcreme benetzt werden. Nach jeder Anwendung sind die zerlegten Applikatoren mit warmem Wasser zu reinigen. Während der Schwangerschaft sollte die Frau keinen Applikator benutzen, um eine mechanische Verletzung des Muttermunds zu vermeiden.
Der erste im deutschen Markt verfügbare Vaginalring war Estring® zur lokalen Estrogen-Langzeittherapie (Dreimonatstherapie). Die kontrollierte Wirkstoffabgabe erfolgt bei dieser membrangesteuerten Depotarzneiform durch passive Diffusion aufgrund des Konzentrationsgradienten zwischen Wirkstoffreservoir und Außenseite des Silikonrings.
Während der ersten 36 Stunden ist eine rasche Initialfreisetzung zu beobachten, die auf einer Wirkstoffsättigung der Silikonmembran während der Lagerung beruht. Danach gibt das Vaginalinsert weitgehend konstant 7,5 µg Estradiol pro Tag ab. Solch eine gleichmäßige Wirkstoffdiffusion setzt einen praktisch konstanten Konzentrationsgradienten während des 90-tägigen Applikationsintervalls voraus. Dieses wird durch Freisetzung von nur etwa einem Drittel der im Reservoir enthaltenen Wirkstoffmenge erreicht.
Da das Vaginalinsert deutlich weniger Wirkstoff als zum Beispiel ein transdermales Pflaster pro Tag abgibt, sind die resultierenden Plasmaspiegel (< 30 pmol/l) niedrig. Systemische Effekte werden trotz der guten vaginalen Resorption von Estradiol weitestgehend vermieden. Die primäre Zweckbestimmung des Vaginalrings ist die Lokaltherapie der durch den Estrogenmangel verursachten Beschwerden im unteren Genitaltrakt. Das Arzneimittel ist nicht wirksam gegen systemische Beschwerden des Klimakteriums, zum Beispiel Hitzewallungen, oder zur Osteoporose-Prophylaxe. Andererseits sind systemisch bedingte unerwünschte Wirkungen kaum zu befürchten. Selbstverständlich ist der Estrogen-Vaginalring auch nicht zur Kontrazeption geeignet.
Da Silikonringe im Anschluss an ein Spritzgussverfahren durch eine Hydrosilylierungsreaktion aus PDMS-PMHS (Polydimethylsiloxan-Polymethylhydrosiloxan) und VPDMS (Poly(Dimethylsiloxan-co-methylvinylsiloxan)) in der Form bei etwa 80 °C »gebacken« werden, weisen sie keine Nahtstelle auf und neigen nicht zum Ringbruch.
Anders ist die Situation bei den Vaginalringen (vaginale Freisetzungssysteme) zur Kontrazeption. Diese werden extrudiert, auf die gewünschte Länge geschnitten und danach an den beiden Enden verschweißt. Hierdurch ergibt sich eine mögliche Sollbruchstelle. Hiervon waren im Jahr 2018 insbesondere generische Inserte betroffen, die zur zweiten Generation der kontrazeptiven Vaginalringe gehören (AMK-Meldung 43/19: Unerwartet hohes Risiko von Ringbrüchen bei generischen Vaginalringen).
Bei den Vaginalringen der ersten Generation erfolgt die retardierte Wirkstofffreisetzung aus einem Depot aus Ethylen-Vinylacetat-Copolymer (72:28), das von einer weiteren Schicht von Ethylen-Vinylacetat-Copolymer (91:9) mit geringerer Löslichkeit und Diffusionsgeschwindigkeit für die Wirkstoffe ummantelt ist. Werden diese Vaginalringe gelagert, so verteilt sich Wirkstoff aus dem Reservoir in die äußere Membran um. Dieser Prozess beschleunigt sich mit steigender Temperatur. Damit sich das Wirkstoffabgabeprofil nicht substanziell verändert, müssen die Vaginalringe der ersten Generation im Kühlschrank gelagert werden.
Bei den Vaginalringen der zweiten Generation besteht die äußere Membran aus Polyurethan. Dieses Polymer wird erst nach Hydratation, also nach der vaginalen Applikation, ausreichend permeabel für die Wirkstoffe. Während der Lagerung findet keine merkliche Diffusion in die Barrieremembran statt; die Lagerung kann bei Raumtemperatur erfolgen. Anscheinend ist hier das Verschweißen der beiden Enden des Extrudats aber problematischer, was die Ringbrüche erklären könnte.
Vergessene Applikation:
Ring wurde länger als drei Wochen angewandt:
Ring war weniger als drei Stunden außerhalb der Vagina:
Ring war mehr als drei Stunden außerhalb der Vagina:
Beide Typen der kontrazeptiven Vaginalringe geben 0,12 mg Etonogestrel und 0,015 mg Ethinylestradiol pro Tag weitgehend konstant während der dreiwöchigen Applikationsdauer ab. Danach folgt eine einwöchige ring- und hormonfreie Phase, in der eine Abbruchblutung eintritt. Die empfängnisverhütende Wirkung beruht auf verschiedenen Mechanismen, von denen die Ovulationshemmung am wichtigsten ist. Beide Hormone werden nach der Freisetzung rasch über die Vaginalschleimhaut resorbiert. Die systemische Hormonbelastung ist mit einer Einphasen-Mikropille vergleichbar. Der Pearl-Index wird mit 0,4 bis 0,65 angegeben.
Ein weiteres Anwendungsgebiet für Vaginalringe ist die HIV-Infektionsprophylaxe. In den USA ist ein Vaginalring zugelassen, der den antiretroviral wirksamen, nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitor Dapivirin (25 mg) in einer Silikonpolymer-Matrix enthält. Daraus sollen innerhalb von vier Wochen etwa 4 mg Dapivirin topisch in die Vagina abgegeben werden. Der Vaginalring ist indiziert zur Reduktion des Risikos für eine vaginale HIV-Übertragung bei sexuell aktiven, HIV-negativen Frauen ab 18 Jahren in Kombination mit Safer-Sex-Maßnahmen.
Eine sehr preiswerte Massenproduktion wäre möglich, wenn die Vaginalringe aus Ethylen-Vinylacetat-Copolymer in einem Spritzgussverfahren als monolithische Matrixsysteme hergestellt würden. Von derartigen Systemen erwartet man ein großes Potenzial zur HIV-Bekämpfung, zum Beispiel in Afrika.
Vaginalinsert für die kontrollierte intravaginale Dinoproston-Freisetzung / Foto: Daniels
Vaginalinserte können aber auch von der üblichen Ringform abweichen. Beispielsweise dient bei Propess® ein etwa 3 cm langes, 1 cm breites und knapp 1 mm dickes Insert als Depot für 10 mg Dinoproston (Prostaglandin E2), aus dem etwa 0,3 mg Wirkstoff pro Stunde kontrolliert abgegeben werden. Das elastische Plättchen besteht aus einem Hydrogelpolymer, das durch kovalente Verknüpfung aus Macrogol 8000, 4,4’-Methylendicyclohexyldiisocyanat und Hexan-1,2,6-triol synthetisiert wird. Es wird (ausschließlich von geschultem Personal in Kliniken) tief in das hintere Scheidengewölbe eingeführt und soll die Zervixreifung in der Spätschwangerschaft anregen. Es muss nach spätestens 24 Stunden durch behutsamen Zug am Rückholband aus Polyestergarn entfernt werden, auch wenn keine Zervixreifung erreicht wurde.
Gegenüber den vaginalen Prostaglandin-Gelen hat das Insert den Vorteil, dass nur eine einmalige vaginale Manipulation nötig ist. Aufgrund der Instabilität des Wirkstoffs muss es tiefgekühlt gelagert werden.
Rolf Daniels studierte Pharmazie in Regensburg und wurde 1985 im Fach Pharmazeutische Technologie promoviert. Zunächst als Laborleiter in der pharmazeutischen Industrie tätig, arbeitete er ab 1987 als Akademischer Rat am Institut für Pharmazie der Universität Regensburg. Nach der Habilitation für das Fach Pharmazeutische Technologie (1994) war Daniels Universitätsprofessor (C3) am Institut für Pharmazeutische Technologie der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig. Seit 2005 leitet er den Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie an der Universität Tübingen.