Apotheker im Norden starten neues AMTS-Projekt |
So regelmäßig soll der Herzschlag im EKG aussehen. Viele Arzneistoffe können den Rhythmus jedoch gefährlich beeinflussen. / Foto: Getty Images/Yuichiro Chino
Das QT-Intervall beschreibt die Erregungsdauer der Herzkammern. Im Elektrokardiogramm (EKG) entspricht dies der Zeit vom Beginn der sogenannten Q-Zacke bis zum Ende der T-Welle. Von einer QT-Zeit-Verlängerung spricht man, wenn dieses Intervall über 550 Millisekunden ausgedehnt wird. Ein solcher Effekt ist eine mögliche Nebenwirkung zahlreicher Medikamente, zum Beispiel bei vielen Antiarrhythmika, Psychopharmaka, Antibiotika oder Zytostatika, aber auch manchen rezeptfrei erhältlichen Arzneistoffen wie den Antihistaminika Loratadin und Cetirizin.
Vor allem wenn zwei oder mehr dieser QT-Zeit-verlängernden Medikamente kombiniert werden, steigt das Risiko für potenziell lebensbedrohliche ventrikulären Herz-Rhythmus-Störungen vom Typ der Torsade de pointes mit Schwindel, Synkopen, Übelkeit und gegebenenfalls auch plötzlichem Herztod. Der französische Begriff Torsade de pointes steht für die schraubenförmige Windung der EKG-Kurve um die isoelektrische Linie.
Um die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) von Patienten mit QT-Zeit-verlängernder Medikation zu verbessern, wurde das Projekt QT-Life ins Leben gerufen, das am 1. April in Schleswig-Holstein startet. Teilnehmen kann dort jeder DAK-Versicherte, der in einer in das Projekt integrierten Apotheke ein QT-relevantes Medikament auf Rezept erhält. Die Apothekerin oder der Apotheker informieren den oder die Versicherte bei der Rezepteinlösung entsprechend und bieten die kostenfreie Teilnahme am QT-Life-Projekt . Stimmt dieser zu, wird er in der Apotheke nach entsprechender Arzneimittelanamnese, erstellt mit Hilfe der Software MediCheck® von Pharma4u, mit einem mobilen EKG-Sensor ausgestattet, der 24 Stunden getragen werden soll.
Nach Ablauf der 24 Stunden wird der Sensor in der Apotheke entfernt und die Daten zusammen mit einem kommentierten Medikationsbericht auf einen gesicherten Server der Kardiologen hochgeladen. Schon während der Übertragung wird eine nicht diagnostische Schnelluntersuchung auf außergewöhnliche EKG-Merkmale durchgeführt, um mögliche kardiologische Notfälle abzufangen. Gleichermaßen kann die zuständige Leitstelle der Ärztegenossenschaft Nord über den gemeinsamen Server die Befundung durch einen teilnehmenden Kardiologen und die weitere Kommunikation im ärztlichen Versorgungssystem sicherstellen. Bei Auffälligkeiten erfolgt die umgehende Weiterleitung in die ärztliche Versorgung.
Das Projekt QT-Life zur Früherkennung von QT-Zeit-Verlängerungen als unerwünschte Arzneimittelwirkung wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Bereich »Neue Versorgungsformen« mit 3,1 Millionen Euro gefördert. Partner des Projekts sind die DAK-Gesundheit, der Apothekerverband Schleswig-Holstein, die Ärztegenossenschaft Nord, die Technologiefirma Nambaya und für die AMTS-Leistung der Apotheken als Dienstleister im Auftrag des Apothekerverbands der zur Avoxa-Mediengruppe gehörige AMTS-Spezialist Pharma4u. Geleitet wird das Projekt vom Smartstep Data Institut, Hamburg. Die Evaluation der gewonnenen Erkenntnisse obliegt dem Institut für Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) unter Leitung von Professor Dr. Matthias Augustin.
Bereits seit Langem machen sich Dr. Peter Froese, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, und Dr. Svante Gehring, Erster Sprecher der Ärztegenossenschaft Nord, gemeinsam mit Thomas Bodmer, Vorstandsmitglied der DAK-Gesundheit, und Dr. Timm Volmer, Geschäftsführer des Smartstep Data Instituts, für dieses Projekt stark. Grundstrukturen und Methoden dieser neuen Dienstleistung und Versorgungsform wurden erstmals 2018 beim »5. Deutschen Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie« in Berlin vorgestellt.
Als einer der Mitinitiatoren und Vorkämpfer hat Apotheker Froese unter anderem auch auf die Bedeutung dieses Projekts bei zahlreichen Online-Informationsveranstaltungen des Apothekerverbands im Laufe des vergangenen Jahres hingewiesen. Es berge große Chancen hinsichtlich der Stärkung der Arzneimitteltherapiesicherheit.