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Thrombose-Risiko

Antibabypille versus Astra-Zeneca-Impfung

Thrombose-Risiko unter »der Pille«

Generell erhöhen einige hormonelle Kontrazeptiva das Risiko für venöse Thromboembolien (VTE), also für ein Blutgerinnsel in einer Vene, insbesondere für tiefe Beinvenenthrombosen, Armvenenthrombosen und auch für Hirnvenenthrombosen.

Jedoch lässt sich das Risiko für »die Pille« nicht pauschalisieren. Denn es muss zwischen Estrogen-Gestagen-Kombinationspräparaten sowie reinen Gestagen-Präparaten (»Minipille«) und außerdem zwischen den einzelnen Wirkstoffen an sich differenziert werden. Generell geht von oralen Gestagen-Monopräparaten kein signifikant erhöhtes Risiko aus, so die aktuelle S3-Leitlinie »Hormonelle Empfängnisverhütung« . Allerdings besteht bei der »Minipille« auch ein geringerer kontrazeptiver Schutz als bei Kombinationspräparaten. Diese enthalten als Estrogen-Komponente meist das oral bioverfügbare Ethinylestradiol. Das Thrombose-Risiko ist dann neben der Dosierung auch abhängig von der zusätzlich enthaltenen Gestagen-Komponente.

Generelles Thromboserisiko für Frauen, die… Anzahl pro Jahr
keine hormonalen Verhütungsmittel verwenden und nicht schwanger sind Etwa 2 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Levonorgestrel, Norethisteron oder Norgestimat enthält Etwa 5-7 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Etonogestrel oder Norelgestromin enthält Etwa 6-12 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Dienogest enthält Etwa 8-11 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Drospirenon, Gestoden oder Desogestrel enthält Etwa 9-12 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Chlormadinon oder Nomegestrol enthält Noch nicht bekannt, auf europäischer Ebene werden derzeit Studien ausgewertet
Risiko innerhalb eines Jahres eine venöse Thromboembolie zu entwickeln, Quelle: BfArM

Ungefähr zwei von 10.000 Frauen, die kein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum anwenden und nicht schwanger sind, erleiden im Verlauf eines Jahres eine VTE. Durch die Einnahme eines Levonorgestrel-haltigen Kombinationspräparates mit dem mitunter geringsten Thrombose-Risiko steigt dieses auf etwa fünf bis sieben von 10.000 Frauen. Meistens treten unter »der Pille« Thrombosen in den Beinen auf. Die Gerinnsel können sich lösen und zur Lunge wandern, wo sie ein Gefäß verstopfen können – dann spricht man von einer Lungenembolie. VTE verlaufen selten, in etwa 1 bis 2 Prozent der Fälle, tödlich.

Thrombosen im Gehirn werden unter »der Pille« selten beobachtet. In einer Mitteilung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) aus dem Jahr 2013 heißt es: »Im deutschen Spontanmeldesystem sind seit dem Beginn der 1990er-Jahre insgesamt etwa 80 Fälle von zerebralen venösen Thrombosen (CVT) im Zusammenhang mit der Einnahme von kombinierten oralen Kontrazeptiva erfasst worden.« Das würde circa 3,5 Fällen pro Jahr entsprechen. Insgesamt wurden bei bislang sieben Millionen Impfungen mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff in der Europäischen Union und etwa elf Millionen Impfungen in Großbritannien innerhalb weniger Monate 18 Fälle von zerebralen Sinus- und Venenthrombosen (CVST) und sieben Fälle von disseminierter intravasale Koagulopathie (DIC) berichtet (Stand 18.3.2021). Das entspricht runtergerechnet etwa einem CVST-Fall pro einer Million Geimpfter. In neun Fällen endeten die Komplikationen tödlich.

Der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover, Dr. Christian Albring, äußerte sich gegenüber dem Nachrichtenportal »Correctiv« am 19.03.21 wie folgt: »Dass eine Thrombose zuerst in einer Hirnvene auftritt und nicht in den Beinen, ist extrem selten. (…) Eine ähnliche Anzahl von Sinusvenenthrombosen, wie nach der Astra-Zeneca-Impfung, also nach 1,6 Millionen Impfungen sieben Sinusvenenthrombosen, ist bei Verwendung der hormonellen Verhütung mit der kombinierten Antibabypille nicht bekannt.«

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