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Thrombose-Risiko

Antibabypille versus Astra-Zeneca-Impfung

Der Covid-19-Impfstoff von Astra-Zeneca könnte möglicherweise schwerwiegende Hirnvenenthrombosen verursachen. Auch »die Pille« erhöht bekanntermaßen das Thrombose-Risiko. Warum der viel zitierte Vergleich hinkt.
AutorKontaktCarolin Lang
Datum 22.03.2021  18:00 Uhr

Der mögliche Zusammenhang zwischen der Impfung mit der Astra-Zeneca-Vakzine und dem Auftreten von Blutgerinnseln in den Hirnvenen hat unter anderem in Deutschland zum temporären Aussetzen der Verimpfung geführt. Inzwischen hat die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) das Nutzen-Risiko-Verhältnis neu bewertet und für positiv befunden, weshalb die Impfungen wiederaufgenommen wurden. In journalistischen und sozialen Medien kam es zu Vergleichen mit dem Thromboserisiko oraler Kontrazeptiva. Doch ist ein Vergleich an dieser Stelle nicht so einfach möglich, denn Thrombose ist nicht gleich Thrombose.

Bei den Gerinnungsstörungen, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Astra-Zeneca-Impfung auftraten, handelt es sich um Hirnvenenthrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie). Die Krankheit ist laut dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) schwerwiegend und zudem schwer zu behandeln. In Deutschland sind bislang dreizehn solcher Fälle bekannt (Stand 18.03.2021), wovon drei tödlich verliefen. Die Anzahl der Fälle sei statistisch signifikant höher als die Anzahl von Hirnvenenthrombosen, die normalerweise in der Bevölkerung ohne Impfung auftreten, so das PEI. Ein Teil der betroffenen Personen hatten eine besondere Form von Hirnvenenthrombosen, nämlich eine Sinusvenenthrombose.

Bei Hirnvenenthrombosen kommt es zu einem Verschluss einzelner zerebraler Venen. Die Gehirnvenen sammeln sich in großen Sammelbecken, den sogenannten »Sinus durae matris«. Teilweise werden diese auch als Sinusvenen bezeichnet. Von dort aus fließt das Blut unter anderem ins Herz ab. In besonders schweren Fällen können sämtliche Sinus thromboisiert sein, was den Abfluss des Blutes aus dem Gehirn behindert. Dies kann in Kopfschmerzen, Bewusstseinstrübung durch zunehmenden Hirndruck sowie epileptische Anfällen resultieren. Erfolgt eine Behandlung zu spät, kann der Hirndruck unkontrollierbar steigen und bei Betroffenen zum Tod führen.

Thrombose-Risiko unter »der Pille«

Generell erhöhen einige hormonelle Kontrazeptiva das Risiko für venöse Thromboembolien (VTE), also für ein Blutgerinnsel in einer Vene, insbesondere für tiefe Beinvenenthrombosen, Armvenenthrombosen und auch für Hirnvenenthrombosen.

Jedoch lässt sich das Risiko für »die Pille« nicht pauschalisieren. Denn es muss zwischen Estrogen-Gestagen-Kombinationspräparaten sowie reinen Gestagen-Präparaten (»Minipille«) und außerdem zwischen den einzelnen Wirkstoffen an sich differenziert werden. Generell geht von oralen Gestagen-Monopräparaten kein signifikant erhöhtes Risiko aus, so die aktuelle S3-Leitlinie »Hormonelle Empfängnisverhütung« . Allerdings besteht bei der »Minipille« auch ein geringerer kontrazeptiver Schutz als bei Kombinationspräparaten. Diese enthalten als Estrogen-Komponente meist das oral bioverfügbare Ethinylestradiol. Das Thrombose-Risiko ist dann neben der Dosierung auch abhängig von der zusätzlich enthaltenen Gestagen-Komponente.

Generelles Thromboserisiko für Frauen, die… Anzahl pro Jahr
keine hormonalen Verhütungsmittel verwenden und nicht schwanger sind Etwa 2 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Levonorgestrel, Norethisteron oder Norgestimat enthält Etwa 5-7 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Etonogestrel oder Norelgestromin enthält Etwa 6-12 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Dienogest enthält Etwa 8-11 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Drospirenon, Gestoden oder Desogestrel enthält Etwa 9-12 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Chlormadinon oder Nomegestrol enthält Noch nicht bekannt, auf europäischer Ebene werden derzeit Studien ausgewertet
Risiko innerhalb eines Jahres eine venöse Thromboembolie zu entwickeln, Quelle: BfArM

Ungefähr zwei von 10.000 Frauen, die kein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum anwenden und nicht schwanger sind, erleiden im Verlauf eines Jahres eine VTE. Durch die Einnahme eines Levonorgestrel-haltigen Kombinationspräparates mit dem mitunter geringsten Thrombose-Risiko steigt dieses auf etwa fünf bis sieben von 10.000 Frauen. Meistens treten unter »der Pille« Thrombosen in den Beinen auf. Die Gerinnsel können sich lösen und zur Lunge wandern, wo sie ein Gefäß verstopfen können – dann spricht man von einer Lungenembolie. VTE verlaufen selten, in etwa 1 bis 2 Prozent der Fälle, tödlich.

Thrombosen im Gehirn werden unter »der Pille« selten beobachtet. In einer Mitteilung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) aus dem Jahr 2013 heißt es: »Im deutschen Spontanmeldesystem sind seit dem Beginn der 1990er-Jahre insgesamt etwa 80 Fälle von zerebralen venösen Thrombosen (CVT) im Zusammenhang mit der Einnahme von kombinierten oralen Kontrazeptiva erfasst worden.« Das würde circa 3,5 Fällen pro Jahr entsprechen. Insgesamt wurden bei bislang sieben Millionen Impfungen mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff in der Europäischen Union und etwa elf Millionen Impfungen in Großbritannien innerhalb weniger Monate 18 Fälle von zerebralen Sinus- und Venenthrombosen (CVST) und sieben Fälle von disseminierter intravasale Koagulopathie (DIC) berichtet (Stand 18.3.2021). Das entspricht runtergerechnet etwa einem CVST-Fall pro einer Million Geimpfter. In neun Fällen endeten die Komplikationen tödlich.

Der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover, Dr. Christian Albring, äußerte sich gegenüber dem Nachrichtenportal »Correctiv« am 19.03.21 wie folgt: »Dass eine Thrombose zuerst in einer Hirnvene auftritt und nicht in den Beinen, ist extrem selten. (…) Eine ähnliche Anzahl von Sinusvenenthrombosen, wie nach der Astra-Zeneca-Impfung, also nach 1,6 Millionen Impfungen sieben Sinusvenenthrombosen, ist bei Verwendung der hormonellen Verhütung mit der kombinierten Antibabypille nicht bekannt.«

Fazit

Ein konkreter Vergleich des Thrombose-Risikos ist an dieser Stelle nicht so einfach möglich. Zwar können hormonelle orale Kontrazeptiva Thrombosen begünstigen, jedoch stehen hier tiefe Beinvenenthrobosen und Lungenembolien im Fokus der Betrachtung. Nur äußerst selten treten sie in Hirnvenen auf. Zudem ist das Risiko nicht für jedes Präparat gleich, was den Vergleich zusätzlich erschwert.

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