Ärzte müssen Efluelda nicht wählen |
Wer 60 Jahre oder älter ist, hat Anspruch auf ein Hochdosis-Vakzin. Ärzte sollen nach Plänen des Bundesgesundheitsministers aber auch einen anderen Impfstoff auswählen können. / Foto: Fotolia/Lightfield Studios
Noch ist keine einzige Dosis Efluelda® auf dem Markt, doch bereits jetzt stellt der Impfstoff die Branche ein Stück weit auf den Kopf. Wer sich in diesem Herbst gegen die Grippe impfen lässt und älter als 60 Jahre alt ist, soll eigentlich einen speziell für Senioren entwickelten Hochdosis-Impfstoff wie Efluelda bekommen. Erst vor wenigen Wochen hatte der G-BA diesen Beschluss gefasst und war damit einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) gefolgt.
Im Gesundheitswesen hatte diese Nachricht für einigen Aufruhr gesorgt. Auch viele Apotheker blicken mit Sorge auf die kommende Grippesaison. So ist Efluelda drei Mal so teuer wie die üblichen Impfstoffe und die finanzielle Belastung der Offizinen entsprechend groß. Hinzu kommt, dass es mit Sanofi bislang nur einen Hersteller für die Hochdosis-Vakzine gibt und die Versorgung der Über-60-Jährigen damit nur auf einer einzigen Säule ruht. Auch im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat man die damit verbundenen Probleme nun offenbar erkannt. Ärzte sollen in der neuen Grippesaison ausnahmsweise von den G-BA-Vorgaben ablassen und bei Bedarf auch auf andere Grippeimpfstoffe ausweichen können. So steht es in dem Entwurf für eine sogenannte Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern, der der PZ vorliegt. Demnach sollen mit Blick auf die Pandemie und die Versorgungssicherheit »Versicherte ab 60 Jahren auch Anspruch auf die inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Impfstoffe haben«. Nach Schätzungen des BMG betrifft das rund 10 Millionen Senioren, die sich gegen die Grippe impfen lassen wollen.
Eindeutig stellt das Ministerium dabei klar, dass Ärzte trotz allem wirtschaftlich handeln, wenn sie die deutlich teurere Hochdosis-Vakzine verabreichen. Dass dieser Hinweis wichtig ist, zeigen die Erfahrungen aus der abgelaufenen Grippesaison. So war im November 2020 über die sogenannte Nationale Reserve mit Fluzone® auch ein entsprechend hochdosierter Impfstoff aus den USA in den deutschen Markt geflossen. Eingesetzt hatten die Ärzte die Vakzine allerdings sehr zögerlich, auch weil sich Regressängste breitgemacht hatten. Am Ende wurden viele Apotheken den Impfstoff schlichtweg nicht los.
Diese Gefahr droht nun auch für die kommende Saison. Zwar beugen die Pläne des Ministeriums Lieferengpässen besser vor. Übersichtlicher wird die Marktsituation für die Apotheken damit allerdings nicht. Im Gegenteil: So sind für sie Impfstoffmengen nun deutlich schwieriger zu kalkulieren. Denn wie häufig Efluelda am Ende wirklich abgerufen wird, hängt im Wesentlichen vom Verhalten der Ärzte ab. Ob tatsächlich die Stiko-Empfehlung zum Leitfaden ihrer Entscheidungen wird, bleibt abzuwarten.
Seinen Entwurf hat der Bundesgesundheitsminister derweil gerade noch rechtzeitig vorgelegt. Deutschlandweit laufen bereits die Vorbestellungen für die neue Grippesaison. Ärzten und Apothekern bleiben nur noch wenige Tage Zeit, um ihre Impfstoffbestände zu planen, auf deren Basis die Hersteller dann in die Produktion gehen werden. Dem G-BA-Beschluss zu Efluelda hatte das BMG ursprünglich nichts entgegengesetzt, obwohl es als Aufsicht die Möglichkeit dazu hat. Nun möchte Spahn die Entscheidung über einen anderen Weg einschränken und nutzt dafür den Verweis auf die epidemische Lage von nationaler Tragweite, die in Deutschland nach wie vor gilt. Sie gibt dem Minister das Recht, per Verordnung und ohne Zustimmung der Länder Vorgaben für Schutzimpfungen auf den Weg zu bringen.