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Grippeimpfstoffe

Fluzone wird wenig bestellt

In den vergangenen Wochen sind mit Fluzone® Highdose die ersten Grippeimpfstoffe aus der sogenannten nationalen Reserve in den Apotheken angekommen. Doch die Vakzine wird von den Ärzten offenbar aus Angst vor Regressen kaum abgefragt. Eine neue STIKO-Empfehlung könnte nun Bewegung in die Sache bringen.
Stephanie Schersch
03.12.2020  16:45 Uhr

Bislang hat die Apotheker in dieser Grippesaison vor allem eines bewegt: der Lieferengpass bei den Vakzinen. Seit Wochen sind die Impfstoffe am Markt nur schwer zu bekommen und das obwohl so viele Impfdosen für Deutschland zur Verfügung stehen sollen wie noch nie. Zuletzt hatte der Bund die veranschlagten 24 Millionen Dosen noch einmal um 6 Millionen in Form einer nationalen Reserve aufgestockt. Die fließt seit Anfang November nun schrittweise in den Markt.

Bislang soll in der Apotheke aus der Rücklage des Bundes vor allem der Hochdosis-Impfstoff Fluzone® Highdose angekommen sein, ein Import aus den USA. Die Bundesregierung hatte insgesamt 550.000 Dosen dieser Vakzine beschafft, die für Personen ab 65 Jahren zugelassen und höher dosiert ist als die üblichen Impfstoffe. Doch wie es aussieht wird das Präparat von den Ärzten nur sehr zögerlich bestellt. So berichten Apotheker davon, dass sie den Impfstoff am Lager haben, dieser aber nicht abgefragt wird. Offenbar sind die Praxen aufgrund von Regressängsten zurückhalten beim Einsatz der Vakzine, die deutlich teurer ist als die regulären Grippeimpfstoffe. Dabei ist die Kostenübernahme durch die Krankenkassen für ältere Patienten gesichert, darauf weist auch das Bundesministerium für Gesundheit auf seiner Internetseite hin.

Modellprojekte unter Druck 

Für etwas Bewegung könnte eine neue Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) sorgen, deren Stellungnahmen ausschlaggebend sind für die Pflichtleistungen der Krankenkassen. Erst vor wenigen Tagen hatte sich das Gremium mit Hochdosis-Grippeimpfstoffen befasst und spricht sich im »Epidemiologischen Bulletin 01/2021« explizit für eine Impfung der Über-60-Jährigen mit entsprechenden Vakzinen aus. Die Stellungnahme soll laut STIKO vor allem für die Planung der nächsten Grippesaison ausschlaggebend sein. Dann dürften auch das in Europa zugelassene Hochdosis-Vakzin Efluelda® und das extra wirkverstärkte Fluad Tetra® in Deutschland zur Verfügung stehen, die aktuell nicht auf dem Markt sind. Tatsächlich allerdings könnte die Empfehlung auch in diesem Jahr eine wichtige Rolle spielen, indem sie Ärzten mehr Sicherheit beim Einsatz der Import-Ware Fluzone gibt.

Die regulären Grippeimpfstoffe bleiben derweil knapp. Dabei machen die Lieferengpässe auch den Modellprojekten zur Grippeimpfung in den Apotheken weiterhin zu schaffen. Auch in Niedersachsen hatte man sich deutlich mehr erhofft. 75 Apotheker wurden dort zuletzt unter den Corona-bedingt etwas erschwerten Umständen für die Grippeimpfung geschult. Lediglich 28 Apotheken bieten nun seit November über ganz Niedersachsen verteilt tatsächlich Impfungen an. Dennoch sprach Mathias Grau, Vizechef des Apothekerverbands Niedersachsen, gegenüber der PZ von einem guten ersten Schritt, auch wenn man »mit angezogener Handbremse an den Start gegangen« sei. Um das Projekt zu stützen, will der Verband nun ein eigenes Kontingent Impfstoffe für die Pilotapotheken organisieren. Man sei aktuell in Gesprächen dazu, so Grau. Damit könnten die Apotheker unabhängig von den Bestellungen der Praxen Patienten immunisieren.

Eine eigene Rücklage hatte etwa auch der Apothekerverband Saarland für sein Projekt beschafft. Dort impfen Apotheker derzeit ebenso wie in Nordrhein oder Bayern. In Baden-Württemberg musste der Modellversuch zuletzt hingegen vorerst auf Eis gelegt werden, da Schulungen aufgrund der Pandemie nicht stattfinden konnten. Einen neuen Anlauf soll es im nächsten Jahr geben.

 

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