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Coronavirus

Abkürzungen bei der Impfstoffzulassung gefordert

Im Podcast auf »NDR Info« ging Virologe Professor Dr. Christian Drosten von der Berliner Charité  am Mittwoch auf den dringenden Bedarf eines Impfstoffs ein. Er plädierte für Abkürzungen im Zulassungsverfahren.
Christiane Berg
20.03.2020  16:04 Uhr

»Wir müssen schauen, wo wir einen Impfstoff herbeizaubern können, der schon relativ weit entwickelt ist, der vielleicht auch schon mal klinisch bei anderen Viren, zum Beispiel für das alte SARS-Virus klinisch ausprobiert wurde«, betonte der Virologe. In der derzeitigen Krise und Ausnahmesituation gelte es, Regularien zumindest für Spezialgruppen in der Bevölkerung zu lockern, auch wenn dabei das Risiko in Kauf zu nehmen sei, dass spezifische Wirk- oder Impfstoffe am Menschen zum Beispiel auf Nebenwirkungen nicht »komplett durchgetestet worden sind«. Für ein solches Risiko müsste dann auch der Staat haften.

Drosten sprach von schweren politischen Entscheidungen und Überlegungen, die zu treffen sind. Risiken sind gegen Nutzen abzuwägen. Nicht zuletzt jedoch angesichts der Hochrechnungen und Prognosen einer Modellierungsstudie des Imperial College London zu Infektionen und notwendigen Maßnahmen am Beispiel von Großbritannien und den USA, die auch für die Entwicklungen in Deutschland von Bedeutung und durchaus übertragbar sein könnten, sei es – trotz aller Vorsicht im Umgang mit Zahlen und trotz der hohen Professionalität des deutschen Gesundheitssystems – angezeigt, neue Denkprozesse zu starten und ungewöhnliche Optionen zu wagen. »Besser jetzt was machen als irgendeine Gelegenheit zu verpassen – und dann lieber wissenschaftlich nachbewerten und nachsteuern«, konstatierte er.

Eine Möglichkeit bei der Impfstoffentwicklung wäre es laut Drosten, bei der Impfantwort nicht zu versuchen, eine natürliche Infektion nachzuahmen, sondern eine alternative Impfantwort anzustreben, die nur darauf abzielt, dass hohe Mengen an neutralisierenden Antikörpern entstehen. Diese Impfstoffe enthielten dann rekombinante, etwa in Hefezellen produzierte Proteine als Antigene zusammen mit einem Wirkverstärker, einem Adjuvanz. Impfstoffe dieser Art ließen sich in großer Mengen produzieren und könnten letztlich die eigentlichen Pandemieimpfstoffe werden, so die Einschätzung des Virologen.

Die erste klinische Studie zu einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2 startete bereits vor wenigen Tagen in den USA – allerdings mit einem ganz anderen Ansatz. Die National Institutes of Health (NIH) in den USA haben eine Phase-I-Studie mit einem mRNA-Impfstoff gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 begonnen. Hersteller des Impfstoffkandidaten mit der Bezeichnung mRNA-1273 ist das Biotechnologie-Unternehmen Moderna mit Sitz in Cambridge, Massachusetts. Das Tübinger Unternehmen CureVac hofft auf einen Start der ersten klinischen Studie mit seinem mRNA-Vakzine-Kandidaten im Frühsommer. 

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