Zwei von drei Frauen leiden unter trockenen Augen |
Katja Egermeier |
16.08.2021 07:00 Uhr |
Hormonell bedingt leiden Frauen in und nach den Wechseljahren sehr häufig unter trockenen Augen. Mittel der Wahl sind Tränenersatzpräparate. / Foto: Getty Images/fizkes
In den Wechseljahren geraten die Hormone im weiblichen Körper durcheinander – mit den bekannten Folgen für Fruchtbarkeit, Stoffwechsel, Schlaf und Psyche. Weniger Beachtung wurde dagegen bisher der Tatsache geschenkt, dass die hormonellen Veränderungen auch Auswirkungen auf die Augen haben können.
Dass Geschlechtshormone generell einen großen Einfluss auf die Entstehung von trockenen Augen haben, ist bereits gut untersucht. So ist der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) zufolge bereits festgestellt worden, dass die Symptome im Rhythmus des Menstruationszyklus mit den an- und absteigenden Estrogen-Spiegeln schwanken oder durch hormonelle Kontrazeptiva verstärkt werden. Während einer Schwangerschaft nehmen die Beschwerden dagegen meist ab.
Während der Wechseljahre ist nach Angaben der DOG vor allem ein Rückgang der Androgene für die Entstehung oder Verschlechterung von trockenen Augen bedeutsam. »Der fehlende Androgeneinfluss lässt die sogenannten Meibomdrüsen – modifizierte Talgdrüsen im Lidrand, die den fettigen Anteil des Tränenfilms produzieren – weniger aktiv werden«, erklärt Professor Dr. Elisabeth M. Messmer von der Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.
Der Tränenfilm verdunste daher schneller, was die Symptome des Trockenen Auges und eine schwankende Sehschärfe bei der Arbeit am Bildschirm, beim Lesen oder Autofahren verursache. »Da die Androgene auch für die Produktion des wässrigen Tränenfilms aus der Haupttränendrüse und den kleinen Drüsen in der Bindehaut mitverantwortlich sind, droht mit sinkendem Androgen-Spiegel zugleich ein Tränenmangel«, so Messmer. Dieses Defizit könne zur Entzündung der Augenoberfläche und zur Schädigung der Hornhaut führen, was die
»Der zunächst naheliegende Gedanke, dass eine Hormonersatztherapie in den Wechseljahren auch das Trockene Auge lindern könnte, hat sich jedoch nicht bestätigt«, sagt Messmer. Im Gegenteil sei seit der groß angelegten Women‘s Health Study mit über 25.000 Teilnehmerinnen im Jahr 2001 bekannt, dass die Einnahme von Hormonen – vor allem von hochdosierten Estrogenen – die Symptome des Trockenen Auges sogar verstärkten.
Seit einigen Jahren versuchten Mediziner, aus diesen Beobachtungen Therapiemaßnahmen abzuleiten. »In mehreren Studien wurde die Wirkung von Augentropfen untersucht, die etwa Estrogen oder Testosteron direkt ins Auge bringen«, so die DOG-Expertin. Erste Ergebnisse seien zwar ermutigend, allerdings würden noch größere kontrollierte Studien benötigt, um den Effekt zu evaluieren.
Um ihre Beschwerden zu lindern oder ihnen vorzubeugen, blieben Frauen daher bislang nur die rezeptfrei in der Apotheke erhältlichen Tränenersatzflüssigkeiten ohne Konservierungsstoffe, so die DOG. Diese könnten Symptome des Trockenen Auges oft mildern. Daneben rät die DOG, ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen, unter Umständen Luftbefeuchter aufzustellen und Staub und Rauch in der Luft zu meiden. »Frauen, die viel am Bildschirm arbeiten, sollten auf einen kompletten Lidschlag achten und ihren Augen zudem regelmäßige Pausen zur Entlastung gönnen«, rät Messmer.
Patienten können zwischen einer großen¬ Zahl verschiedener Tränenersatzmittel wählen. Das Apothekenpersonal orientiert sich bei der Beratung am besten an Art und Intensität der Beschwerden. Berichtet die Patientin von einem sporadisch auftretenden, juckenden oder kratzenden Fremdkörpergefühl im Auge, ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Volumenmangel ursächlich. Hier sollten zunächst wässrige Tränenersatzmittel mit geringer Viskosität empfohlen werden, etwa Augentropfen mit Polyvinylalkohol. Diese haben ein gutes Wasserbindungsvermögen und können, da sie die Sicht nicht trüben, problemlos tagsüber verwendet werden. Gleiches gilt für Präparate mit Hyaluronsäure, die gerne in Kombination mit Augentrost oder Dexpanthenol angeboten werden.
Empfindet die Patientin die Befeuchtung als nicht intensiv oder langanhaltend genug, sollten Wirkstoffe mit einem höheren Wasserbindungsvermögen eingesetzt werden. Geeignet sind etwa Cellulose-Derivate wie Hypromellose oder Carmellose. Carbomere (Polyacrylsäure) quellen unter Wasseraufnahme zu Gelen. Sie lagern sich in die Mucinschicht ein und zeichnen sich durch eine besonders nachhaltige Befeuchtungsleistung aus. Obgleich gut wirksam, besitzen sie einen entscheidenden Nachteil: Sie trüben die Sicht. Dieser Zustand hält für etwa 15 bis 30 Minuten an. Aus diesem Grund sollten zähflüssige Tränenersatzmittel bevorzugt vor dem Zubettgehen appliziert werden.
Wer sich mit anhaltenden oder ausgeprägten Beschwerden plage, solle den Rat eines Augenarztes einholen. Dieser untersuche die individuellen Ursachen des Trockenen Auges sowie die genaue Zusammensetzung des Tränenfilms. Denn nicht immer reiche ein einfacher Tränenersatz für die Behandlung aus, erklärt Messmer. In manchen Fällen könne auch die Gabe entzündungshemmender Augentropfen notwendig sein.
Oder eine konsequente Lidkantenpflege, sofern beispielsweise eine Störung der Meibomdrüsen vorliege. Konkret empfiehlt die Münchner Augenärztin hier: »Morgens und abends feuchtwarme Abschminkpads für fünf Minuten auf die Augen legen, dann Unter- und Oberlid mit einem Wattestäbchen sanft in Richtung Lidkante ausstreichen – das löst verdicktes Sekret aus den Meibomdrüsen.«