Zambo: »Aus Infektionsschutz-Sicht nicht nachvollziehbar« |
Die bislang kostenlosen Bürgertests sollen demnächst mit Ausnahme einiger vulnerabler Personengruppen für alle kostenpflichtig werden. / Foto: imago images/Rupert Oberhäuser
Am Freitag kündigte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach Anpassungen an den Bürgertest an. Die novellierte Corona-Testverordnung, die ab Juli gelten soll, schafft die bislang für alle kostenfreien Tests fast vollständig ab – lediglich acht definierte vulnerable Personengruppen haben dann noch einen Anspruch auf kostenfreie Testungen. Auf Teststellen kommen damit auch automatisch neue Kontrollpflichten zu, um die Anspruchsberechtigten von den Gruppen mit Eigenbeteiligung und den Voll-Zahlern zu unterscheiden.
Die Kritik aus der Apothekerschaft folgte prompt. Tatjana Zambo, Präsidentin des LAV Baden-Württemberg, bemängelte den Entschluss: Es sei zu befürchten, dass sich viele Menschen angesichts der ohnehin durch hohe Energie- und Lebensmittelpreise belasteten Geldbörsen gar nicht mehr testen ließen, heißt es in einer Mitteilung. »Mit dieser Entscheidung verabschiedet sich der Bund de facto aus der bislang erfolgreichen Teststrategie und vernichtet das gut etablierte und wirkungsvolle Kontrollsystem zur Früherkennung des Infektionsgeschehens«, so Zambo.
Auf Apotheken komme nun einiges an Mehraufwand durch zusätzliche Kontroll- und Dokumentationsaufgaben zu, um die Berechtigten von den Nicht-Berechtigten, die Selbstzahler von den Eigenbeteiligungszahlern und den Nicht-Zahlern zu unterscheiden. Gleichzeitig werde ihnen die Vergütung gekürzt, kritisiert der Verband. Statt wie bisher 11,50 Euro pro Test soll es künftig nur noch 9,50 Euro geben. Sowohl der Honoraranteil für das Testen als auch der Erstattungssatz für die Materialkosten wurden gesenkt. »Mit zum Teil riesigem Aufwand haben sich die Apotheken in den Bürgertestungen engagiert – und zwar mit voller Überzeugung. Und jetzt? In einer testenden Apotheke wird die Nachfrage deutlich sinken. […] Wie sich diese neue Testverordnung auswirken wird, kann sich jeder selbst leicht ausrechnen«, so die Verbandschefin.
Aus Sicht des Infektionsschutzes sei die Entscheidung nicht nachvollziehbar. »Das sieht offenbar auch Minister Lauterbach so, der die neuen Regelungen ausdrücklich mit Blick auf die finanziellen Belastungen des Bundes argumentiert hat und nicht mit Blick auf den Infektionsschutz«, vermutet Zambo. Um der Pandemie wirkungsvoll entgegenzutreten, sei das aber das falsche Signal. Einer Virus-Pandemie könne man nicht fiskalisch entgegentreten.
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