Zahlen und Fakten zu Diabetes |
Annette Rößler |
25.05.2021 10:30 Uhr |
Wie viele Diabetiker leben in Deutschland, wie werden sie versorgt, wie hoch sind die durch Diabetes verusachten Kosten? Die Deutsche Diabetes Gesellschaft gibt Antwort. / Foto: Adobe Stock/milantefotolia
Anlässlich ihres wissenschaftlichen Jahreskongresses hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ein Faktenblatt zu Diabetes herausgegeben. Demnach gibt es in Deutschland aktuell circa acht Millionen Diabetiker und eine geschätzte Dunkelziffer von etwa zwei Millionen Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, aber noch nichts davon wissen. Nur ein kleiner Teil der Patienten, nämlich schätzungsweise 341.000 Erwachsene und 32.000 Kinder und Jugendliche, leidet an Typ-1-Diabetes.
Während Typ-2-Diabetes lebensstilassoziiert ist – Hauptrisikofaktoren sind neben einer genetischen Veranlagung Übergewicht, Bewegungsmangel, Lipidstoffwechselstörungen und Bluthochdruck – liegt dem Typ-1-Diabetes ein Autoimmunprozess zugrunde, in dessen Folge die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse zugrunde gehen. Die Rate an Typ-1-Neuerkrankungen steigt derzeit jährlich um 3 bis 5 Prozent an. Die Gründe dafür liegen im Dunkeln. Jedes Jahr erhalten rund 3500 Kinder und Jugendliche und etwa 4150 Erwachsene die Diagnose Typ-1-Diabetes. Bei Letzteren spricht man auch von einem verzögert einsetzenden, autoimmun-bedingten Diabetes: Latent Autoimmune Diabetes in Adults: LADA.
An Gestationsdiabetes erkranken in Deutschland etwa 45.000 Frauen jährlich, das sind 5,9 Prozent aller Schwangeren. Auch diese Zahl steigt laut DDG seit Jahren kontinuierlich an. Auch wenn sich die Blutzuckerwerte nach der Schwangerschaft meistens wieder normalisieren, haben betroffene Frauen ein siebenfach erhöhtes Risiko, später einen manifesten Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Insbesondere in den ersten Jahren nach der Schwangerschaft wären daher regelmäßige Kontrollen wichtig, auf die jedoch drei von fünf betroffenen Frauen verzichten.
Die Zahl der Typ-2-Diabetes-Neuerkrankungen liegt in Deutschland bei etwa 600.000 jährlich – Neudiagnosen, müsste es allerdings richtig heißen, denn im Durchschnitt lebt ein Typ-2-Diabetiker acht Jahre mit einem unentdeckten Diabetes, bevor die Diagnose gestellt wird. Das ist problematisch, denn ein lange unerkannter Diabetes erhöht ebenso wie eine schlechte Blutzuckereinstellung die Wahrscheinlichkeit für Folgeschäden wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Netzhautschäden, diabetisches Fußsyndrom und Nierenschwäche. Die möglichen schweren Folgeerkrankungen sind der Grund, warum Diabetiker eine geringere Lebenserwartung haben als gleichaltrige Stoffwechselgesunde: Männer um etwa vier bis sechs Jahre und Frauen um etwa fünf bis sieben Jahre.
Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands lässt sich die ehemalige Teilung des Landes anhand der Diabetes-Statistik immer noch klar erkennen: In den östlichen Bundesländern mit Ausnahme Berlins leben prozentual deutlich mehr Diabetiker als in den westlichen. Im Osten ist etwa jeder Sechste betroffen, im Westen dagegen jeder Zehnte bis Elfte. Diese Differenz wird allgemein mit demografischen und soziokulturellen Unterschieden erklärt.
Diabetes verursacht nicht nur persönliches Leid, sondern auch Kosten. Für einen Diabetespatienten müssen die Krankenkassen etwa doppelt so viel ausgeben wie für vergleichbare Versicherte ohne Diabetes. Bei jüngeren Menschen können die Kosten sogar dreifach erhöht sein. Dabei schlagen nicht nur die Ausgaben für Medikamente, Hilfsmittel und Schulungen zu Buche, die einen direkten Bezug zu Diabetes haben, sondern auch die Therapeutika der Folge- und Begleiterkrankungen. Insgesamt entspricht dies 11 Prozent der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), wobei indirekte Kosten für Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung nicht berücksichtigt sind.
Ärztlich betreut werden die meisten Diabetiker von ihrem Hausarzt: Ein Hausarzt hat etwa 100 Patienten mit Diabetes, davon zwei bis fünf Typ-1-Diabetiker. Rund die Hälfte der Typ-2-Diabetiker bekommt die Blutzuckerwerte mit einer Umstellung des Lebensstils in den Griff, ohne Medikamente einnehmen zu müssen. Wird eine medikamentöse Therapie notwendig, erfolgt diese zunächst mit oralen Antidiabetika. Insulinpflichtig sind 1,5 Millionen Typ-2-Diabetiker in Deutschland.