Windpocken-Erkrankungen gehen durch Impfung stark zurück |
Christina Hohmann-Jeddi |
21.01.2020 13:50 Uhr |
Bilder wie diese sind in den vergangenen 16 Jahren glücklicherweise deutlich seltener geworden. / Foto: Getty Images/Alex Tihonovs / EyeEm
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut in Berlin empfiehlt seit 2004 eine Varizellen-Impfung als Standardimpfung im Kindesalter. Hierfür ist die Gabe von zwei Dosen vorgesehen, von denen die erste im Alter von 11 bis 14 Monaten und die zweite im Alter von 15 bis 23 Monaten verabreicht werden sollte. Nun hat die STIKO überprüft, wie gut die Empfehlungen umgesetzt werden und welche Auswirkungen sie haben. Die Daten hat die Kommission jetzt im »Epidemiologischen Bulletin« (3/2020) publiziert.
Es zeigte sich, dass die Varizellen-Impfung gut angenommen wird. Die Durchimpfungsrate bei Schulkindern lag 2017 bei 87,3 Prozent für die erste Dosis und 83,7 Prozent für beide Dosen. Ausgewertet wurden hierfür alle Kinder der Schuleingangsuntersuchung, die einen Impfpass vorlegen konnten, 8 Prozent der Kinder konnten dies nicht. Bei den Impfraten bestehen regionale Unterschiede. Die niedrigste Impfquote wurde in Bremen mit 75 Prozent beziehungsweise 69,8 Prozent für die zweite Dosis und die höchste in Mecklenburg-Vorpommern mit 95,1 Prozent beziehungsweise 91,3 Prozent für die zweite Dosis registriert.
Die hohen Durchimpfungsraten haben deutliche Effekte: Die Erkrankungszahlen und durch Varizellen verursachten Krankenhausbehandlungen gingen zurück. Eine Sentinelstudie ergab, dass die Gesamtzahl der Erkrankungsfälle an Varizellen pro Meldepraxis und Jahr von 3,6 im Jahr 2005 auf 0,3 im Jahr 2017 absank. In 2018 lag die Inzidenz bundesweit bei 24 Erkrankungen auf 100.000 Einwohner. Die Einführung der Meldepflicht 2013 kam aber zu spät, um den rasanten Rückgang der Erkrankungszahlen mit diesen Daten zu belegen, heißt es in der Publikation.
Vor Einführung der Windpockenimpfung gab es verschiedene Bedenken. So befürchteten Experten, dass sich durch die Durchimpfung der Kinder die Krankheitslast in höhere Altersgruppen verschieben könnte, in denen ein höheres Risiko für komplizierte Verläufe besteht. Denn bei einer verringerten Zirkulation der Viren könnten Ungeimpfte dem Erreger eventuell erst im Erwachsenenalter erstmals ausgesetzt sein. Außerdem könnten durch Nachlassen des Impfschutzes mit der Zeit auch Geimpfte im Erwachsenenalter an Windpocken erkranken. Dies ist aber nicht der Fall, wie die Analyse zeigt.
Die Sentinelstudie zeigte für alle Altersgruppen einen Rückgang der Meldeinzidenz. Er war im Beobachtungszeitraum von 2005 bis 2017 in den von der Impfempfehlung erfassten Altersgruppen am größten (Rückgang bei den 1- bis 4-Jährigen um 96 Prozent, bei den 5- bis 9-Jährigen um 89 Prozent). Aber auch in älteren Gruppen, die selbst nicht geimpft worden waren, ging die Meldinzidenz zurück, was als Anhaltspunkt für die Ausbildung eines Gemeinschaftsschutzes durch verringerte Zirkulation des Erregers interpretiert wird – der sogenannte Herdenschutz. Bisher kam es nicht zu einem Anstieg der Inzidenzen im Erwachsenenalter, heißt es von der STIKO.