Wie vom Blitz getroffen |
Kerstin A. Gräfe |
22.05.2024 07:00 Uhr |
In erster Linie wird die Erkrankung mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Antikonvulsiva und Antiepileptika behandelt. Erst wenn die medikamentösen Optionen ausgeschöpft oder die Nebenwirkungen nicht tolerabel sind, werden chirurgische Maßnahmen eingesetzt. Bedingt durch den klinischen Verlauf unterscheidet man zwischen Wirkstoffen zur Langzeittherapie (Prophylaxe) und solchen zur Behandlung akuter Exazerbationen. Die Datenlage ist insgesamt allerdings dünn. Es gibt nur wenige qualitativ hochwertige randomisierte kontrollierte Studien (RCT) und kaum Vergleichsstudien. Die Therapieempfehlungen müssten sich weiterhin teilweise auf Expertenmeinungen stützen, heißt es dazu in der kürzlich aktualisierten S1-Leitlinie.
Die beste Datenbasis hat Carbamazepin, das neben Phenytoin in Deutschland das einzige Präparat mit einer Zulassung zur Behandlung der Trigeminusneuralgie ist. Eine Carbamazepin-Monotherapie gilt als Mittel der ersten Wahl zur Langzeittherapie, wobei retardierte Präparate bevorzugt werden sollten. Etwa 70 Prozent der Patienten sprechen zu Beginn auf die Behandlung an. Zu beachten sind die zentralen Nebenwirkungen wie Schwindel, Benommenheit und Gangataxie, die vor allem bei älteren Patienten die Therapie mit Carbamazepin limitieren können, sowie das Interaktionspotenzial.
Wenn Carbamazepin prinzipiell wirksam ist, aber nicht vertragen wird, kann alternativ Oxcarbazepin eingesetzt werden. Im Vergleich zeigt es weniger zentralnervöse Nebenwirkungen, weniger unerwünschte Effekte auf Blutbild und Leberwerte sowie weniger Interaktionen. Allerdings entwickelt sich unter Oxcarbazepin häufig eine Hyponatriämie. Wird auf Oxcarbazepin umgestellt, erfolgt die Dosierung im Verhältnis 2 : 3 (200 mg Carbamazepin entsprechen 300 mg Oxcarbazepin). Die Leitlinienautoren befürworten einen Therapieversuch mit beiden Optionen, da das individuelle Ansprechen auf Carbamazepin und Oxcarbazepin sehr unterschiedlich sein könne.
Sind die Mittel der ersten Wahl gut verträglich, aber nicht ausreichend wirksam, kann eine Kombinationstherapie mit Substanzen der zweiten Wahl gegeben werden. Infrage kommen zum Beispiel Gabapentin/Pregabalin oder Baclofen. Mit ihnen ist auch eine Monotherapie möglich, wenn die Mittel der ersten Wahl nicht vertragen werden oder mit Nebenwirkungen einhergehen.
Bei guter Wirksamkeit, aber ungenügender Verträglichkeit der Erste-Wahl-Medikamente kann auf den besser verträglichen Natriumkanalblocker Lamotrigin umgestellt werden. Dies muss oft überlappend erfolgen, da Lamotrigin nur sehr langsam aufdosiert werden darf. Ziel sollte eine komplette Umstellung sein, da die Kombination von zwei Natriumkanalblockern nicht sinnvoll ist. Laut Leitlinie werden jedoch bei manchen Patienten auch mit der Kombination Lamotrigin und Carbamazepin/Oxcarbazepin Erfolge erzielt.