Wie sich Arzt- und Apothekersicht ergänzen |
Daniela Hüttemann |
06.03.2023 17:00 Uhr |
Arzt und Apotheker haben durchaus unterschiedliche Sichtweisen auf komplexe Medikationen. / Foto: Getty Images/Yuri Arcurs Productions
Besprochen wurde ein echter Fall, den Apotheker Stefan Göbel, Inhaber der Brücken-Apotheke in Heringen und Initiator der Fortbildungsreihe bei Pharma4u, erst wenige Tage zuvor »auf dem HV-Tisch« hatte.
Eine Frau bat um eine Medikationsanalyse für ihren 82-jährigen Vater, der zunehmend unter Müdigkeit, Schwindel und Rückenschmerzen litt. Ob dies mit den Arzneimitteln zusammenhängen könnte? Immerhin nahm der multimorbide und gebrechliche Mann 13 Medikamente dauerhaft ein – dank Unterstützung der Angehörigen und dem Stellen der Tabletten aber vorbildhaft, betonte Göbel.
Gemeinsam mit der Allgemeinmedizinerin Dr. Annegret Fröbel ging Göbel die Medikation des Patienten im Live-Webinar von Pharma4u durch. Der Patient besucht das Hausarztzentrum in Heringen, in dem Fröbel tätig ist. Auch wenn sie selbst in diesem Fall nicht die betreuende Hausärztin war, äußerte sie sich dazu, wie der Medikationsplan und die vom Apotheker detektierten arzneimittelbezogenen Probleme aus ärztlicher Sicht zu betrachten sind.
Apothekern ist oft Amiodaron ein Dorn im Auge, da es als Dirty Drug viele unerwünschte Effekte auslösen kann, eine enge therapeutische Breite und zudem ein großes Interaktionspotenzial hat. Und so zeigte der durchgeführte MediCheck hier auch den höchsten Punktwert im Risikoscore an.
Apotheker Stefan Göbel erstellte diesen Medikationsplan für den Patienten. Die Diagnosen ergänzte er mit Hilfe von Hausärztin Dr. Annegret Fröbel. / Foto: MediCheck/Göbel
»Als Dauermedikation wie hier ist Amiodaron eigentlich eher selten«, ordnete Fröbel ein, die auch über viel internistische Erfahrung verfügt. Die vorliegende Kombination mit Metoprolol und Sacubitril/Valsartan (Entresto®) sei aufschlussreich. Insgesamt lasse die Medikation kombiniert mit Spironolacton, Torasemid und Rivaroxaban auf eine ausgeprägte Herzinsuffizienz mit Herz-Rhythmus-Störung schließen.
»An der Amiodaron-Therapie führt in diesem speziellen Fall kein Weg vorbei«, meinte die Ärztin. Sie würde allerdings, wie von Göbel vorgeschlagen, die Dosis des Rivaroxaban aufgrund der eingeschränkten Nierenfunktion (GFR 43 ml/min) von 20 auf 15 mg reduzieren. Gegebenenfalls sei das Rivaroxaban auch absetzbar, doch dafür müsse sie den Patienten und seine Diagnosen besser kennen.
Aufgrund von Torasemid und Spironolacton würde Fröbel auf regelmäßige Elektrolyt-Kontrollen achten. »Der Patient wird ohnehin einmal im Quartal zur Blutabnahme kommen, da sollte das mit kontrolliert werden«, so Fröbel.