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Omikron-Variante

Wie gut schützen Impfung, Infektion und Antikörper?

Die besorgniserregende SARS-CoV-2-Variante (VOC) Omikron breitet sich weltweit mit erstaunlicher Geschwindigkeit aus. Immer deutlicher wird, dass sie nicht nur infektiöser ist als die bisher bekannten VOC. Sie entkommt offenbar auch fast allen durch eine Erkrankung oder Impfung induzierten immunologischen Abwehrsystemen und ist resistent gegen die meisten therapeutischen Antikörper.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 28.12.2021  16:00 Uhr

In einer Reihe von fünf wissenschaftlichen Arbeiten, die alle im Fachjournal »Nature« zur Publikation angenommen wurden, beschreiben US-amerikanische, französische, südafrikanische, Schweizer und chinesische Forscherteams ihre Resultate zu der Frage, in welchem Ausmaß Omikron immunologische Abwehrstrategien umgehen kann. Die Resultate aller fünf Gruppen weisen in die gleiche Richtung: Nahezu alle Abwehrmechanismen, die durch eine Erkrankung oder eine Impfung induziert werden, laufen bei Omikron ins Leere. Das gilt darüber hinaus auch für die meisten therapeutischen Antikörper, die erst kürzlich zugelassen wurden oder die sich vor der Zulassung befinden.

In der ersten Arbeit (DOI: 10.1038/d41586-021-03826-3) untersuchen Dr. David Ho und Kollegen von der Columbia University, New York, die neutralisierende Aktivität der vier Covid-19-Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna, Janssen und Astra-Zeneca. Dazu testeten sie, inwieweit Blutseren von 54 Probanden, die eine volle Dosis der jeweiligen Impfstoffe erhalten hatten, Omikron zu neutralisieren vermochten. 15 der Probanden hatten bereits eine Auffrischungsimpfung mit Comirnaty® oder Spikevax® erhalten. Zwei waren vor der Impfung infiziert gewesen.

Für alle Impfstofftypen wurde ein signifikanter Rückgang der Wirksamkeit gegen Omikron festgestellt, auch bei den zwei Teilnehmenden, die zuvor mit SARS-CoV-2 infiziert waren. Lediglich in Proben von Probanden mit Auffrischungsimpfung wurde ein geringerer Rückgang der Antikörperneutralisierung festgestellt.

Wirksamkeit von Antikörpern gegen Omikron

Zusätzlich schauten sich die Autoren das neutralisierende Profil von 19 monoklonalen Antikörpern gegen das mutierte Spike-Protein von Omikron an. Zu den getesteten Arzneistoffen gehörten unter anderem die Antikörper REGN10987 (Imdevimab), REGN10933 (Casirivimab), COV2-2196 (Tixagevimab), COV2-2130 (Cilgavimab), LY-CoV555 (Bamlanivimab), CB6 (Etesevimab), Brii-196 (Amubarvimab), Brii-198 (Romlusevimab) und S309 (Sotrovimab).

Das ernüchternde Ergebnis: 17 der 19 Antikörper hatten ihre Neutralisierungsfähigkeit ganz oder teilweise verloren. Nur Romlusevimab und Sotrovimab zeigten noch eine neutralisierende Wirkung. Für den Immun-Escape in erster Line verantwortlich sind nach Auskunft der Autoren die Mutationen S371L, N440K, G446S und Q493R.

Ähnliche Resultate aus Frankreich

Dr. Olivier Schwartz und Kollegen vom Institute Pasteur, Paris, studierten ein Omikron-Isolat von einer Person in Belgien hinsichtlich dessen Empfindlichkeit gegenüber neun monoklonalen Antikörpern, die derzeit für den klinischen Einsatz zugelassen sind oder sich in der Entwicklung befinden (DOI: 10.1038/d41586-021-03827-2).

Dieses Isolat war gegenüber den Antikörpern Bamlanivimab, Etesevimab, Casirivimab, Imdevimab und Regdanvimab vollständig resistent. Die beiden Antikörper Cilgavimab und Andintrevimab zeigten eine Restaktivität, die um etwa das 20-Fache geringer war als gegenüber der Delta-Variante. Am aktivsten erwies sich Sotrovimab. Der Antikörper war gegen Omikron etwa dreifach weniger aktiv als gegen Delta.

Die Autoren testeten außerdem 115 Serumproben von 80 geimpften oder genesenen Probanden, um das Schutzpotenzial der impf- oder infektionsinduzierten Antikörper gegenüber dem Omikron-Isolat zu bestimmen.

In Seren von Empfängern, die Impfstoffe von Biontech/Pfizer oder Astra-Zeneca (16 beziehungsweise 18 Personen) erhalten hatten, ließen sich fünf Wochen nach der zweiten Dosis keine antiviralen Aktivitäten mehr gegen die Variante feststellen. Weitere 20 Serumproben stammten von Personen, die eine dritte Dosis des Biontech/Pfizer-Impfstoffs erhalten hatten. Diese Seren wiesen eine sechsfach schwächere Neutralisierungskapazität gegenüber Omikron auf. Schließlich ließen sich in Seren von 40 zuvor infizierten Personen, die sechs oder zwölf Monate nach den Krankheitssymptomen entnommen wurden, nur noch geringe oder gar keine neutralisierenden Aktivitäten gegen die Omikron-Variante nachweisen.

Weitere besorgniserregende Resultate

Zu ganz ähnlichen Resultaten kommen auch Dr. Alex Sigal und Kollegen von Africa Health Research Institute, Durban, South Africa (DOI: 10.1038/d41586-021-03824-5). Sie untersuchten an Plasmaproben von 19 Probanden in Südafrika, die zwei Dosen Comirnaty erhalten hatten, inwieweit Omikron der Neutralisierung der gebildeten Antikörper entgeht. Sechs Teilnehmer hatten keine Vorgeschichte mit einer SARS-CoV-2-Infektion.

Die Autoren registrierten einen deutlichen Abfall des Neutralisierungspotenzials um das 22-Fache im Vergleich zu einem Kontrollvirus. Die Plasmaproben von geimpften Teilnehmern, die zuvor mit SARS-CoV-2 infiziert waren, hatten allerdings eine Restneutralisierungskapazität gegenüber Omikron behalten. 

Sotrovimab scheint am wirksamsten gegenüber den Omikron-Mutationen

Bei den Untersuchungen einer Schweizer Forschergruppe um Dr. Davide Corti (DOI: 10.1038/d41586-021-03825-4 ) stand die rezeptorbindende Domäne (RBD) von Omikron im Fokus des Interesses. Diese Forscher konnten zeigen, dass die RBD von Omikron mit etwa 2,4-fach erhöhter Affinität an menschliches ACE2 bindet als die RBD der ursprünglichen Wuhan-Variante.

Sie untersuchten zudem die Bindekapazität von therapeutischen monoklonalen Antikörpern mit Hilfe von Pseudoviren, die die Omikron-RBD enthalten. Die meisten der acht getesteten Antikörper hatten keine neutralisierende Wirkung gegen Omikron mehr; bei zwei (in Kombination verwendeten) Antikörpern verringerte sich die Wirksamkeit um etwa das Hundertfache.

In Übereinstimmung mit den Resultaten der anderen Gruppen erwies sich der Antikörper Sotrovimab noch am wirksamsten gegenüber den Omikron-Mutationen. Seine neutralisierende Wirkung nahm nur um den Faktor drei ab.

Daten aus China

Der letzte Beitrag (DOI: 10.1038/d41586-021-03796-6) dieser Serie stammt aus China. Professor Dr. Xiaoliang Sunney Xie und Kollegen von der Peking University verwendeten eine neuartige Screening-Methode, um die für den Immun-Escape verantwortlichen Mutationsprofile auf der RBD des Spike-Proteins von Omikron zu bestimmen.

Sie untersuchten 247 menschliche SARS-CoV-2-neutralisierende Antikörper. 85 Prozent davon erwiesen sich gegenüber Omikron als wirkungslos. Die Autoren konnten diese Antikörper in sechs Gruppen (A bis F) unterteilen, abhängig davon, welche Epitopmuster sie erkennen.

So konnte Omikron aufgrund der Mutationen K417N, G446S, E484A und Q439R den Antikörpern der Gruppen A bis D, deren Epitop sich mit dem ACE2-Bindungsmotiv überschneidet, ausweichen. Die Antikörper der Gruppen E und F, die häufig eine breite neutralisierende Wirkung gegenüber Sarbecoviren, zu denen auch SARS-CoV-2 gehört, aufweisen, waren weniger von den Omikron-Mutationen betroffen.

Einheitliches Bild

Die Ergebnisse aller fünf Forschergruppen weisen in die gleiche Richtung: Omikron ist eine potente Immun-Flucht-Variante, die nicht nur einer durch Infektion oder Impfung induzierten Immunantwort entkommt, sondern die sich auch gegen die meisten therapeutischen Antikörper als resistent erweist.

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