Deutlicher Immunescape bei BA.4 und BA.5 |
Theo Dingermann |
07.07.2022 15:00 Uhr |
Anders als in den Vorjahren legt die Coronapandemie in diesem Jahr keine Sommerpause ein. Das Infektionsgeschehen wird vor allem von den Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 getrieben. / Foto: Getty Images/Oleh_Slobodeniuk
Mehr Sorgen als erwartet bereitet derzeit die sogenannte Corona-Sommerwelle, die in Deutschland durch die hoch ansteckenden Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 angetrieben wird. Die Auswirkungen dieser Welle sind zwischenzeitlich auch in den Kliniken angekommen. »Aus allen Bundesländern erreichen uns Meldungen, dass einzelne Stationen und Abteilungen auch wegen Personalmangels abgemeldet werden müssen«, sagte erst jüngst der Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Wer ausreichend geimpft oder gar von einer Infektion mit den Omikron-Varianten BA.1 oder BA.2 genesen ist, die die letzte Welle verursacht haben, sieht sich diesen neuen Varianten aber glücklicherweise nicht ungeschützt konfrontiert, wie jetzt in einem Brief an den Herausgeber des »New England Journal of Medicine« gezeigt wurde.
In dieser Arbeit bestimmte ein Forscherteam um Nicole P. Hachmann vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston die Titer an neutralisierenden Antikörpern gegen das SARS-CoV-2-Wildtyp-Referenzisolat WA1/2020 sowie gegen die Omikron-Subvarianten BA.1, BA.2, BA.2.12.1 und gegen BA.4 beziehungsweise BA.5. Teilnehmer waren 27 Personen, die mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty® von Biontech/Pfizer geimpft und geboostet waren, sowie 27 geimpfte Personen, die sich im Median 29 Tage vor der Analyse mit den Subvarianten BA.1 oder BA.2 infiziert hatten.
Laut der Analyse enthielten die Seren der Probanden, die sechs Monate zuvor zweimal mit Comirnaty geimpft worden waren, zwar noch nachweisbare Titer an neutralisierenden Antikörpern gegen WA1/2020 (Titer: 124). Gegen alle anderen getesteten Omikron-Subvarianten waren jedoch kaum noch relevante Titer nachweisbar (Titer: < 20).
Dieses besorgniserregende Ergebnis änderte sich, wenn Seren von Probanden getestet wurden, die zwei Wochen zuvor eine Auffrischungsdosis erhalten hatten. Danach wurden deutlich höhere mediane Titer an neutralisierenden Antikörper detektiert. Gegen das WA1/2020-Isolat waren die Titer auf 5783 und gegen die Varianten BA.1, BA.2, BA.2.12.1 und BA.4/BA.5 immer noch auf 900, 829, 410 und jeweils 275 gestiegen.
Allerdings ist auch das Immunfluchtpotenzial der Omikron-Varianten deutlich zu erkennen. Denn im Vergleich zum Wildtypvirus lagen die medianen Titer gegenüber der Omikron-Varianten um den Faktor 6,4 (BA.1) 7,0 (BA.2), 14,1 (BA.2.12.1) und 21,0 (BA.4/BA.5) doch deutlich niedriger.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.