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Hybrid-Immunität

Relevante Schleimhautimmunität nur nach Durchbruchinfektion

Immer deutlicher wird, wie wichtig es wäre, die Immunisierungsstrategie gegen SARS-CoV-2 um eine Induktion der mukosalen Immunität zu erweitern. Impfungen allein führte nicht zu einer neutralisierenden Aktivität in der Nasenschleimhaut. Dies wird erst durch eine Durchbruchinfektionen erreicht.
Theo Dingermann
24.10.2022  13:00 Uhr
Relevante Schleimhautimmunität nur nach Durchbruchinfektion

Autoren um Dr. Young-Jun Park vom Department of Biochemistry der University of Washington in Seattle, belegen ein weiteres Mal in einer Studie, die jetzt im Journal »Science« publiziert wurde, dass eine hybride Immunität oder eine Auffrischimpfung eine relevante neutralisierende Plasmaaktivität gegen die Omikron-Sublinien BA.1, BA.2, BA.2.12.1 und BA.4/5 hervorrufen. Allerdings wird eine neutralisierende Aktivität in der Nasenschleimhaut nur nach einer Durchbruchinfektion, nicht aber durch eine alleinige Impfung induziert.

Nach einer Auffrischimpfung werden im Einklang mit der Theorie der immunologischen Prägung in erster Linie Gedächtnis-B-Zellen oder Plasmazellen reaktiviert. Die Antikörper, die von Omikron-Durchbruchinfektionen stammen, reagieren somit primär mit den Rezeptorbindedomänen (RBD) des Wildtyp-Virus, sowie der BA.1-, BA.2- und BA.4/5-Varianten. Durch Omikron-Primärinfektionen lassen sich erst stark verzögert, bis zu sechs Monate nach der Infektion, B-Zellen mit einer eher geringen Spezifität nachweisen.

Neutralisierender Antikörper-Titer

Die Autoren analysierten für ihre Untersuchungen Plasmaproben von sechs Personengruppen: 1) SARS-CoV-2-Infizierte, die nach der Infektion zweimal geimpft waren, 2) SARS-CoV-2-Infizierte, die nach der Infektion drei Impfdosen erhalten hatten, 3) Personen, die sich nach zwei Impfdosen mit der Delta-Variante infiziert hatten, 4) Personen, die sich nach zwei Impfdosen mit der Omikron-BA.1-Variante infiziert hatten, 5) Personen, die sich nach drei Impfdosen mit Omikron-BA.1 infiziert hatten und 6) Personen, die dreimal geimpft waren.

Diese Proben wurden durch Inkubation mit pseudotypisierten nicht-replikativen vesikulären Stomatitis-Viren (VSV) charakterisiert, die die Spike-Proteinregion des Wildtyp-Virus, der BA.1- und BA.2-, BA.2.12.1- und BA.4/5-Omikron-Varianten sowie von SARS-CoV enthielten.

Die höchsten Titer an neutralisierenden Antikörpern in den Seren waren gegen den Wildtyp-Stamm gerichtet. Im Vergleich zum Wildtyp-Virus waren die geometrischen mittleren Titer (GMT) gegen BA.1 um das 1,4- bis 8,2-Fache  und gegen BA.2 um das 1,6- bis 4-Fache reduziert. Für BA.2.12.1 waren die GTM noch einmal verringert. Am deutlichsten war die Reduktion der GTM für pseudotypisierte Viren mit dem Spike-Protein von BA.4/5 (5- bis 14-Fache im Vergleich zum Wildtyp-Virus).

Zur Bewertung der Schleimhaut-Antikörperreaktionen bei Personen, die eine BA.1-Durchbruchinfektion entwickelt hatten, oder bei Personen, die nur geimpft waren, untersuchten die Wissenschaftler die IgG- und IgA-Bindungstiter in Nasenabstrichen. Zwar wurden Spike-spezifisches IgG- und in geringerem Maße auch IgA-Titer in Abstrichen von mehreren Durchbruchsfällen nachgewiesen. Dies gelang aber nicht bei Personen, die nur geimpft waren und sich nicht infiziert hatten.

Diese Beobachtungen sollten Wissenschaftler weiter motivieren, die Entwicklung und Bewertung einer nächsten Generation von intranasal verabreichten Impfstoffen voranzutreiben, schreibt der US-amerikanische Genetiker und Kardiologe, Professor Dr. Eric Topol vom Scripps Translational Science Institute in La Jolla, auf Twitter.

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