Wie Bakterien sich vor Viren schützen – und wie Antibiotika das beeinflussen |
Theo Dingermann |
23.12.2021 11:00 Uhr |
Bakteriophagen sind Viren, die sich auf den Befall bestimmter Bakterien spezialisiert haben, was sich therapeutisch anstelle von oder gemeinsam mit Antibiotika nutzen lässt. / Foto: Getty Images/Westend61/Spectral
Nicht zuletzt wegen der erschreckenden Zunahme von Antibiotikaresistenzen könnte eine Therapie mit Bakteriophagen-Cocktails die klassische Behandlung von Infektionskrankheiten mit Antibiotika sinnvoll ergänzen. Denn auch Bakterien können sich infizieren. Das geschieht durch Bakteriophagen, dem Äquivalent der Viren, die für Eukaryonten spezifisch sind.
Allerdings können sich Bakterien auch gegen den Angriff durch Phagen schützen. Dies gelingt entweder durch Rezeptormutationen oder durch ihr adaptives CRISPR/Cas-Immunsystem, das sehr effizient und sehr flexibel eine Phagenresistenz verursacht. Der durch CRISPR/Cas katalysierte Resistenzmechanismen lässt sich durch eine Therapie mit ganz bestimmten Antibiotika sogar begünstigen. Das haben nun Wissenschaftler der Universität Exeter in einer Publikation gezeigt, die in der Fachzeitschrift »Cell Host Microbe« veröffentlicht wurde.
Die CRISPR-Immunität beruht darauf, dass kleine DNA-Sequenzen (Spacer), die von Phagen stammen, zwischen zwei direkte Wiederholungseinheiten (Repeats) aus 29 Nukleotiden in eine Informationskassette in dem bakteriellen Genom eingefügt werden. Versucht ein Phage eine Bakterienzelle zu infizieren, von dem sich bereits ein Spacerfragment in dem attackierten Bakteriengenom befindet, wird mithilfe dieser Spacersequenz ein Protein-/RNA-Komplex an die Phagen-DNA herangeführt, der dann die DNA des Eindringlings zerschneidet.
Am Beispiel von Pseudomonas aeruginosa und seinem Phagen DMS3vir schauten sich die britischen Wissenschaftler die Mechanismen der Evolution der CRISPR-Immunität genauer an. Dazu setzten sie die Bakterien acht verschiedenen Antibiotika aus und untersuchten, wie diese Wirkstoffe die evolutionäre Dynamik des Stammes P. aeruginosa PA14 als Reaktion auf seinen Phagen DMS3vir beeinflussten. Vier der acht getesteten Antibiotika bewirkten einen dramatischen Anstieg der CRISPR-basierten Immunität. Ausnahmslos handelte es sich dabei um bakteriostatisch wirkende Antibiotika.
Offensichtlich, so die Interpretation der Wissenschaftler, wird unter Bedingungen, die die bakterielle Wachstumsrate reduzieren, wie dies beispielsweise bei der Einnahme von bakteriostatisch wirkenden Antibiotika der Fall ist, die Evolution der CRISPR-Immunität begünstigt. Das ist darauf zurückzuführen, dass sich die Phagen unter diesen Bedingungen langsamer entwickeln, wodurch die Zellen mehr Zeit haben, aus den Phagen geeignete Sequenzabschnitte zu kopieren, mit deren Hilfe eine Immunantwort ausgelöst werden kann. Im Kontext einer Phagentherapie ist dies natürlich nicht erwünscht.