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Virusausbruch

WHO setzt Notfallausschuss wegen Affenpocken ein

Europa als Epizentrum des Ausbruchs

Das WHO-Regionalbüro Europa mahnte dringend gemeinsame Anstrengungen und eine gerechte Impfstoffverteilung aufgrund des aktuellen Ausbruchs an. Europa bleibe dessen Epizentrum - mit 25 Ländern, die mehr als 1500 Fälle gemeldet hätten, sagte Hans Henri Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, am Mittwoch. Das seien etwa 85 Prozent der weltweiten Gesamtzahl. «Das Ausmaß dieses Ausbruchs stellt ein echtes Risiko dar; je länger das Virus zirkuliert, desto größer wird seine Reichweite und desto stärker wird die Krankheit in nicht-endemischen Ländern Fuß fassen.»

Die Risiko-Einschätzung des RKI in Deutschland lautete am Dienstag weiterhin: «Eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland schätzt das RKI nach derzeitigen Erkenntnissen als gering ein.»

Der Virologe Professor Dr. Gerd Sutter vom Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen der LMU München teilte auf Anfrage mit, dass die Zahlen hierzulande «keine Überraschung» und «nicht erschreckend» seien. Die Übertragung des Virus erfolge nach derzeitigem Kenntnisstand, wie erwartet, praktisch nur durch direkten Kontakt. Das Tempo der Ausbreitung beschrieb er als «relativ langsam». Mit der Impfung von Kontaktpersonen beziehungsweise spezifischer Zielgruppen «sollte eine Begrenzung des Ausbruchs weiterhin gut möglich sein», erwartet er.

Es gebe immer noch vereinzelte Übertragungen, «aber der Ausbruch hat eher nicht die Eigenschaft, exponenziell wachsende Fallzahlen zu entwickeln», teilte Professor Dr. Timo Ulrichs, Experte für Globale Gesundheit an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin mit. Eine sexuell übertragbare Infektionserkrankung breite sich langsamer aus als eine, bei der Erreger durch die Luft übertragen werden. Auch andere Experten hatten zuletzt auf viele Unterschiede zwischen Affenpocken und der Coronavirus-Pandemie hingewiesen.

Impfstoff kommt in Deutschland an

Das Bundesgesundheitsministerium rechnet für Mittwoch mit einer Lieferung von 40.000 Dosen Pockenimpfstoff Imvanex®, der gegen Affenpocken eingesetzt werden kann. Der Bund stelle den Bundesländern die Vakzine zur Verfügung, teilte ein Ministeriumssprecher mit. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hatte vorige Woche bekanntgegeben, dass das Mittel für bestimmte Gruppen wie Kontaktpersonen von Infizierten empfohlen werde.

Aufgrund der bisherigen Risikolage hält die WHO Massenimpfungen nicht für nötig, wie aus einem technischen Ratgeber vom Dienstag hervorgeht. Die gegen die 1980 ausgerotteten Pocken entwickelten Lebendimpfstoffe dürften zwar einen gewissen Schutz vor Affenpocken bieten, aber bisher gebe es kaum Studien dazu. Die WHO rief alle Länder dazu auf, Bestände an Pockenimpfstoffen gerecht mit anderen zu teilen.

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