| Annette Rößler |
| 07.03.2023 17:00 Uhr |
Lipide aus unverarbeiteten Nüssen kann der Körper nicht komplett aufnehmen. Eine Ausnahme bildet die Pistazie, deren Fette deutlich besser verfügbar sind als die anderer Nüsse. / Foto: Getty Images/Julia Sudnitskaya
Welchen Anteil der enthaltenen Energie der Mensch tatsächlich aus den verzehrten Speisen gewinnen könne, hänge entscheidend von Faktoren wie der Matrix der Nahrungsmittel und ihrer Prozessierung sowie der Zusammensetzung der Mahlzeit ab, so die Autoren. Sie verdeutlichen dies an einem Beispiel: 100 g Schokoladenkekse enthielten laut Brennwertangabe 13 Prozent weniger Energie als 100 g Mandeln, nämlich 547 statt 630 kcal. Die Energie der Mandeln sei aber für den Körper nicht vollständig zugänglich, da die in den pflanzlichen Zellen gespeicherten Fette durch Zellwände abgeschirmt seien. Der verfügbare Energiegehalt der Mandeln betrage daher bloß 460 kcal pro 100 g.
Das Beispiel zeigt, was mit der Matrix der Nahrungsmittel gemeint ist: Intakte Zellwände von Pflanzenzellen behindern die Aufnahme von Nährstoffen aus diesen Zellen. Beim Kauen werden Mandeln lange nicht so gut zerkleinert wie etwa beim Zermahlen, sodass die Zellen in zerkauten Mandeln größtenteils intakt den Verdauungstrakt erreichen – und unverändert passieren. Werden Mandeln dagegen gemahlen, sind die enthaltenen Nährstoffe für den Körper besser zugänglich und der Gehalt an verfügbarer Energie steigt.
Auch Strukturen, in die die Lipide eingebettet sind, zählen zur Nahrungsmittel-Matrix. So schütze etwa das Casein in Käse die enthaltenen Fetttröpfchen, sodass diese für die Lipasen im Dünndarm weniger gut erreichbar seien als etwa die Fetttröpfchen in Butter, berichten Capuano und Kollegen. Im Käse, aber auch in anderen Milchprodukten sei zudem Calcium enthalten, das die Fettverdauung behindere, indem es mit Fettsäuren schwerlösliche Calciumseifen bilde.
Kohlenhydrate sind in Pflanzen in Form von Stärke gespeichert. Die Energie daraus ist für den Menschen nur zugänglich, wenn die Stärke durch Amylasen gespalten wird. Stärke, die nicht verdaut werden kann, wird als resistente Stärke bezeichnet. Sie ist zum Beispiel in Vollkornprodukten mit noch intakten pflanzlichen Zellwänden enthalten, kann sich aber auch bilden, wenn stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln oder Nudeln nach dem Kochen abkühlen. Somit hat frische, heiß verspeiste Pasta einen höheren Gehalt an verfügbarer Energie als kalter Nudelsalat.
Generell erhöhe das Verkleistern von Stärke, bei dem das Makromolekül unter Hitzeeinwirkung Wasser bindet und aufquillt, die Verdaulichkeit enorm, so die Autoren. Bei der industriellen Verarbeitung von Lebensmitteln würden oft kombinierte Techniken angewandt wie etwa das Extrusionskochen, bei dem die Nahrungsmittel hohem Druck, hoher Feuchtigkeit sowie Hitze ausgesetzt seien und gleichzeitig mechanisch zerkleinert würden. Wie sich dies auf die In-vivo-Verfügbarkeit der enthaltenen Nährstoffe auswirke, sei kaum abschätzbar.