Wenn Schwitzen zur Belastung wird |
Übermäßige Schweißbildung ist eine Nebenwirkung von Medikamenten, die das vegetative Nervensystem, die Hormonproduktion oder die Kreislauffunktion beeinflussen.
Direkte oder indirekte Parasympathomimetika werden zur Behandlung von Erkrankungen wie Glaukom, Muskelschwäche, Darmproblemen, Mundtrockenheit und Demenz eingesetzt. Durch ihre cholinerge Wirkung kommt es zur Sekretionsförderung der Schweißdrüsen.
Einige Antidepressiva (Venlafaxin, Duloxetin) sowie Opioide regen die Sympathikusaktivität an. Werden mehrere serotonerge Arzneimittel kombiniert, steigt das Risiko für ein Serotonin-Syndrom; ein wesentliches Symptom ist die erhöhte Schweißbildung (Fallbeispiel). Acetylsalicylsäure regt die Schweißdrüsentätigkeit bei entsprechend disponierten Menschen an. Sind Schilddrüsenpräparate nicht richtig dosiert, kann sich eine unzureichend behandelte Hyperthyreose durch starkes Schwitzen bemerkbar machen.
Eine Reihe von Arzneistoffen kann die Schweißproduktion anregen. / Foto: Adobe Stock/Printemps
Ebenso greifen Arzneimittel zur Therapie hormonsensitiver Tumoren von Brust oder Prostata in den Hormonstoffwechsel ein: Hitzewallungen sind die Folge. Bei einer Endometriose verringert die Hormontherapie mit GnRH-Analoga den Einfluss der Estrogene auf die Gebärmutterschleimhaut mit für den Estrogenmangel typischen Schweißausbrüchen.
Da auch Corticoide in die körpereigene Hormonregulation eingreifen, kommt es vor allem unter länger andauernder und höher dosierter oraler Therapie zu verstärktem Schwitzen.
Manchmal äußern Patienten in der Apotheke, dass sie nach einer Rabattvertrag-bedingten Umstellung eines ihrer Medikamente auf ein anderes mit verstärktem Schwitzen reagieren, ohne dass sich eine konkrete Erklärung finden lässt. Hier kann die Apotheke pharmazeutische Bedenken anmelden, um die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern.
Ein Kunde, der nicht in der Stammdatei der Apotheke registriert ist, verlangt einen Dextromethorphan-haltigen Hustenstiller. Die Apothekerin fragt, ob und welche Arzneimittel er als Dauermedikation einnimmt. Der Kunde antwortet, dass er seit ein paar Wochen aufgrund von Knieproblemen Tramadol bekomme. Daraufhin empfiehlt die Apotheke ein pflanzliches Hustenmittel sowie Lutschtabletten zur Reizlinderung.
Hintergrund: Dextromethorphan kann ebenso wie Johanniskraut und L-Tryptophan zu Interaktionen mit MAO-hemmenden Wirkstoffen, Antidepressiva (SSRI wie Citalopram, SNRI wie Venlafaxin) und Schmerzmitteln wie Tramadol führen. Eine Kombination von zwei oder mehr dieser Substanzen erhöht die Konzentration von Serotonin im synaptischen Spalt, sodass es dosisabhängig zu einem Serotonin-Syndrom kommen kann. Typisch ist die stark erhöhte Schweißbildung. Leichtere, eher unspezifische Symptome mit Durchfall oder Tachykardie können sich zu lebensbedrohlichen Formen mit Bewusstlosigkeit, Hyperthermie und Krämpfen entwickeln. Die Medikamente müssen umgehend abgesetzt werden.