Pharmazeutische Zeitung online
Jugendsprache

Was reden die da?

Für Eltern kann es mühsam sein, Gesprächen zu folgen, die ihre Kinder untereinander oder im Freundeskreis führen. Sprechen Jugendliche eine andere Sprache?
Ulrike Abel-Wanek
07.12.2022  07:00 Uhr

»Eine Jugendsprache gibt es nicht«, stellt die Linguistin Konstanze Marx dazu klar. Experten sprächen von einer Variante oder einem anderen Stil von Sprache, mit denen Jugendliche zeigten, dass sie einer bestimmten Gruppe angehörten. »Sprache hat im Gegensatz zum Jugendjargon eine eigene Systematik, die man erlernen muss - wie eine Fremdsprache«, erklärt die Professorin vom Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft in Greifswald. Ebenso wenig wie eine Jugendsprache gäbe es eine Erwachsenensprache.

Wenn wissenschaftlich auch nicht ganz korrekt, vorstellen können sich die meisten Menschen etwas unter dem Begriff. Neu ist das Phänomen nämlich nicht. »Es gibt Grund anzunehmen, dass Jugendliche schon immer eigene Gruppensprachen nutzten – nach innen als Erkennungszeichen, nach außen zur Abgrenzung und natürlich auch ganz einfach zum Spaß«, weiß der Journalist Matthias Heine. Er begibt sich in seinem im Dudenverlag erschienenen Buch »Krass« (1) auf die Spuren der Kulturgeschichte des Jugendjargons und weist nach, dass es diesen in Deutschland vermutlich seit rund 500 Jahren gibt, erste verlässliche Quellen tauchten im 17. Jahrhundert auf.

Speziell das Sprechverhalten von Studenten geriet im 18. und 19. Jahrhundert stärker in den Fokus von Sprachforschern. Grundsätzlich kam da der Jugendphase zwar eine noch eher geringe Bedeutung zu - Jugendliche waren noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts in aller Regel kleine Erwachsene, das Erwerbsleben begann früh und die Kindheit ging gewissermaßen direkt in das Erwachsenenleben über. Nicht jedoch bei den Studenten: Sie lebten weitgehend frei in einer Übergangsphase zwischen Kindheit und Beruf, berichtet Christian Schwarz vom Germanistischen Institut der Universität Münster im Lehrbuch »Jugendsprache«, aus dem Springer Verlag (2). Studenten waren zudem kommunikativ gut vernetzt und so eine der wenigen Gruppen, die überhaupt jugendliche Sprachstile ausbilden konnten. Jugendsprache bildete sich immer schon dort, wo Heranwachsenden genügend Freiraum zur Entfaltung geboten wurde.

Mehr von Avoxa