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Kinder und Covid-19

Was bringt der Herbst?

Die Delta-Variante grassiert, die Infektionszahlen steigen vor allem in jüngeren Altersgruppen und für Kinder unter zwölf Jahren ist kein Coronaimpfstoff zugelassen. Dennoch müssten Eltern sich nicht zu viele Sorgen um ihre Kinder machen, berichteten zwei Experten – solange die Schulen offenbleiben.
Christina Hohmann-Jeddi
06.09.2021  16:30 Uhr

»Kinder haben bekanntermaßen ein sehr geringes Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken«, sagte Dr. Berit Lange, Leiterin der Klinischen Epidemiologie in der Abteilung Epidemiologie, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig, bei einer Veranstaltung des Science Media Center Deutschland. Das Risiko für eine Aufnahme ins Krankenhaus liege bei SARS-CoV-2-infizierten Kindern zwischen null und vier Jahren bei 2 bis 4 Prozent und bei den älteren Kindern bis 15 Jahren bei 0,5 Prozent. »Das hat sich auch aktuell durch die Delta-Variante nicht geändert«, so die Epidemiologin. Das Risiko, an einer schweren Covid-19-Erkrankung zu versterben, sei sehr gering und liege in Deutschland bei etwa 1 bis 3 pro 100.000 infizierten Kindern.

Durch die Delta-Variante sei die Übertragbarkeit im Vergleich zu vorherigen Virusvarianten weiter angestiegen. »Es werden sich schneller mehr Menschen und damit auch Kinder infizieren«, beschrieb Lange die Konsequenz daraus. Derzeit sehe man einen Anstieg der Neuinfektionen vor allem in den jüngeren Altersgruppen, die noch nicht geimpft sind. Dieser beruhe aber auch auf einem Testeffekt – durch die gezielte regelmäßige Testung in den Schulen nach den Sommerferien durchleuchte man einen Teil der Dunkelziffer und identifiziere auch Infektionen, die sonst unerkannt geblieben wären. »Wir sehen auch einen Anstieg bei Hospitalisierungen von Kindern – allerdings auf sehr niedrigem Niveau.«

Das bestätigte auch Professor Dr. Jörg Dötsch von der Uniklinik Köln, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) ist. Es würden derzeit mehr Kinder in Kliniken aufgenommen, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet würden. Allerdings sei bei etwa 90 Prozent nicht die Infektion der Grund für die Hospitalisierung, sondern andere Erkrankungen wie Blinddarmentzündungen. Daten des freiwilligen Melderegisters der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie zufolge wurden im Juni und Juli deutschlandweit etwa ein bis zwei Kinder pro Woche wegen Covid-19 hospitalisiert. Derzeit liege die Zahl bei 15 bis 20 pro Woche.

Keine Off-Label-Impfungen unter zwölf Jahren

Gefährdet seien vor allem Kinder und Jugendliche mit Multisystem-Erkrankungen wie Trisomie 21 oder starker Adipositas. Dagegen hätten Krebs-, Nieren- und Diabetes-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen nicht das Gefährdungspotenzial wie bei Erwachsenen.

Dötsch sprach sich deutlich gegen einen Off-Label-Einsatz der Covid-19-Impfstoffe für besonders gefährdete Kinder unter zwölf Jahren aus, für die die Vakzinen nicht zugelassen sind. Man solle jetzt »nicht überaktiv werden«. Die klinischen Studien mit Kindern unter zwölf Jahren liefen bereits, für Ende September würden die ersten Daten für die Altersgruppe der Sechs- bis Elfjährigen erwartet. Eine Zulassung könne dann relativ schnell erfolgen.

»Vermutlich wird bei Kindern eine niedrigere Dosis als bei Erwachsenen eingesetzt werden«, so der Mediziner. Das Problem liege aber woanders. »Wir haben fast 17 Millionen nicht erstgeimpfte Erwachsene«, so Dötsch. »Die Erwachsenen haben die Pflicht, die Menschen, die sich nicht impfen lassen können und die letztlich gefährdet sind, mit zu schützen.«

Schulschließungen unbedingt vermeiden

Insgesamt lieferten die Daten zur Hospitalisierung und Mortalität bei Kindern keinen Grund für Eltern, in Panik zu verfallen, so Dötsch. Weitaus kritischer sieht er die psychosozialen Folgen der Pandemie. Internationalen Studien zufolge hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Depressionen und Angststörungen in der Pandemie verdoppelt – mit allen Folgeerkrankungen, die damit einhergehen können. »Das ist eine erheblich größere Bedrohung für die Kinder als die akute Covid-19-Erkrankung.« Gerade Schulschließungen hätten einen besonders negativen Effekt.

Dötsch forderte daher eindringlich, die Schulen offen zu halten: »Schulschließungen dürfen nicht noch einmal Thema werden.« Diese störten nicht etwa das Befinden der Kinder, sondern zögen tatsächlich einen Anstieg psychiatrischer Diagnosen nach sich. »Wir fordern ganz klar: Bevor noch einmal eine Schule geschlossen wird, müssen auch alle anderen Bereiche des öffentlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens geschlossen werden«, sagte der DGKJ-Präsident. Man dürfe den Kindern und Jugendlichen nicht wieder Maßnahmen zumuten, die nicht kindgerecht sind, und gegen ihre Bedürfnisse agieren. Um Schulen offenhalten zu können, sei es wichtig, die empfohlenen Hygiene- und Testkonzepte umzusetzen, betonte Epidemiologin Lange.

Dötsch befürwortete auch eine gezieltere Quarantäneregelung an Schulen. Bedingung sei eine sorgfältige Kontrolle über Tests. In einigen Bundesländern werde schon jetzt in Pilotprojekten geschaut, ob nur das infizierte Kind in Quarantäne geschickt werden und der Rest der Klasse weiter zur Schule gehen könne. Wenn man diesen Weg sorgfältig und kontrolliert beschreite, sei das »insgesamt ein guter Weg«.

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